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Die Luzemer Pfarreien und Landvogteien

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46 DIE LUZERNER PFARREIEN UND LANDVOGTEIEN<br />

liebe an natürliche Geländelinien an <strong>und</strong> nahm dort, wo es sich nicht anders<br />

machen heß, zur geraden Grenzlinie Zuflucht. So entstanden derart unnatürliche<br />

Grenzen wie die bernisch-luzernische Landmarch in Marbach.<br />

<strong>Die</strong> Grenzen trennen unterschiedliche Rechtsbereiche voneinander ab. Sie<br />

standen von jeher unter einem besonderen Rechtsschutz, der durch religiöse<br />

Weihe <strong>und</strong> Aberglauben noch bedeutend verstärkt wurde. Grenzmarken, die<br />

den Verlauf der Grenze sichtbar zu machen hatten, durften nicht verändert werden.<br />

Feierliche Grenzbegehungen, jährliche Prozessionen <strong>und</strong> Bannumritte<br />

hatten den Grenzverlauf einzuprägen. Da ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, daß die<br />

Grenzen auch in die Sagen Eingang fanden, wurde doch ihr Schutz tief ins<br />

Volksbewußtsein eingesenkt. <strong>Die</strong> Sagen führten den Leuten plastisch vor Augen,<br />

daß rechtswidriges Versetzen von Marchsteinen der Seele des Fehlbaren den<br />

Eingang in die ewige Ruhe verbaute.^*^<br />

Das moderne Verständnis der Grenzen unterscheidet sich wesentlich von jenem<br />

früherer Jahrh<strong>und</strong>erte. Es ist deshalb ein Wagnis, mit modernen Vorstellungen<br />

alte Grenzverläufe rekonstruieren zu wollen, doch soll uns das nicht davon abhalten,<br />

es zu versuchen. Gezwungenermaßen müssen wir dabei die eindeutige<br />

Linie anwenden, auch dort, wo wir nicht sicher sind <strong>und</strong> wo Grenzräume vorhanden<br />

waren. <strong>Die</strong>se Linien, das muß ein für allemal eindeutig festgestellt werden,<br />

müssen wir auch dort verwenden, wo wir den Verlauf nicht eindeutig <strong>und</strong><br />

klar feststellen können. Vielfach können wir auf unseren Kartenwerken mit<br />

ihren großen Maßstäben auch nichts anderes tun als eine Linie anzunehmen,<br />

die sich z. B. zwischen zwei Höfen durchzieht, von denen wir wissen, daß sie<br />

zwei verschiedenen Ämtern angehörten. Des weitern müssen wir als Hilfslinien<br />

moderne Gemeindegrenzen verwenden, wenn deren Richtung <strong>und</strong> Verlauf mit<br />

großer Wahrscheinlichkeit alten Grenzen entsprochen haben. So sind viele der<br />

von uns verwendeten Grenzen, wie das bei historischen Karten immer der Fall<br />

ist, lediglich annähernd richtige Grenzen, mit denen jedoch gearbeitet werden<br />

kann.<br />

3.1.2. über die Rekonstruktion ehemaliger Landvogteigrenzen<br />

Grenzen werden in der Regel nicht einfach sinnlos in den Raum gelegt, sondern<br />

sie nehmen Rücksicht auf die Gegebenheiten der Besiedlung. Wir haben uns im<br />

folgenden mit Grenzfragen aus der Zeit zwischen dem 14. <strong>und</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

zu befassen.<br />

Zu Beginn unserer Untersuchungszeit hatte die Besiedlung des Kantons die<br />

hochmittelalterliche Ausbaustufe bereits überschritten <strong>und</strong> war daran, nach<br />

185 Vgl. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band 3, Berlin <strong>und</strong> Leipzig 1930/31,<br />

S. 1137ff.

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