Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 115<br />
zu durchbrechen. Die Unterschiede verschwanden nach der Aufhebung der Amnesie während<br />
des Reversibilitätstests.<br />
De Pascalis & Penna (1990) postulieren einen charakteristischen Verarbeitungsmodus von<br />
Hochhypnotisierbaren, während die Amnesiesuggestion wirksam ist. Sie fanden signifikante<br />
Beziehungen zwischen der 40 Hz-EEG Produktion und der Hypnotisierbarkeit sowie der 40<br />
Hz-EEG Produktion und dem Ausmaß an Amnesie. Während Niedrighypnotisierbare im<br />
Verlauf der Hypnoseinduktion eine Reduktion der 40 Hz Aktivität in beiden Hemisphären<br />
zeigten, war bei Hochhypnotisierbaren zu Beginn der Induktion eine höhere 40 Hz Dichte in<br />
beiden Hemisphären zu beobachten, im Verlauf der Induktion, fand jedoch eine Reduktion<br />
der linkshemisphärischen, sowie eine Erhöhung der rechtshemisphärischen 40 Hz Aktivität<br />
statt. Die 40 Hz Aktivität wird als ein Korrelat fokussierter Aufmerksamkeit gewertet.<br />
Für veränderte kognitive Mechanismen beim Zustandekommen der PHA sprechen Ergebnisse<br />
zur temporalen Desorganisation der reproduzierten Information während die Suggestion<br />
wirksam ist. Pbn, die Items nicht mehr in der Reihenfolge ihrer Darbietung erinnern, weisen<br />
eher eine hohe Hypnotisierbarkeit auf als solche, bei denen dieser Effekt nicht auftritt. Das<br />
zeigt, daß die Anwendung von elementaren kognitiven Strategien zur Organisation von<br />
Gedächtnisinhalten sogar bei partiellen Amnestikern herabgesetzt zu sein scheint (Kihlstrom<br />
& Evans, 1979). Von ähnlichen Ergebnissen berichten Geiselman et al. (1983) in ihren<br />
Experimenten zum gelenkten Vergessen (s. Kap. 3.6).<br />
Ein Hinweis darauf, daß der soziokulturelle Kontext und damit einhergehende<br />
Reaktionserwartungen das Auftreten spontaner Amnesie für Inhalte einer Trance erheblich<br />
beeinflussen, kommt aus anthropologischen Studien. In der sogenannten Besessenheitstrance,<br />
in der die Persönlichkeit des Mediums in Trance völlig in den Hintergrund tritt, die oft<br />
kathartische Funktion hat und in einem Ausagieren von aggressiven Impulsen besteht, kommt<br />
es in der Regel zu einer Amnesie für die Inhalte der Trance. Die Teilnehmenden an<br />
Tranceritualen sind überwiegend Frauen, die in ihrer Kultur einen niedrigen Status haben und<br />
ihren Ehemännern und Schwiegermüttern Gehorsam und Fleiß entgegenbringen müssen. In<br />
Jäger- und Sammlerkulturen dagegen, nehmen üblicherweise Männer an Tranceritualen teil.<br />
Sie behalten ihre Identität und Inhalt der Trance ist ein Ritual zur Ressourcenaktivierung. Die<br />
Männer begeben sich oft alleine in den Urwald, um zu jagen oder Krieg zu führen. Es macht<br />
deshalb Sinn, sich an die Kraft und das Selbstvertrauen erinnern, Eigenschaften, die sie in den<br />
Ritualen entwickelten (z.B. durch Übernahme der Stärken eines Totemtieres), um sich gegen<br />
die vielen Dämonen und Gefahren des Urwalds zu schützen. Deshalb besteht in diesen Fällen<br />
auch keine Amnesie für Inhalte der Trance (Bourguignon, 1973 zit. nach Bongartz &<br />
Bongartz, 1998).<br />
Ähnliche Ergebnisse wurden in der Hypnoseforschung experimentell erzielt. Sponane<br />
Amnesie, wird zwar nicht direkt suggeriert, scheint aber doch von den Reaktionserwartungen<br />
der Pbn abhängig zu sein. Young und Cooper (1972) manipulierten die Erwartungen ihrer<br />
Pbn, indem sie einer Gruppe mitteilten, daß Hypnose zu spontaner Amnesie führt, während<br />
sie der anderen Gruppe das Gegenteil vermittelten. Tatsächlich zeigten 37 % der ersten<br />
Gruppe eine spontane PHA, während dies lediglich bei 10 % der zweiten Gruppe der Fall war.<br />
Es wurde zusätzlich das Auftreten von spontaner Amnesie über beide Gruppen hinweg<br />
überprüft. 75 % der Pbn, die eine spontane PHA erwarteten zeigten diese auch. Von<br />
denjenigen, die nicht erwarteten amnestisch zu sein, konnte keiner eine spontane Amnesie<br />
erzielen.<br />
Es scheint also, daß Kontextvariablen und Reaktionserwartungen bei Personen, die für<br />
Hypnose empfänglich sind besondere Prozesse auslösen, die zu hypnotischen Phänomenen,<br />
einschließlich der PHA führen.