Institutsbericht 2010/2011 - Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik ...
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tenamplituden in mittleren und hohen Breiten wesentlich größer sind, als dies nach der linearen<br />
Theorie zu erwarten wäre. Von daher ist die Frage nach einer Modulation des Schwerewellenantriebs<br />
durch Gezeiten berechtigt. Mithilfe eines Sensitivitätsexperimentes auf Basis der bisherigen<br />
Version des KMCM mit aufgelösten Schwerewellen und Temperaturrelaxation als Strahlungsparametrisierung<br />
wurde der indirekte Einfluss thermischer Gezeiten auf die residuelle Zirkulation<br />
abgeschätzt. Dazu wurde das KMCM mit den Gezeitenanregungen durch Wasserdampfabsorption<br />
und Konvektion in den Tropen sowie durch Ozonheizung in der mittleren Atmosphäre so ergänzt,<br />
dass sich in hohen Breiten Gezeitenamplituden vergleichbar mit IAP-Messungen ergaben (siehe<br />
Kap. 6 und Kap. 9). Der Vergleich mit der Kontrollsimulation ohne Gezeiten liefert dann die Effekte<br />
der Gezeiten auf die globale Zirkulation der mittleren Atmosphäre. Diese Unterschiede sind<br />
in Abb. 3.2 anhand von Temperatur und Schwerewellenantrieb dargestellt. Die Effekte sind nur<br />
in der Sommer-MLT robust, weil hier die interne Langzeitvariabilität im Vergleich zum Winter<br />
eine untergeordnete Rolle spielt. Offenbar führen Gezeitenvariationen im Mittel zu einer Absenkung<br />
der Brechungsniveaus der Schwerewellen und damit des äquatorwärtigen Astes der residuellen<br />
Zirkulation, was sich wiederum in einer wärmeren Sommermesopause zeigt. Eine genaue Analyse<br />
zeigt, dass in der positiven Phase der Gezeit des Zonalwindes die im Sommer ostwärts laufenden<br />
Schwerewellen in niedrigeren Höhen brechen, während der umgekehrte Effekt der negativen Phase<br />
dies nicht aufwiegt. Der so veränderte mittlere zonale Wind führt wiederum dazu, dass schnelle<br />
westwärtige Schwerewellen in der sommerlichen Thermosphäre weiter oben dynamisch instabil<br />
werden. Die starke Erwärmung der thermosphärischen Schichten im KMCM kommt durch die<br />
Energiedeposition der Gezeiten in Form von Reibungswärme zustande. Alle anderen bekannten<br />
Zirkulationsmodelle der mittleren Atmosphäre ignorieren diese Energiedeposition durch Gezeiten.<br />
Auch der Klimatrend bringt Modulationen des Schwerewellenantriebs hervor. Hier kommen<br />
zwei unterschiedliche Prozesse zum Tragen, die sich in der Sommermesosphäre verstärken, aber<br />
an der Mesopause kompensieren. Über den ersten Prozess haben wir schon früher berichtet. Er<br />
besagt, dass die globale Erwärmung durch CO 2 -Verdopplung in der Troposphäre zu verstärkten<br />
Schwerewellenquellen führt. Gemäß eines entsprechendes Sensitivitätsexperimentes mit KMCM<br />
folgt daraus ein verstärkter vertikaler Schwerewellenfluss von ostwärtigem Impuls in die Sommermesosphäre.<br />
Im Einklang mit dem „downward control“-Prinzip führt dies zu einer dynamisch<br />
bedingten Abkühlung von einigen Grad, wobei der maximale Effekt direkt an der Mesopause<br />
auftritt, wo die residuelle Zirkulation äquatorwärts abknickt (siehe Kap. 1). Abb. 3.3a zeigt die<br />
berechnete Änderung für die Temperatur und die Stromlinien der residuellen Zirkulation. Im Gegensatz<br />
zu dieser dynamisch induzierten Klimaänderung führen die Strahlungsänderungen durch<br />
CO 2 -Zunahme in der mittleren Atmosphäre generell zu einer Abkühlung. Ausnahme ist die kalte<br />
Sommermesopause, wo die Absorption von Wärmestrahlung aus der Troposphäre die Emission<br />
überwiegt. Wir haben das entsprechende Muster in einem Sensitivitätsexperiment mit der neuen<br />
Version des KMCM, in der u. a. eine neuartige Berechnung des Strahlungstransfers implementiert<br />
wurde, nachgestellt (siehe Abb. 3.3c). Um hier tatsächlich dieselben atmosphärischen Schichten mit<br />
denen des Kontrollexperimentes zu vergleichen, müssen Druckkoordinaten gewählt werden. Denn<br />
die große Strahlungsabkühlung im Bereich der Stratopause bei CO 2 -Verdopplung führt bekanntlich<br />
zu einem starken Absinken der darüber liegenden Luftmassen.<br />
Bemerkenswert ist bei beiden Modellantworten, dass sich die Veränderung des Zonalwindes<br />
(Abb. 3.3b und d) so einstellt, dass die daraus resultierenden Verschiebungen der Brechungsniveaus<br />
der Schwerewellen der Temperaturänderung entgegenwirken. Im ersten Fall führt die positive Zonalwindanomalie<br />
dazu, dass die Schwerewellen in niedrigeren Höhen brechen, was einer dynamischen<br />
Erwärmung direkt oberhalb der Mesopause entspricht. Im zweiten Fall kommt es aufgrund<br />
der Strahlungserwärmung im Mesopausenbereich zu einer negativen Zonalwindanomalie direkt<br />
darüber. Dadurch verschieben sich die Brechungsniveaus zusammen mit der dynamischen Abkühlung<br />
weiter nach oben. Zudem konzentriert sich die residuelle Zirkulation bei CO 2 -Verdopplung<br />
unterhalb der Mesopause mehr in den mittleren Breiten. Zukünftig sollen im Rahmen des <strong>Leibniz</strong>-<br />
Projektes LOCHMES die beiden in Abb. 3.3 dargestellten Prozesse erstmalig mithilfe der neuen<br />
Version des KMCM mit aufgelösten Schwerewellen zusammenhängend untersucht werden.<br />
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