23.11.2012 Aufrufe

Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 119<br />

(1990) betonen, unterscheiden sich Personen nach einer suggerierten Amnesie nicht im<br />

Wiedererkennen nach dem Gefühl der Bekanntheit, wohl aber, wenn sie die Strategie<br />

anwenden, den Kontext wiederherzustellen und somit über einen anderen Prozeß<br />

wiedererkennen.<br />

Neuropsychologisch könnte man das Phänomen damit erklären, daß Priming auf die Aktivität<br />

von Modulen zurückgeht, die von Information höherer Ordnung (z.B. posthypnotischer<br />

Amnesiesuggestion) nicht beeinflußt werden kann. Das sind nach Gregg (1979, 1980)<br />

obligatorische Prozesse. Zentrale Systeme wären für einen top-down Informationsfluß offen<br />

und Erwartungen, Motivation und deshalb auch Suggestionen können die Information<br />

beeinflussen (s. Fodor, 1983, 1985). Diese Prozesse wären nach Gregg optional.<br />

Verarbeitungsprozesse hinterlassen Aufzeichnungen ihrer Aktivität sowohl in Input-Modulen<br />

als auch in zentralen, semantischen Systemen. Nur bewußt erfahrene, semantisch<br />

interpretierte Ereignisse werden der hippocampalen Komponente automatisch zugeführt. Sie<br />

erzeugt eine Art Adresskodierung, die die empfangene Information aus Modulen und<br />

zentralen Systemen miteinander verknüpft. Diese Adresskodierung erfolgt sehr schnell,<br />

mittels der Langzeit-Potentierung zwischen den hippocampalen Verbindungen. (Nadel &<br />

Jacobs, 1998; s. Kap. 2.4.3). Wird ein innerer oder äußerer Cue bewußt, wird die<br />

Adresskodierung aktiviert und die sensorische Information, die in den verschiedenen<br />

Projektionsarealen des Kortex gespeichert sind zusammengeführt (Moscovitch, 1992; s. Kap.<br />

2.4.2). Möglich ist auch, daß zuerst die Adresskodierung aktiviert wird, die wiederum die<br />

über den Kortex verteilte Information aktiviert (Nadel & Jacobs, 1998). Es liegt nahe zu<br />

vermuten, daß dieser Prozeß bei der PHA vorübergehend gehemmt zu sein scheint, aber die<br />

hippocampale Komponente stellt ein Modul dar, dessen Aktivität automatisch erfolgt. Nach<br />

einer Zeit kommt es für ältere Erinnerungen zu einer Enkoppelung von der hippocampalen<br />

Komponente, die vermutlich auf Veränderungen von Synapsen zurückgeht. Dafür sprechen<br />

auch Befunde, die zeigen, daß eine Läsion des Hippocampus mit einer zeitlich begrenzten<br />

retrograden Amnesie einhergeht. Das bedeutet, daß diejenigen Gedächtnisinhalte noch<br />

verfügbar sind, die unabhängig von der Adresskodierung abgerufen werden können (Squire,<br />

1992).<br />

Die amnestische Sperre (Hilgard, 1971, 1992) hängt wohlmöglich eng mit dem Frontallappen<br />

zusammen. Oft berichten die Pbn mit PHA, sie hätten das Gefühl die gesuchte Information zu<br />

wissen, ohne sie reproduzieren zu können, was dem Tip-of-the-Tongue Phänomen entspricht.<br />

Das Gedächtnisinhalte aktiv gehemmt werden können wurde nachgewiesen (s. Ergebnisse zu<br />

part-set Cues, z.B. Roediger, 1973; s. Kap. 3.4). Es deutet einiges daraufhin, daß diese<br />

Hemmprozesse, die letztendlich die „normale“ Aktivität der hippocampalen Komponente<br />

verhindern, im Fall der PHA über die Frontallappen erfolgen, denen organisatorische Aspekte<br />

des Gedächtnisses beim Kodieren und Abruf zugeschrieben werden. Fuster (1997) ist der<br />

Ansicht, daß Hemmung die wichtigste Funktion präfrontaler Strukturen sei. Sie sind nicht<br />

direkt an der Konsolidierung von Inhalten und dem Prozeß des Verbindens von Abruf- mit<br />

gespeicherter Information beteiligt. Über frontale Strukturen kommt es vielmehr zu einer<br />

Evaluation des Outputs der Module und einer Einordnung in einen räumlich-zeitlichen<br />

Kontext. Die Information kann somit zur Gedächtnissuche genutzt werden. Hier wird<br />

Erinnern zu einem zielgerichteten Prozeß. Moscovitch (1992) meint, daß Läsionen des<br />

Frontalhirns nicht zu einem Gedächtnisverlust führen, wenn der Cue ausreicht um den Inhalt<br />

zu spezifizieren. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum es schwieriger ist eine PHA<br />

für das Wiedererkennen zu erzeugen, da beim Wiedererkennen, der Cue ja die gesuchte<br />

Information darstellt. Manche Tests sind sensibel für Läsionen des Frontalhirns. Dazu<br />

gehören Tests für die Quelle eines Inhalts, die zeitliche Reihenfolge und Schätzungen des<br />

Zeitpunkts, wann ein Gedächtnisinhalt erworben wurde. Genau in diesen Eigenschaften sind<br />

partielle Amnestiker nach einer posthypnotischen Amnesiesuggestion beeinträchtigt, sie<br />

weisen eine Amnesie für die Quelle der Erinnerung auf, der Zeitpunkt der Erinnerung wird oft

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!