Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 117<br />
Von Barett (1996) kommen Hinweise, daß Hochhypnotisierbare sich in Subgruppen, nämlich<br />
Phantasierer und Dissoziierer, aufteilen lassen. Während Phantasierer über eine<br />
außergewöhnliche Vorstellungsgabe verfügen, Hypnose als kaum verschieden von ihren<br />
Alltagsphantasien wahrnehmen und somit schnell einen hypnotischen Zustand erreichen,<br />
bezeichnen Dissoziierer den hypnotischen Zustand als völlig anders im Vergleich zu anderen<br />
Erfahrungen und brauchen wesentlich länger, um in Trance zu gehen. Sie unterscheiden sich<br />
auch hinsichtlich dem Auftreten von spontaner PHA. Während neun von sechs Pbn. spontane<br />
PHA zeigten, tat dies keiner von 19 Phantasierern. Suggerierte Amnesie zeigten alle<br />
Dissozierer, jedoch nur fünf der 19 Phantasierer. Es scheint so, als ob die Gruppe der<br />
Dissoziierer eher dissoziative Prozesse initiieren und ausführen kann.<br />
Gregg (1979, 1980) postuliert, daß bei der PHA eine Dissoziation zwischen optionalen und<br />
zwangsläufigen Gedächtnisprozessen erfolgt. Obligatorische Prozesse erfolgen automatisch,<br />
ohne jegliche bewußte Intention oder Kontrolle. Im Gegensatz dazu können optionale<br />
Prozesse von der Person willentlich initiiert und gesteuert werden. Für Greggs Annahme<br />
spricht, daß obligatorische Prozesse (Interferenz, Lernersparnis, Priming) weiterhin intakt<br />
sind, während die freie Wiedergabe (optional) durch die Amnesiesuggestion beeinträchtigt<br />
wird. Jedoch ist die Tatsache nicht hypothesenkonform, daß Wiedererkennen, ebenfalls ein<br />
optionaler Prozeß, relativ unbeeinträchtigt bleibt. Bisher scheint es so, als hätte PHA keinen<br />
Einfluß auf den Erwerb oder das Behalten von kognitiven oder motorischen Fähigkeiten,<br />
betrifft jedoch das deklarative Gedächtnis (Kihstrom, 1987). Nichtsdestotrotz hat PHA auch<br />
auf weite Bereiche des deklarativen Gedächtnisses keinen Einfluß. So können sich Personen,<br />
mit sogenannter Quellenamnesie, an Wissen über Fakten, die sie in Hypnose gelernt haben<br />
erinnern, vergessen aber die Umstände bzw. den Kontext in dem sie gelernt haben. Scheinbar<br />
zeigen diese Ergebnisse eine Dissoziation zwischen episodischem und semantischem<br />
Gedächtnis auf (z.B. Kihlstrom, 1980; Kihlstrom & Evans, 1979; Tulving, 1983). PHA<br />
beeinträchtigt die freie Wiedergabe nicht, jedoch die Leistung bei semantischen<br />
Gedächtnisaufgaben, wie Wortassoziationen (z.B. Kihlstrom, 1980). Eine solche Dissoziation<br />
kann auch beim klassischen amnestischen Syndrom (z.B. Korsakoff; Schacter & Tulving,<br />
1982), bei Amnesie nach einem Schädel-Hirntrauma (s. Kap. 4.1) und bei Dissoziativen<br />
Amnesien (Kap. 4.5) beobachtet werden. Aber auch verglichen mit diesen Formen von<br />
Amnesie scheint die PHA einen Sonderstatus einzunehmen. Im Allgemeinen wird<br />
angenommen, daß retroaktive Interferenz ein Merkmal des episodischen Gedächtnisses ist,<br />
jedoch kommt es trotz Amnesiesuggestion für Inhalte zur Interferenz mit zuvor gelerntem<br />
Material. Auch Lernersparnis und Priming können als Ausdruck von episodischem<br />
Gedächtnis angesehen werden, da angenommen wird, daß sie die residuale Aktivität zuvor<br />
dargebotener Inhalte widerspiegeln. Diese Arten von Lernen gelten jedoch als Ausdruck des<br />
impliziten Gedächtnisses, da kein bewußtes Erinnern der zuvor gelernten Inhalte notwendig<br />
ist.<br />
Es konnte in vielen Studien anhand von gesunden und amnestischen Populationen gezeigt<br />
werden, daß explizites und implizites Gedächtnis voneinander dissoziiert werden können (z.B.<br />
Schacter, 1987; s. Kap. 2.2). Explizites Gedächtnis, das Details über einen räumlich-zeitlichen<br />
Kontext enthält, in dem die Information erworben wurde, kommt dem nahe was Tulving<br />
(1972) ursprünglich als episodisches Gedächtnis bezeichnet hat. Die Unterscheidung<br />
zwischen explizitem und implizitem Gedächtnis kann nach Kihlstrom und Hoyt (1990) die<br />
Dissoziationen zwischen der Gedächtnisleistung gesunder Pbn und Patienten mit<br />
amnestischem Syndrom besser erklären als die zwischen episodischem und semantischem<br />
Gedächtnis. Das gleiche scheint für Dissoziationen, die im Zusammenhang mit PHA<br />
beobachtet werden zu gelten. Kihlstrom (1980) führte zwei Experimente durch und<br />
interpretierte sie ursprünglich als eine Dissoziation von episodischem und semantischem<br />
Gedächtnis. Pbn, die aufgrund ihrer Hypnotisierbarkeit ausgewählt wurden, lernten in<br />
Hypnose eine Liste von 15 Wörtern, die keinen Bezug zueinander hatten, bis sie diese zwei