Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 121<br />
1942). Ein Erinnern an die Inhalte geschieht dann, wenn die Person ihre masochistisch<br />
geprägte Beziehung anerkennt (Rappaport, 1942). Die Ereignisse werden also nicht deshalb<br />
verdrängt, weil sie per se bedrohlich sind, sondern weil die Übertragung in der Beziehung sie<br />
bedrohlich macht.<br />
Luria (1932) suggerierte seinen gesunden Pbn unter Hypnose, daß sie ein Verbrechen<br />
begangen hatten, das zu schlimm gewesen sei um darüber nachzudenken. Für diesen Inhalt<br />
wurde Amnesie suggeriert, wie auch für andere Inhalte der hypnotischen Sitzung. Luria<br />
postulierte nun, daß diese konflikthaften, bedrohlichen Erinnerungen das Verhalten der Pbn<br />
nach der Hypnose beeinflussen würden, ohne daß sie sich dessen bewußt seien. Die<br />
Auswirkungen der suggerierten Inhalte war bei der Ausführung einfacher psychomotorischer<br />
Aufgaben auszumachen. Die Personen sollten z.B. während freier Assoziationen auf Wörter<br />
(neutrale vers. auf die Paramnesie bezogene Wörter) mit ihrer dominanten Hand <strong>Dr</strong>uck<br />
ausüben. Die Pbn reagierten jedoch mit Bewegungen der nicht-dominaten Hand auf kritische<br />
Wörter, die auf das suggerierte Verbrechen bezogen waren.<br />
Levitt (1967) induzierte seinen Pbn in Hypnose Angst und suggerierte PHA für die Inhalte der<br />
Hypnose. Er konnte Auswirkungen der Angstinduktion auf das anschließende Testverhalten<br />
der Pbn feststellen, obwohl sich diese der Quelle ihres emotionalen Zustands nicht bewußt<br />
waren. Scheinbar funktionierte die PHA analog zur Verdrängung, indem bedrohliches<br />
Material das nicht bewußt war, trotzdem das Verhalten der Pbn beeinflußte. Ein weiteres<br />
Experiment, das eine Suggestion zum Erleben eines frühkindlichen Konflikts enthielt, wurde<br />
von Blum (1979) durchgeführt. Auch hier hatte die Aktivierung des Konflikts, für die<br />
Amnesie suggeriert wurde, Auswirkung auf das psychologische Funktionieren nach der<br />
Hypnose.<br />
Reyher (1967) wählte ein ähnliches Vorgehen wie Luria. Zusätzlich zu einer<br />
posthypnotischen Amnesie suggerierte er seinen Pbn noch auf bestimmte Cues hin mit<br />
sexuellen oder aggressiven Gefühlen zu reagieren. Diese zeigten im Anschluß an die Hypnose<br />
eine Vielzahl von somatischen und emotionalen Symptomen (z.B. Schwindel,<br />
Kopfschmerzen, Schuldgefühle, Scham). Sheehan (1969) konnte jedoch die Ergebnisse mit<br />
einer Kontrollgruppe, die Hypnose nur simulierte, nicht replizieren. Deshalb bleibt unklar, ob<br />
nicht die Motivation der Pbn, die Aufforderungen des Versuchsleiters zu befolgen, das<br />
Verhalten in diesem Experiment erklären kann.<br />
Hammer (1965) fand, daß Personen von ihnen selbst formulierte freie Assoziationen eher<br />
vergessen, wenn es sich um Assoziationen auf emotionsgeladene Wörter und nicht auf<br />
neutrale Wörter handelt. Auch in der Praxis stellt sich nach Beobachtungen von Praktikern<br />
spontane PHA häufig für emotional belastende Ereignisse in der Hypnose ein.<br />
Ein anderer Ansatz, der sich mit Verdrängungsprozessen bei amnestischen Phänomenen<br />
befaßt, geht auf Jung zurück. Jung bat seine Patienten um freie Assoziationen (das erste Wort,<br />
was Ihnen in den Sinn kommt) auf Stimuluswörter. Er fand bei seinen Pbn auf gewisse<br />
Wörter hin Antworttendenzen, wie ungewöhnlich lange Reaktionszeiten, elektrodermale<br />
Reaktionen, Wiederholung des Stimuluswortes oder Perseveration der Antwort, die er als<br />
bewußte oder unbewußte „komplexe Indikatoren“ für Konflikte oder Bedrohungen<br />
bezeichnete. Wenn der Versuchsdurchlauf wiederholt wurde und die Pbn die Instruktion<br />
bekamen, die gleichen Antworten zu geben wie im ersten Durchgang, fand er, daß die<br />
komplexen Indikatoren dazu tendierten Fehler hervorzurufen (Kihlstrom & Hoyt, 1990).<br />
Clemes (1964) präsentierte seinen Pbn in Hypnose Wortlisten, die zur Hälfte aus Wörtern, auf<br />
die sie komplexe Indikatoren gezeigt hatten und zur Hälfte aus neutralen Wörtern bestanden.<br />
Nach Suggestion einer partiellen Amnesie, welche die Hälfte aller Wörter umfassen sollte,<br />
fand er, daß die Pbn mehr neutrale Wörter wiedergaben als Wörter, auf die sie zuvor<br />
komplexe Indikatoren gezeigt hatten. Bei einer Kontrollgruppe, die die Wörter im normalen<br />
Wachzustand gelernt hatte, gab es keine differentielle Wiedergabe. Die Ergebnisse konnte<br />
jedoch nicht repliziert werden (Stam, Radtke-Bodorik & Spanos, 1980).