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Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 126<br />

noch schwerer sich von anderen Therapieverfahren abzugrenzen und eine Abgrenzung müßte<br />

schon erfolgen, wenn Hypnose die Anerkennung als Therapieverfahren anstrebt, zumal sich<br />

ein empirischer Wirksamkeitsnachweis der Nutzung spontaner Trancezustände schwierig<br />

gestalten dürfte. Letztendlich können an dieser Stelle nur einige Fragen aufgeworfen werden,<br />

die an anderer Stelle beantwortet werden müssen.<br />

5.1 Beschreibung des hypnotischen Zustands<br />

Wie in Kap. 5.3 noch ausgeführt werden wird, können mit Hypnose wirksame therapeutische<br />

Interventionen erfolgen, auch wenn es tatsächlich schwierig ist, festzulegen, was eine<br />

Hypnosetherapie letztendlich ist. Einig sind sich die damit befaßten Forscher und Theoretiker<br />

jedoch, wenn man eine deskriptive Beschreibung von Veränderungen vornimmt, die in<br />

Hypnose auftreten.<br />

Viele Personen berichten, daß sie in Hypnose gewisse Reize gar nicht mehr oder nur noch am<br />

Rande wahrnehmen, was eine Folge der fokussierten Aufmerksamkeit ist. Die Stimme des<br />

Hypnotiseurs wird dagegen jedoch häufig deutlich wahrgenommen, im Gegensatz zu<br />

irrelevanten Außengeräuschen. Bei Personen, die empfänglich für Hypnose sind, ist dieser<br />

veränderte Wahrnehmungsfokus ausgeprägter. Sie zeigen durch einen veränderten<br />

Glukosestoffwechsel, daß die Bereitschaft zur Reizverarbeitung in primären visuellen und<br />

akustischen Zentren des Gehirns herabgesetzt ist (Grond et al., 1995).<br />

Nicht hypnosespezifisch sind Veränderungen, die auf Entspannung zurückzuführen sind, über<br />

die Hypnose in der Regel induziert wird. Es erfolgt eine trophotrope Umstellung des<br />

Organismusses, der von außen über eine zunehmende Immobilität der Person, asymmetrische<br />

Gesichtszüge und das Einnehmen einer zur Seite abgewinkelten Körperhaltung beobachtet<br />

werden kann. Je nach Sitzposition sinkt der Kopf auf die Brust oder zur Seite, alles Anzeichen<br />

eines nachlassenden Muskeltonusses der Skelettmuskulatur. Diese Veränderungen lassen sich<br />

mit dem Elektromyogramm bestätigen (Miller & Cross, 1985). Oft sind Magen- oder<br />

Darmgeräusche zu vernehmen, ein Zeichen erhöhter Motalität im Verdauungstrakt. Im<br />

Gesicht ist häufig eine Rötung der Wangen, als Zeichen erweiterter Gefäße zu beobachten.<br />

Subjektiv gehen diese Veränderungen oft mit einem Gefühl der Wärme und Schwere in den<br />

Extremitäten oder im ganzen Körper einher. Diese Veränderungen der Körpertemperatur<br />

können spontan ohne eine spezifische Suggestion eintreten (Jackson, Barkley & Pashko,<br />

1976). Manchmal wird jedoch auch über Kühle- und Leichtigkeitsempfindungen berichtet.<br />

Der Puls wird langsamer, gleichzeitig wird der Atem regelmäßiger, die Atemrate langsamer.<br />

Eine Einleitung von Hypnose mit Entspannungsuggestionen entspricht der gängigen Praxis.<br />

Es ist aber auch eine Induktion im aktiven Zustand, z.B. auf dem Fahrradergonometer<br />

möglich, wie Experimente von Banyai und Hilgard (1976) gezeigt haben.<br />

Bongartz und Bongartz (1998) berichten außerdem von Veränderungen in der<br />

Körperwahrnehmung. So kann sich in Hypnose die Wahrnehmung der Körperwahrnehmung<br />

verändern, was sich in verkürzten oder verlängerten Extremitäten oder anderen Körperteilen<br />

ausdrückt. Im Einklang damit stehen Ergebnisse, daß Vorstellung in Hypnose allgemein<br />

bizarrer wird (Shofield & Platoni, 1976).<br />

Typisch für hypnotisierte Personen ist eine verzerrte Zeitwahrnehmung. Dieses Phänomen<br />

wird meist auch von geringer hypnotisierbaren Personen erfahren. Dabei kommt es im<br />

Anschluß an die Hypnose häufig zu einer Unterschätzung der Zeitspanne, die die Personen in<br />

Hypnose verbracht haben. StJean und Mitarbeiter (1994) sind der Meinung, daß die<br />

Zeitverzerrung in Hypnose auf eine veränderte Informationsverarbeitung in Trance<br />

zurückzuführen ist und nicht auf eine Amnesie für Inhalte der Sitzung.<br />

Einer der wesentlichen Gründe, warum Hypnose in der Therapie eingesetzt wird, ist die<br />

gesteigerte Suggestibilität, die unter Hypnose eintritt und dazu führt, daß therapeutische

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