Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 194<br />
VEV gemessen wurde. Umgekehrt trat bei lediglich 23 % der Hochhypnotisierbaren (im<br />
Vergleich: 87 % der Niedrighypnotisierbaren) keine Verbesserung ein. Der VEV erfaßt einen<br />
bipolaren Veränderungsfaktor mit den Polen „Entspannung, Gelassenheit, Optimismus“ und<br />
„Spannung, Unsicherheit und Pessimismus“. Die Ergebnisse legen nahe, daß<br />
Niedrighypnotisierbare zwar von den unspezifischen Effekten der Hypnose (Entspannung)<br />
profitieren konnten, nicht jedoch von der Intervention durch die therapeutischen Geschichten,<br />
deren Effekte aufgrund einer posthypnotischen Suggestion auch außerhalb der Sitzungen<br />
wirksam sein sollten. Erstaunlich ist, daß Hochhypnotisierbare so gut von lediglich zwei<br />
Hypnosesitzungen profitieren konnten, und das obwohl kein expliziter Leidensdruck vorlag.<br />
Für Hochhypnotisierbare scheint Hypnose ein wirksames Mittel zur „Psychohygiene“ zu sein<br />
und die allgemeine Befindlichkeit kann selbst durch eine allgemein gehaltene, standardisierte<br />
Intervention so verbessert werden, daß die positiven Effekte auch noch zwei Wochen nach<br />
den Sitzungen anhalten. Das es sich um keine klinische Population handelte, legen die<br />
Ergebnisse nahe, daß Hypnose durchaus einen Beitrag zu einer unspezifischen<br />
Harmonisierung des inneren Milieus leisten kann und erweitern so die Erkenntnisse der<br />
Studien von Krause und Revenstorf (1998) und Stanton (1993). Allerdings profitieren nur<br />
Personen mit einer hohen Empfänglichkeit für Hypnose von einer solchen Intervention.<br />
Interessant wäre es zu überprüfen, ob auch Personen mit einer mittleren Hypnotisierbarkeit,<br />
ein Bereich in dem die Mehrzahl der Bevölkerung liegt, in diesem Sinn von Hypnose<br />
profitieren können.<br />
Es bleibt festzuhalten daß es sich in der Studie um ein quasi-therapeutisches Setting handelte.<br />
Es ist nicht davon auszugehen, daß einer der Pbn einen Leidensdruck verspürte, der ihn zum<br />
aufsuchen therapeutischer Hilfe veranlaßt hätte. Die Sitzungen hatten zum Ziel die allgemeine<br />
Befindlichkeit bei Studenten zu verbessern. Trotzdem erfolgte, wie gezeigt werden konnte,<br />
durch die Geschichten durchaus eine emotionale Aktivierung, obwohl keine individuellen<br />
Inhalte zum Gegenstand der Intervention gemacht, also keine traumatischen Inhalte in den<br />
Sitzungen reaktiviert wurden. Forschungsergebnisse zur PTSD und zu Dissoziativen<br />
Störungen zeigen, daß gerade für traumatische und belastende Inhalte oft spontane Amnesie<br />
vorherrscht (z.B. Kihlstrom & Schacter, 1995; Loftus et al., 1994; s. Kap. 4.5; Kap. 4.6) und<br />
Gheorghiu (1973) berichtete bei stationären psychiatrischen Patienten ein außerordentlichen<br />
hohen Anteil von spontaner PHA. Denkbar wäre, daß Inhalte mit starkem negativen Affekt<br />
auch in Hypnose eher zu einer spontanen aber auch suggerierten Amnesie führen. Jedoch<br />
konnte diese Hypothese nie konsistent bestätigt werden (z.B. Stam et al., 1980; s. Kap. 4.7.6).<br />
Durch die Geschichten der vorliegenden Studie wurde eindeutig stärker ein positiver Affekt<br />
als ein negativer ausgelöst und Hochhypnotisierbare empfanden ihn stärker als<br />
Niedrighypnotisierbare. Möglicherweise ist gerade diese gesteigerte Emotionalität ein Beitrag<br />
der Hypnose und ist bei Pbn, die für Hypnose empfänglich sind, in einem größeren Ausmaß<br />
zu beobachten als bei solchen, die weniger empfänglich für Hypnose sind. In diese Richtung<br />
deutet die Tatsache, daß Hochhypnotisierbare über einen höheren negativen Effekt durch die<br />
Hypnose berichteten, selbst wenn in diesem Fall der Unterschied zu Niedrighypnotisierbaren<br />
nicht signifikant war. Die durchschnittliche Trancetiefe korrelierte ebenfalls signifikant<br />
sowohl mit positivem als auch mit negativem Affekt, wie er durch die Geschichten ausgelöst<br />
wurde. Somit konnten die Ergebnisse von Lange (1996 zit. nach Bongartz & Bongartz, 1998)<br />
bestätigt werden, der fand, daß indirekte Suggestionen zum Erfahren positiver und negativer<br />
Emotionen in Hypnose zu intensiveren gefühlsmäßigen Reaktionen führen.<br />
Hochhypnotisierbare berichteten über eine lebhaftere Visualisierung von Darstellern und<br />
Handlungen der Geschichten als Niedrighypnotisierbare. Diese Ergebnisse stehen im<br />
Einklang mit Forschungsergebnissen zur Hypnotisierbarkeit, die besagen, daß die<br />
Lebhaftigkeit von Vorstellungen positiv mit Hypnotisierbarkeit korreliert (De Pascalis, 2000;