Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 10<br />
• Strukturell-funktionale Theorien berücksichtigen Strukturen, sowie die Prozesse, die auf<br />
ihnen ablaufen. Sie differenzieren die Strukturen aber weniger nach Speichertypen als<br />
nach Systemen, die auf die Verarbeitung von spezifischer Information spezialisiert sind.<br />
Die älteste Theorie dieser Kategorie ist die duale Kodierungstheorie von Paivio (1971).<br />
Sie unterscheidet zwischen einem sprachlichen und einem nichtsprachlich-imaginalen<br />
Gedächtnissystem. Beiden Systemen werden unterschiedliche Eigenschaften im Hinblick<br />
auf Gedächtnisleistungen zugesprochen. Die Theorie formuliert eigene elementare<br />
Prozeßannahmen. Das Verhältnis zu Mehr-Speicher-Ansätzen bleibt hier offen, dagegen<br />
wird zu dem Ansatz der Verarbeitungstiefe eine Verbindung hergestellt.<br />
Neben dieser allgemeinen Klassifizierung von Theorien kann auch im LZG zwischen<br />
verschiedenen Gedächtnisformen, bzw. -prozessen (je nach wissenschaftlicher Überzeugung)<br />
unterschieden werden. Abb. 1 zeigt eine solche Taxonomie nach Goschke (1996). Auch wenn<br />
das Modell in der Abbildung übersichtlich und geordnet wirkt, ist die Unterteilung in dieser<br />
Form nicht unumstritten und wird immer wieder kontrovers diskutiert.<br />
assoziatives Langzeitgedächtnis (LZG)<br />
deklarativ / explizit nicht deklarativ / implizit<br />
episodisch semantisch prozedural Priming Konditionieren<br />
retrospektiv prospektiv Fertigkeiten implizites konzeptuell perzeptuell klassisch operant<br />
Regellernen<br />
Abb.1. Taxonomie verschiedener Formen des LZG nach Goschke 1 (1996).<br />
Assoziatives Gedächtnis beinhaltet eine Veränderung von Verbindungen im Zentralen<br />
Nervensystem (ZNS) aufgrund von Erfahrung. Neue Verbindungen zwischen neuronalen<br />
Erregungsmustern werden hergestellt, bestehende Verbindungen verändert.<br />
Innerhalb des assoziativen Gedächtnisses werden explizite und implizite Gedächtnisformen<br />
unterschieden. Beim expliziten Gedächtnis ist das Erinnern mit dem subjektiven Eindruck<br />
verbunden, daß es sich bei dem Produkt tatsächlich um einen Gedächtnisinhalt handelt (s.<br />
auch Kap. 2.2). Autoren, die eher aus der neuropsychologischen Forschung kommen,<br />
unterscheiden zwischen deklarativem (explizitem) und nicht deklarativem (implizitem)<br />
Gedächtnis. In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe jedoch synonym verwendet. Das<br />
explizite Gedächtnis kann wiederum in zwei Unterkategorien aufgeteilt werden, das<br />
episodische und das semantische Gedächtnis.<br />
Das episodische Gedächtnis beinhaltet Erinnerungen, die einen räumlich-zeitlichen Bezug<br />
aufweisen. Autobiographische Erinnerungen gehören z. B. zum episodischen Gedächtnis 2 , das<br />
sich auf vergangene Episoden beziehen kann (retrospektives episodisches Gedächtnis) oder<br />
auf das Behalten von Plänen und Absichten (prospektives episodisches Gedächtnis).<br />
Das semantische Gedächtnis enthält Informationen über die Welt, die Bedeutung von Wörtern<br />
usw. (z.B. daß das Wort Stuhl einen Gegenstand zum sitzen bezeichnet, der sich durch<br />
1<br />
Goschke führt in seiner Taxonomie auch nicht-assoziative Lernformen wie Sensibilisierung und Habituation<br />
auf, auf diese Formen des Lernens soll hier jedoch nicht näher eingegangen werden.<br />
2<br />
Es gibt jedoch auch autobiographisches Wissen über die eigene Person (z.B. Namen, Geburtstag), das dem<br />
semantischen Gedächtnis zugeordnet wird.