Institutsbericht 2010/2011 - Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik ...
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35 Struktur der Mesosphäre während plötzlicher Stratosphärenerwärmungen<br />
im KMCM<br />
(Ch. Zülicke, E. Becker)<br />
In den Wintermonaten kommt es in der Nordhemisphäre gelegentlich zu einer plötzlichen Erwärmung<br />
der Stratosphäre (sudden stratospheric warmings, kurz: SSWs). Die damit verbundenen<br />
Wind- und Temperaturanomalien erfassen nicht nur die mittlere und untere Atmosphäre, sondern<br />
lassen sich auch in der oberen Atmosphäre nachweisen. Somit empfehlen sich die SSWs zum<br />
Studium der vertikalen Kopplung der Atmosphäre – der Schwerpunkt dieses Beitrags ist die raumzeitliche<br />
Struktur der Mesosphäre. Insbesondere soll der Frage nachgegangen werden, ob sich in der<br />
Mesosphäre Vorboten für SSWs finden lassen. Dazu wurden Simulationen mit dem Kühlungsborn<br />
Mechanistic Circulation Model (kurz: KMCM) genutzt. Der untersuchte Datensatz erstreckt sich<br />
über 570 Tage unter permanenten Januar-Bedingungen mit einer Auflösung von T120L190, was<br />
einem Gitterpunktsabstand von horizontal 120 km und vertikal 0,6 km entspricht. Somit sind nicht<br />
nur die für die stratosphärische Dynamik wesentlichen planetaren Rossby-Wellen erfasst, sondern<br />
auch die in der Mesosphäre wichtigen Trägheitsschwerewellen.<br />
Als Ergebnis der komplexen<br />
Dynamik miteinander wechselwirkender<br />
Wellen brachte das KMCM<br />
spontan SSWs hervor. Im gesamten<br />
Datensatz konnten zwei starke<br />
SSW-Ereignisse (Umkehr des<br />
zonalgemittelten Zonalwindes auf<br />
10 hPa) gefunden werden, was 0,11<br />
Ereignissen pro Monat entspricht.<br />
Das ist etwas weniger als der aus<br />
der Literatur bekannte Mittelwert<br />
von 0,17 bis 0,21 (Charlton and<br />
Polvani, 2007: J. Clim. 20: 470<br />
- 488 ). Mit einem etwas schwächeren<br />
Kriterium (Abschwächung<br />
des zonalgemittelten Zonalwindes<br />
auf 1,0 hPa unter 10 m/s) wurden<br />
fünf SSWs gefunden, die im<br />
Folgenden eingehender untersucht<br />
werden. Um das dynamische Verhalten<br />
des Modells quantitativ zu<br />
erfassen, wurde ein Diagramm entwickelt,<br />
das die Temperatur- und<br />
Windanomalien in der Strato- und<br />
Mesosphäre während SSWs darstellt<br />
(Abb. 35.1). Die stratosphärischen<br />
Daten zeigen eine robuste<br />
Beziehung zwischen der Erwärmung<br />
und der Abbremsung<br />
des Westwindes – den Daten aus<br />
der Mesosphäre ist lediglich die<br />
Abkühlung gemeinsam. Was den<br />
Abb. 35.1: Diagramm mit SSW-Kenngrößen in der mittleren<br />
Atmosphäre (x-Achse: Abweichung der Polarkappen-Temperatur<br />
(zwischen 60 ◦ N und 90 ◦ N) vom klimatologischen Mittelwert,<br />
y-Achse: Abbremsung des zonalgemittelten Westwinds (bei 60 ◦ N)<br />
von 5 Tagen vor bis 10 Tagen nach dem SSW-Ereignis); Untersuchte<br />
Ereignisse: □ aus der Stratosphäre (etwa 1,0 hPa) und ⋄<br />
aus der Mesosphäre (etwa 0,01 hPa), das dick gezeichnete Kreuz<br />
kennzeichnet die stratosphärischen Beobachtungen.<br />
Wind betrifft, zeigen 3/5 der Ereignisse eine Abbremsung und 2/5 eine Beschleunigung. Wie eine<br />
genauere statistische Untersuchung der gesamten Zeitreihe aus Tageswerten ergab, sind 89% der<br />
Temperaturanomalien in 1,0 und 0,01 hPa gegensinnig (stratosphärische Erwärmung – mesosphäri-<br />
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