Institutsbericht 2010/2011 - Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik ...
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8 NLC-Messungen über Kühlungsborn bei Tag und Nacht<br />
(M. Gerding, J. Höffner, M. Kopp, F.-J. Lübken, M. Priester, M. Zecha)<br />
Seit 15 Jahren werden über Kühlungsborn im Sommer systematische Lidarmessungen von NLC<br />
vorgenommen. Da die Sondierungen zumindest für einige Stunden bei Nachtbedingungen durchgeführt<br />
werden, ergibt sich eine sehr hohe Empfindlichkeit der Lidars. So lassen sich auch schwache<br />
NLC detektieren und der Nachteil einer in mittleren Breiten geringen NLC-Häufigkeit zumindest<br />
teilweise ausgleichen. Im Folgenden werden wir die Variation der NLC-Häufigkeit seit Beginn der<br />
Messungen sowie die Abhängigkeit von Umgebungsparametern beschreiben. Im Jahr 2009 gelangen<br />
darüber hinaus erste NLC-Messungen in mittleren Breiten bei Tag, die in den Folgejahren weitergeführt<br />
wurden. Tag-Messungen von NLC erlauben Vergleiche mit sog. Mesosphärischen Sommerechos<br />
(MSE). MSE sind starke Radarechos aus der Mesopausenregion, die in mittleren Breiten<br />
auf die Tagstunden beschränkt sind, da sie neben Eisteilchen eine ausreichende Elektronendichte<br />
voraussetzen. Diese wird in der Regel nur durch Sonneneinstrahlung erreicht. Unterschiede und<br />
Gemeinsamkeiten in NLC- und MSE-Daten werden im zweiten Teil dieses Kapitels beleuchtet.<br />
Seit 1997 wurden über Kühlungsborn während<br />
insgesamt 63 h NLC mit den Lidars beobachtet,<br />
insbesondere mit dem Rayleigh-Mie-<br />
Raman-Lidar (RMR-Lidar) und dem Kalium-<br />
Lidar (K-Lidar). Dieser Datensatz – obwohl im<br />
Vergleich zu polaren Breiten deutlich begrenzt<br />
– bildet die umfangreichste Messreihe von NLC<br />
in mittleren Breiten überhaupt. Da erst seit<br />
2009 NLC-Messungen auch bei Tag möglich<br />
sind, gehen in den langjährigen Datensatz ausschließlich<br />
Nachtmessungen ein, die bis ca. 4 h<br />
lang sind. Die Häufigkeit von NLC schwankt<br />
stark von Jahr zu Jahr (Abb. 8.1). So wurden<br />
z. B. in den Jahren 2000 und 2002 überhaupt<br />
keine, 2009 jedoch über fast 20% der Messzeit<br />
NLC detektiert. Die Sommermittelwerte werden<br />
jeweils von nur wenigen NLC-Ereignissen<br />
gebildet, die zwischen mehreren Minuten und<br />
Abb. 8.1: Häufigkeit von NLC über Kühlungsborn<br />
im Verlauf der Jahre 1997 – <strong>2011</strong> (rote Punkte: Einzelwerte,<br />
Linie: geglättet). Zum Vergleich sind die<br />
mittlere Sommertemperatur und die Wellenaktivität<br />
(jeweils aus Lidarmessungen) sowie die solare Aktivität<br />
(Ly-α-Fluss) dargestellt.<br />
mehreren Stunden lang sind. Da gleichzeitig wetterbedingt nur ein Teil der Sommernächte erfasst<br />
wird, ergibt sich eine gewisse Unsicherheit in der NLC-Häufigkeit. Dieser Unsicherheit wird<br />
durch eine Glättung der Daten über mehrere Jahre Rechnung getragen. Die durchgezogene Linie<br />
in Abb. 8.1 zeigt den entsprechenden Verlauf der NLC-Häufigkeit. Zum Vergleich ist die Variation<br />
der kurzwelligen solaren Strahlung (Ly-α) dargestellt. Im Allgemeinen erwartet man eine Antikorrelation<br />
der NLC-Häufigkeit mit der Ly-α-Strahlung, da der für die Bildung von Eisteilchen<br />
notwendige Wasserdampf durch die Ly-α-Strahlung fotodissoziiert wird. Die 15-jährige Messreihe<br />
von NLC über Kühlungsborn bestätigt dies gut.<br />
Seit 2003 werden Lidar-Messungen der Temperatur bis in die untere Thermosphäre durchgeführt.<br />
Sie ermöglichen Untersuchungen zur Abhängigkeit der NLC von Umgebungsbedingungen.<br />
In Abb. 8.1 ist die mittlere Temperatur in NLC-Höhe für die verschiedenen Sommer gezeigt. Man<br />
erkennt eine Antikorrelation von NLC-Häufigkeit und Temperatur. Generell begünstigen niedrige<br />
Temperaturen über Kühlungsborn also das Auftreten von NLC. Es muss allerdings betont werden,<br />
dass diese Antikorrelation nur im saisonalen Mittel und nicht in Einzelfällen gilt. So werden<br />
vielfach lokal hinreichend niedrige Temperaturen gemessen, ohne dass gleichzeitig NLC auftreten.<br />
In den (ungeglätteten) NLC-Daten fällt eine 2-Jahres-Oszillation zwischen 2004 und <strong>2010</strong> auf.<br />
Diese Oszillation findet sich auch in den Temperaturdaten zwischen 2006 und <strong>2010</strong> und ist vermutlich<br />
eine der Ursachen der NLC-Schwankung. Die sog. Quasi-Zweijährige-Oszillation (engl.<br />
abgekürzt QBO) ist seit langem in der Stratosphäre bekannt. Bisher gibt es jedoch nur wenige<br />
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