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Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 107<br />

Selbst nachdem eine Person nach der Reorientierung aus der Trance einen vollständigen<br />

Bericht über die Sitzung abgegeben hat, kann sie zu einem späteren Zeitpunkt eine<br />

Amnesie entwickeln. Dabei kann sie sogar die Tatsache vergessen, daß sie zuvor den<br />

Bericht abgelegt hat. Dieser Effekt ist experimentell nur schwer zu erfassen, da ein Test<br />

des Gedächtnisses in der Regel unmittelbar nach der Hypnose erfolgt.<br />

• Bei der posthypnotischen Quellenamnesie können die Inhalte der Hypnosesitzung zwar<br />

wiedergegeben werden, diese können jedoch dem Kontext, in dem das Lernen stattfand,<br />

nicht mehr zugeordnet werden, in diesem Fall der speziellen Hypnosesitzung. So lernen<br />

die Pbn in der Hypnose ungewöhnliche Fakten (z.B. Frage: Welche Farbe nimmt ein<br />

Amethyst an, wenn er erhitzt wird? Antwort: Gelb). Die Pbn können sich nach der<br />

Reorientierung aus der Hypnose nicht mehr an Inhalte der Sitzung erinnern, geben<br />

typischerweise jedoch die richtige Antwort auf die Fragen, die sie in der hypnotischen<br />

Trance gelernt haben. Werden sie jedoch danach gefragt, woher sie die Antwort wissen,<br />

erscheinen sie verwirrt und zeigen eine Tendenz zur Konfabulation des Lernkontextes<br />

(z.B. Das habe ich im Geologieunterricht in der Schule gelernt). Quellenamnesie tritt<br />

lediglich bei Hochhypnotisierbaren auf, nie jedoch bei simuliernden<br />

niedgrighypnotisierbaren Pbn (Evans & Thorn, 1966; Evans, 1988). Die Tatsache, daß für<br />

die Quelle, also den räumlich-zeitlichen Kontext einer Erfahrung Amnesie suggeriert<br />

werden kann, die Information jedoch semantisch verfügbar ist, spricht dafür, daß es sich<br />

bei semantischem und episodischem Gedächtnis um ein Kontinuum handelt, wobei<br />

Erfahrungen sowohl über den räumlich-zeitlichen Kontext als auch von diesem entkoppelt<br />

produziert werden kann (z.B. Kihlstrom, 1980, s. Kap. 2.3).<br />

• PHA bei freier Wiedergabe ist leichter zu erzielen als wenn die gelernten Inhalte mit<br />

einem Wiedererkennenstest abgefragt werden (s. Kap. 4.7.2.). Diese Tatsache spiegelt die<br />

normale Gedächtnisfunktion wieder, da beim Wiedererkennen der Cue die gesuchte<br />

Information darstellt, muß lediglich noch entschieden werden, ob sie mit dem gesuchten<br />

zeitlich-räumlichen Kontext übereinstimmt (Jacoby & Dallas, 1981, s. auch Kap. 4.7.6).<br />

Doch selbst, wenn hochhypnotisierbaren Pbn eine Videoaufzeichnung ihrer<br />

Hypnosesitzung vorgeführt wurde, blieb bei einigen die Amnesie für die Inhalte der<br />

Sitzung bestehen (McConkey & Sheehan, 1981). Dies stellt einen eindrucksvollen<br />

Nachweis dafür dar, daß auch für Wiedererkennen PHA erzielt werden kann. Allan et al.<br />

(1996) haben festgestellt, daß mit der HGSHS:A sowie mit der SHSS:C suggerierte<br />

Amnesie genauso reliabel für Wiedererkennen wie für Wiedergabe erfaßt werden kann.<br />

Diejenigen Pbn, die eine PHA für Wiedererkennen zeigen, weisen eine höhere<br />

Hypnotisierbarkeit und eine profundere Amnesie für die freie Wiedergabe auf. Somit<br />

scheint das Maß besonders dann bedeutsam zu sein, wenn Personen mit besonderer<br />

hypnotischer Begabung zu experimentellen Zwecken ausgewählt werden sollen. Nach<br />

Spanos et al. (1990) sind niedrighypnotisierbare Pbn, die Hypnose simulieren, mit Hilfe<br />

des Wiedererkennens von hochhypnotisierbaren Pbn zu unterscheiden. Müssen sie sich für<br />

eine von zwei Alternativen entscheiden, so wählen simulierende Pbn überzufällig die<br />

falsche Alternative.<br />

• PHA bezieht sich fast immer auf das episodische Gedächtnis, indem Amnesie für Inhalte,<br />

die in Hypnose gelernt werden, also für eine bestimmte Lernepisode, suggeriert werden.<br />

In der Showhypnose wird teilweise auch Amnesie für semantische Inhalte induziert. (z.B.<br />

„Die Zahl sieben ist völlig aus ihrem Gedächtnis verschwunden, sie wissen nicht mehr<br />

wie die Zahl aussieht und sie haben keinen Begriff davon, was sie bedeutet“).<br />

Hochhypnotisierbare Pbn realisieren die Suggestion, indem sie beim Zählen von eins bis<br />

zehn die Zahl sieben einfach überspringen oder eine Rechenaufgabe die sieben zum

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