Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 131<br />
Kommunikation des Partners fokussiert und die Richtung der Aufmerksamkeit wird durch<br />
diese Kommunikation gelenkt.<br />
Der Hypnotiseur übernimmt im Verlauf der Induktion die Lenkung der Aufmerksamkeit,<br />
indem er die Wahrnehmungen des Hypnotisanden auf Dinge lenkt, die gerade außerhalb<br />
dessen Aufmerksamkeitsfokusses liegen, die aber vom Hypnotisanden als zutreffend<br />
eingeschätzt werden (Pacing). So kann es zu einer Veränderung der Attribution dieser<br />
Wahrnehmungen kommen und der Hypnotisand reagiert mit physiologischen, motorischen,<br />
kognitiven oder emotionalen Veränderungen auf die Suggestionen (Leading). Der<br />
Hypnotiseur wird zunehmend zum strukturierenden Bezugsrahmen, der Wahrnehmungen<br />
unterstützt, interpretiert und den Erfahrungen des Hypnotisanden Bedeutung verleiht. Nach<br />
Shor (1969) wird das Wachbewußtsein durch die Aktivität eines eigenen Bezugsrahmens<br />
gekennzeichnet, der Erfahrungen unterstützt, interpretiert und ihnen Bedeutung zuschreibt.<br />
Diese Realitätsorientierung tritt in der Interaktion mit dem Hypnotiseur in den Hintergrund<br />
und reduziert ihre Aktivität, was graduell geschehen kann. Dieser Zustand kann dann als<br />
hypnotische Trance bezeichnet werden. Niedrighypnotisierbare Personen, vorausgesetzt sie<br />
verfügen über die notwendigen imaginativen und dissoziativen Fähigkeiten sowie die<br />
Fähigkeit zur Absorption, sind nicht bereit ihre Realitätsorientierung dem Hypnotiseur zu<br />
übertragen und behalten eine analytische und kritische Einstellung um die regressive<br />
Beziehung mit dem Hypnotiseur zu vermeiden. Ergebnisse einer Studie zeigen, daß<br />
niedrighypnotisierbare Pbn höhere Werte auf einer Suggestibilitätsskala erzielen, wenn ihnen<br />
diese Skala als kreativer Imaginationstest angekündigt wird. Hochhypnotisierbare Pbn<br />
erzielen dagegen auf beiden Skalen hohe Werte (Spanos et al., 1989). Möglicherweise fühlen<br />
sich Niedrighypnotisierbare sicherer, wenn die Situation nicht als hypnotisch deklariert wird<br />
und bringen den Suggestionen dann weniger Widerstand entgegen. Der Hypnotisand hat dabei<br />
wie schon erwähnt keineswegs nur eine passive Rolle inne, sondern beeinflußt einen<br />
responsiven Hypnotiseur durch minimale Cues, die dieser wiederum aufgreift und zurück<br />
kommuniziert.<br />
Shors phänomenologische Methode geht von drei hypnotischen und fünf nicht-hypnotischen<br />
Dimensionen aus, die eine Trance charakterisieren (Shor, 1979). Die hypnosespezifischen<br />
Dimensionen umfassen den Grad des Verlustes der allgemeinen Realitätsorientierung, das<br />
Ausmaß der unbewußten Beteiligung bzw. der hypnotischen Rollenübernahme und die Tiefe<br />
der archaischen Beteiligung, die sich auf die emotional-regressiven Beziehung zwischen<br />
Hypnotiseur und Hypnotisand bezieht. Die unspezifischen Dimensionen sind Schläfrigkeit,<br />
Entspannung, Lebhaftigkeit der Imaginationen, Absorption und Zugang zum Unbewußten.<br />
Eine Einschätzung entlang dieser Dimensionen erfolgt immer retrospektiv in einem<br />
kooperativen Gespräch zwischen Hypnotiseur und Hypnotisand. Die hypnosespezifischen<br />
Dimensionen enthalten psychoanalytische Elemente, die Shor von Schilder und Kauders<br />
(1926) übernahm. Besonders die archaische Beteiligung zielt auf die Beziehung zwischen<br />
Hypnotiseur und Hypnotisand ab. In Trance werden archaische Objekbeziehungen wirksam.<br />
Indem das tiefste Innere der Persönlichkeit des Hypnotisanden an der hypnotischen<br />
Beziehung beteiligt ist, wird die emotionale Reaktionsbereitschaft gegenüber dem<br />
Therapeuten erhöht, dieser wird somit zu einer Projektionsfläche für frühe unbewußte<br />
Erfahrungen mit wichtigen Personen. Von Nash und Spinler (1989) stammt eine Skala, die<br />
archaische Beteiligung erhebt (s. Kap. 5.2). Ein gewisser Anteil an archaischer Beteiligung ist<br />
nach Shor besonders wichtig, um therapeutisch arbeiten zu können. Banyai (1991) beschreibt,<br />
daß solche Projektionen für das Entstehen einer hypnotischen Trance förderlich sein, ihr aber<br />
auch entgegenwirken können.<br />
Banyai (1986, zit. nach Banyai, 1991) berichtet von einer Konvergenz der Erfahrungen von<br />
Hypnotiseur und Hypnotisand in Hypnose. Nach der Sitzung, getrennt von zwei<br />
unabhängigen Interviewern befragt, berichten beide über ähnliche Erfahrungen und<br />
Stimmungen im Verlauf der Sitzung. Häufig benutzen sie ähnliche Metaphern um ihre