Institutsbericht 2010/2011 - Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik ...
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verschiedenen Blitzlampen gezeigt. Bei den gemessenen Strömen fällt sofort ins Auge, dass die<br />
Blitzlampe mit der größten Photonenenergie (und dem größten Photonenfluss, siehe Abb. 29.1)<br />
die größten Photoelektronenströme zeigt und dabei den größten Höhenbereich überdeckt. Ferner<br />
ist zu erkennen, dass für diese Blitzlampe die Photoionisation von NO oberhalb von 95 km Höhe<br />
einen wesentlichen Beitrag zum Photoelektronenstrom liefert. Dies konnte in diesem Flug erstmalig<br />
quantitativ nachgewiesen werden, da eine unabhängige Messung von NO mit Photometern der<br />
Universität Stockholm eine direkte Quantifizierung dieses Stromes erlaubt. Außerdem deutet die<br />
Tatsache, dass mit allen drei Blitzlampen MSP detektiert werden konnten, darauf hin, dass die<br />
Austrittsarbeit der Partikel bei etwa 5 eV liegt. Bei den Verhältnissen der Photoelektronenströme<br />
fällt ferner auf, dass diese eine deutliche Höhenvariation zeigen, die auf eine Höhenvariation der<br />
Eigenschaften der MSP hindeutet.<br />
Auf der Grundlage der verfügbaren mikrophysikalischen Modelle von Meteorstaub erwartet<br />
man vor allem eine mit der Höhe abnehmende Größe der Partikel. Dies kommt von der Annahme,<br />
dass kleinste Partikelmonomere in der Höhe der Meteorablation (also ca. 90 km) gebildet werden,<br />
welche dann sedimentieren und dabei durch Koagulationsprozesse anwachsen. Eine solche höhenabhängige<br />
Größenvariation kann allerdings nur dann einen Effekt auf die gemessenen Verhältnisse<br />
von Photoelektronenströmen haben, wenn sich mit der Größenvariation auch die mikrophysikalischen<br />
Eigenschaften dieser Nanopartikel ändern. Eine solche Änderung, die sich sogar direkt aus<br />
der klassischen Betrachtung solcher Partikel ergibt, ist die Variation der Austrittsarbeit der Partikel<br />
mit dem Partikelradius. Diese Größenabhängigkeit ist eine direkte Folge der Tatsache, dass<br />
bei der Photoemission eines Elektrons Arbeit sowohl gegen die Bindungsenergie des Elektrons als<br />
auch gegen das vom wegfliegenden Elektron induzierte Spiegelladungspotential geleistet werden<br />
muss. Dieses ist für kugelförmige Partikel umso größer, je kleiner der Partikelradius ist.<br />
Abb. 29.3: Theoretisch berechnete Verhältnisse von<br />
Photoelektronenströmen unter der Annahme einer partikelgrößenabhängigen<br />
Austrittsarbeit.<br />
Benutzt man die oben erwähnte klassisch<br />
erwartete Größenabhängigkeit der Austrittsarbeit<br />
von MSP, um entsprechende<br />
Verhältnisse von Photoelektronenströmen<br />
zu berechnen, so ergibt sich das in Abb. 29.3<br />
gezeigte Ergebnis. Dies zeigt, dass die erwarteten<br />
Photoelektronenstromverhältnisse<br />
mit abnehmender Partikelgröße (äquivalent<br />
zu einer zunehmenden Höhe in der Atmosphäre)<br />
zunehmen. Genau dies wird für das<br />
gemessene Verhältnis der FX1162er-Lampe<br />
zur FX1160er-Lampe (also der mit den energiereichsten<br />
Photonen zu der mit den am<br />
wenigsten energiereichen Photonen) beobachtet.<br />
Im Fall der anderen aus Messungen<br />
abgeleiteten Verhältnisse ist dieses Verhalten<br />
auch ansatzweise erkennbar, aber weniger klar. Nichtsdestotrotz deutet der zumindest qualitativ<br />
zufriedenstellende Vergleich von Beobachtung und Modell darauf hin, dass die Messungen in<br />
der Tat einen Hinweis auf eine Höhenvariation der Austrittsarbeit der MSP liefern, was wiederum<br />
auf eine Höhenvariation der Partikelgrößen hinweist.<br />
In weiterführenden Arbeiten wird derzeit untersucht, ob sich die aus der klassischen Betrachtung<br />
ergebende Größenvariation der Austrittsarbeit der Partikel auch durch quantenchemische<br />
Berechnungen der Eigenschaften in Frage kommender Clustermoleküle reproduzieren lässt. Erste<br />
Rechnungen, die von Herrn Prof. John Plane für uns an der Universität Leeds durchgeführt<br />
wurden, weisen in der Tat darauf hin, dass dies der Fall ist. Diese Rechnungen sollen in Zukunft<br />
auf weitere in Frage kommende Clustermoleküle ausgedehnt werden. Außerdem haben wir gemeinsam<br />
mit Kollegen vom Physikalischen <strong>Institut</strong> der Universität Rostock einen Forschungsantrag<br />
an die DFG gestellt, um die photoelektrischen Eigenschaften von MSP auch direkt im Labor zu<br />
vermessen.<br />
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