Institutsbericht 2010/2011 - Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik ...
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eindeutig für geladene MSP spricht. In-situ-Raketenmessungen, die während der Kampagne durchgeführt<br />
wurden, stützen dieses Resultat (siehe auch Kap. 29).<br />
Ein weiteres Aerosol in diesen Höhen sind<br />
Eisteilchen, deren Bildung durch die extrem kalten<br />
Temperaturen in der sommerlichen Mesopausenregion<br />
möglich ist. Diese gelten als Ursache<br />
für starke Radarechos, den polaren mesosphärischen<br />
Sommerechos (PMSE). Sie treten in polaren<br />
Breiten in Höhen von 80 – 92 km von Mitte<br />
Abb. 32.3: Die statistische Verteilung von Λ aus Mai bis Ende August auf und können in einem<br />
26 h Messungen mit dem UHF-Radar, mit PMSE- Frequenzbereich von ∼ 2 MHz bis ∼ 1 GHz beobachtet<br />
werden. Die Theorie besagt, dass zur De-<br />
Signal im VHF. Das Auftreten unphysikalischer negativer<br />
Werte deutet auf die Fehlerbreite der Λ- tektierung von PMSE ausreichend hohe Elektronendichten,<br />
erhöhte Turbulenzstärke und größere<br />
Bestimmung hin, die bei etwa ± 0,3 liegt.<br />
Eisteilchen notwendig sind. Allerdings sind die PMSE schwächer je höher die Radarfrequenz ist,<br />
d. h. , dass diese Frequenzbereiche sensitiver auf Änderungen der vorher genannten Parameter<br />
sind. Als typisch für PMSE-Umgebungen gelten Einbrüche in der Elektronenkonzentration, sogenannte<br />
„Bite-outs“. Diese entstehen durch die Anlagerung von Elektronen an Eisteilchen in der<br />
Mesosphäre. In der theoretischen Beschreibung von PMSE spielt das Verhältnis (Λ) zwischen der<br />
Ladungsdichte der Eisteilchen und der freien Elektronendichte eine bedeutende Rolle und muss<br />
daher quantifiziert werden. In den wenigen verfügbaren Raketenmessungen zeigt sich, dass Λ in<br />
der Regel viel kleiner als 1 ist. Um dies zu verifizieren, kann Λ über Messungen mit dem EISCAT-<br />
UHF-Radar bestimmt werden. Dafür wurden UHF-Daten, die zur gleichen Zeit PMSE in dem<br />
VHF-Signal zeigten, ausgewertet. In Abb. 32.2 sind drei Fälle von EISCAT-Messungen mit diesen<br />
Rückstreuungen gezeigt. Die Volumenreflektivität (grün) zeigt das Auftreten von PMSE im VHF<br />
und das blaue Höhenprofil die Elektronendichte, die aus der Auswertung des UHF-Signals abgeleitet<br />
wird. Im oberen Fall ist ein Einbruch der Elektronenkonzentration zu erkennen, im mittleren<br />
eine schwache und im unteren gar keine Veränderung.<br />
Aus insgesamt 26 Stunden Messungen mit UHF bei gleichzeitigem<br />
PMSE-Signal im VHF wurde die Größe Λ statistisch<br />
ausgewertet. Im Ergebnis (Abb. 32.3) ist Λ in mehr als 95 %<br />
der Fälle kleiner als 0,5. Dieses Ergebnis und der Vergleich mit<br />
den Raketenmessungen deuten darauf hin, dass die Ladungsdichte<br />
der Eisteilchen wesentlich kleiner ist, als die Elektronenkonzentration<br />
während der Detektierung von PMSE.<br />
Ein Vergleich von VHF- und UHF-Daten kann auch genutzt<br />
werden, um etwas über die zugrunde liegenden physikalischen<br />
Prozesse bei der Rückstreuung der PMSE zu lernen.<br />
Da vermutet wird, dass die spektrale Breite des PMSE-<br />
Signals von durch Neutralgasturbulenz erzeugten Geschwindigkeitsfluktuationen<br />
im Elektronengas bestimmt wird, sollte<br />
sie unabhängig von der Wellenlänge des Radars sein. Ohne<br />
PMSE wiederum ist die spektrale Breite proportional zur<br />
Abb. 32.4: Spektrale Halbwertsbreite<br />
aus gleichzeitigen Messungen<br />
mit VHF- und UHF-Radar.<br />
Bragg-Wellenzahl und abhängig von 1.) der Temperatur des Neutralgases, 2.) der Stoßfrequenz<br />
zwischen Ionen und neutralen Teilchen sowie 3.) der Ionenmasse. Deswegen ist es möglich, aus<br />
dem Vergleich der spektralen Breiten, die bei unterschiedlichen Radarfrequenzen gemessen wurden,<br />
mehr über die Eigenschaften der PMSE zu lernen.<br />
Dafür wurden 380 min Messungen mit PMSE, die gleichzeitig vom EISCAT-VHF- und EISCAT-<br />
UHF-Radar im Juli 2004 und 2005 gemacht wurden, ausgewertet. Da in den unterschiedlichen<br />
Messfrequenzen gleiche Breiten bestimmt werden konnten, zeigt sich eindeutig, dass die Rückstreuung<br />
bei beiden Wellenlängen vom selben physikalischen Prozess, also wahrscheinlich Neutralgasturbulenz,<br />
verursacht wird (siehe Abb. 32.4).<br />
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