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Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 33<br />

gibt verschiedene Arten von Gedächtnis, die auf teilweise unterschiedlichen Gehirnstrukturen<br />

basieren. Es gibt abgrenzbare Bereiche des Gehirns, die für Gedächtnisfunktionen essentiell<br />

sind. Der mediale Teil des Temporallappens ist offensichtlich für die Einspeicherung und<br />

Konsolidierung von bestimmten Gedächtnisinhalten erforderlich. Diese Strukturen enthalten<br />

jedoch nicht das Engrammm. Lange Zeit befaßte sich die Gedächtnisforschung mit der Suche<br />

nach sogenannten Flaschenhalsstrukturen, die für das Kodieren oder den gezielten Abruf aus<br />

dem LZG bedeutsam ist. Erst neue bildgebende Verfahren und die Beschäftigung mit<br />

neuronalen Netzen zur Simulation kognitiver Prozesse, haben daran etwas geändert.<br />

Es gibt anatomisch und funktional abgrenzbare Hirnstrukturen, die für die Einspeicherung<br />

und die Kodierung deklarativer und episodischer Gedächtnisinhalte zuständig sind. Fehlen<br />

diese Strukturen, so tritt eine totale anterograde Amnesie auf. Die Strukturen, die dabei eine<br />

Schlüsselstellung innehaben, sind der Hippocampus, der perirhinale und parahippocampale<br />

Neokortex. Diese Strukturen unterhalten enge Verbindungen mit den Mamillarkörpern und<br />

dem basalen Vorderhirn. Bei Läsionen dieser Strukturen treten sowohl anterograde als auch<br />

retrograde Amnesien auf. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um<br />

Diskonnektionssyndrome, bei denen sowohl die Kodierung als auch der Abruf gestört ist,<br />

möglicherweise aufgrund einer Unterbrechung des Informationstransfers zwischen<br />

verschiedenen Arealen des Neokortex. Dabei handelt es sich um posterior gelegene<br />

Speicherstrukturen und anterior gelegene Strukturen, die Adresskodierungen enthalten.<br />

Die Nucl. Amygdalae grenzen unmittelbar an das hippocampale System. Die Nucl.<br />

Amygdalae unterhalten enge Verbindung mit ventromedialen Regionen des Frontalhirns.<br />

Diese Bereiche sind mit anderen Hirnstrukturen vielfältig vernetzt. Sie erhalten Afferenzen<br />

aus allen sensorischen Modalitäten (visuell, auditiv, somatosensorisch) und senden Efferenzen<br />

in Kontrollstrukturen des autonomen Nervensystems. Das gesamte System ist eng mit der<br />

Verarbeitung emotionaler Information verknüpft. Die Speicherung emotionaler<br />

Kontextinformation scheint an die Intaktheit der Nucl. Amygdalae gekoppelt zu sein<br />

(LeDoux, 1995). Der ventromediale Bereich des Frontallappens leistet die Verknüpfung<br />

zwischen deklarativen und emotionalen Inhalten, so daß antizipatorisch affektive<br />

Konsequenzen des Verhaltens erkannt werden können. Eine Läsion in diesen Strukturen führt<br />

daher zu fehlangepaßtem Verhalten wie der Soziopathie (Tranel & Hyman, 1990).<br />

Springer und Deutsch (1995) weisen auf Hemisphärenunterschiede beim Gedächtnis hin.<br />

Patienten mit einseitiger Lobektomie eines Temporallappens zeigten selektive<br />

Beeinträchtigungen der Gedächtnisfunktion. Nach Entfernung des linken Temporallappens<br />

hatten die Patienten Schwierigkeiten sprachliches Material zu erlernen und zu behalten. Das<br />

Defizit äußerte sich unabhängig davon, ob das Material visuell oder auditiv dargeboten<br />

wurde. Eine rechtsseitige Temporallappenentfernung führt sowohl bei visueller, als auch bei<br />

auditiver Darbietung zu Schwierigkeiten mit nichtsprachlichem Material wie z.B. abstrakten<br />

Mustern. Außerdem sind diese Patienten bei visuellem und taktilem Labyrinthlernen<br />

beeinträchtigt. Es scheint im Falle von lateralisierten temporalen Läsionen somit zum Verlust<br />

bestimmter semantischer Gedächtnisfähigkeiten zu kommen, die jedoch auch mit dem Verlust<br />

von Kontextinformationen (episodischer Information) einhergeht, die ebenfalls vom<br />

Hippocampus abhängt. Untersuchungen mit Split-Brain Patienten unterstützen die Befunde.<br />

Wird nach Durchtrennung des Corpus callosum Information gezielt einer Hemisphäre<br />

dargeboten, so wird von der linken Hemisphäre vorrangig sprachliche, von der rechten<br />

Hemisphäre vor allem visuell-räumliche Information behalten.<br />

Neuere Studien legen nahe, daß dem rhinalen Kortex eine besondere Bedeutung für<br />

Wiedererkennen von Information zukommt (Nadel & Jacobs, 1998).<br />

Prozedurales Wissen im weitesten Sinne, motorische Programme, Habits, klassische<br />

Konditionierungen und implizite Speicherungen (latentes Lernen) können unabhängig vom

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