Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 84<br />
Behandlung noch berichteten Inhalten führten, legten den Schluß nahe, daß einige Inhalte für<br />
immer vergessen wurden (z.B. Janis & Astrachan, 1951).<br />
Squire, Slater und Miller (1981) verglichen die Erinnerung einer EKT Gruppe mit einer<br />
depressiven Kontrollgruppe für autobiographische (z.B. Namen von Schulkameraden), aber<br />
auch für öffentliche (z.B. Namen die in Verbindung mit der Watergate Affaire standen)<br />
Ereignisse. Die Meßzeitpunkte waren vor der EKT, eine Stunde nach der fünften Behandlung,<br />
eine Woche und sieben Monate nach Beendigung der Behandlung. Während die depressive<br />
Kontrollgruppe nach der Behandlung mehr erinnerte als zuvor, zeigte die Gruppe die EKT<br />
schlechtere Gedächtnisleistungen. Eine genauere Analyse der Daten ergab eine graduelle<br />
Abstufung der retrograden Amnesie, so daß weiter zurück liegende Ereignisse besser erinnert<br />
wurden als Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit. Teilweise konnten die Defizite auch<br />
noch nach sieben Monaten nachgewiesen werden. Eine Bestätigung, daß die retrograde<br />
Amnesie nach EKT zeitlich abgestuft ist, kommt der Arbeitsgruppe um Calev, obwohl sie<br />
später diese Ergebnisse mit anderen Tests nicht mehr replizieren konnten (Calev et al., 1991).<br />
Cahill und Frith (1995) fassen zusammen, daß sich Patienten nach einer EKT auch noch nach<br />
drei Jahren subjektiv in ihren Gedächtnisfunktionen beeinträchtigt fühlen und zwar in<br />
größerem Ausmaß als depressive Patienten, die keine EKT bekamen. Die größten<br />
Einschränkungen der Erinnerung datieren sie auf die letzten zwei Jahre vor der Behandlung<br />
bis zu drei Monate nach Abschluß der EKT. Da jedoch die Schwere der depressiven<br />
Symptomatik nicht erfaßt wurde, ziehen die Autoren die Möglichkeit in Betracht, daß eine<br />
auch nach der Behandlung andauernde Depression die subjektive Bewertung der<br />
Gedächtnisfunktionen beeinflußt haben könnte.<br />
Alle Ergebnisse, die bisher berichtet wurden betreffen eine bilaterale EKT. Möglicherweise<br />
sind die Auswirkungen einer unilateralen rechtshemisphärischen EKT auf das Gedächtnis<br />
nicht so dramatisch, da verbale Funktionen der linken Hemisphäre nicht beeinträchtigt<br />
werden. Ein weiterer Grund, der für die Anwendung einer unilateralen EKT spricht, ist die<br />
Tatsache, daß die rechte Hemisphäre besonders an depressiven Stimmungen beteiligt ist.<br />
Bilaterale EKT beeinträchtigt sowohl das verbale als auch nonverbale Gedächtnisfunktionen.<br />
Unilaterale EKT der dominanten Hemisphäre beeinträchtigt v.a. verbale Funktionen, während<br />
es keine Veränderung der verbalen Funktionen bei einer unilateralen EKT der nondominanten<br />
Hemisphäre gibt. Die bessere Gedächtnisleistung bei unilateraler EKT betrifft sowohl das<br />
KZG als auch das LZG und die Patienten zeigten nach fünf Durchgängen EKT keine<br />
Verschlechterung im Vergleich mit Prä-Treatment Werten (Horne et al., 1985).<br />
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß verschiedene Phasen die Auswirkungen von EKT<br />
auf das Gedächtnis kennzeichnen. In den ersten Stunden nach EKT ist das Lernen von neuen<br />
Inhalten schwer beeinträchtigt und auch Ereignisse vor der Behandlung können nicht erinnert<br />
werden. Das Gedächtnis erholt sich jedoch in der Folgezeit wieder und in den nächsten Tagen<br />
erreicht zuerst das Wiedererkennen ein normales Ausmaß, während die Wiedergabe weiterhin<br />
gestört ist. Auch autobiographische oder öffentliche Ereignisse aus der Zeit vor der<br />
Behandlung können nur bedingt erinnert werden. Hierbei ist eine zeitliche Abstufung zu<br />
beobachten und Ereignisse unmittelbar vor Beginn der EKT können am schlechtesten<br />
wiedergegeben werden. Nach einem Monat entsprechen dann auch andere<br />
Gedächtnisleistungen dem Niveau vor der Behandlung. Nach sechs Monaten übersteigt die<br />
Leistung dieses Niveau sogar. Es bleibt jedoch eine Beeinträchtigung der Erinnerung von<br />
Ereignissen die der EKT vorausgingen.