Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 105<br />
unterbrochen, worauf Geschichte B beginnt, innerhalb derer von einem Protagonisten<br />
Geschichte C erzählt wird. In umgekehrter Reihenfolge werden die Geschichten anschließend<br />
beendet 20 . Lankton und Lankton (1983) postulieren, daß die Einbettung von Metaphern zur<br />
Induktion oder Vertiefung einer Trance führen kann. Außerdem gehen sie davon aus, daß für<br />
die eingebetteten Geschichten eine strukturelle Amnesie hervorgerufen wird. Diejenige<br />
Metapher, die auf die therapeutische Veränderung abzielt, wird in das andere Material<br />
eingebettet, daß plötzlich unterbrochen und nach Beendigung der Veränderungsmetapher<br />
wieder fortgesetzt wird.<br />
Der Primacy-Recency-Effekt besagt, daß zuerst und zuletzt dargebotene Items besser erinnert<br />
werden als Items aus mittleren Positionen. Geschichten tendieren dazu als Einheiten (Chunks)<br />
gespeichert zu werden. Somit würde theoretisch Geschichte A, deren erster Teil zu Beginn<br />
und deren zweiter Teil zuletzt erzählt wird, am Besten erinnert werden, Geschichte C, in der<br />
in der Mitte der Sequenz dargeboten, wird am schlechtesten erinnert werden (s. Kap. 3.3).<br />
Auch nach der Theorie von Kintsch und Van Dijk (1975) sollten Personen eingebettete<br />
Geschichten schlechter erinnern, da durch den Wechsel der Rahmenhandlung die<br />
Makrostruktur verletzt wird und temporale Organisationsmechanismen des Gedächtnisses<br />
schwerer angewendet werden können.<br />
In einer Fallstudie überprüften Matthews und Langdell (1989) anhand von sechs Klienten die<br />
Auswirkungen von PHA auf den Therapieerfolg. Der einzige Klient, der fast eine komplette<br />
Amnesie für die Inhalte der therapeutischen Geschichten zeigte, profitierte kaum von der<br />
Therapie. Dies kann ein Hinweis dafür sein, daß Amnesie für therapeutische Suggestionen<br />
vom Klienten auch als Strategie angewendet werden kann um Widerstand gegen die Therapie<br />
auszuüben.<br />
Matthews und Mosher (1987) fanden keinen Unterschied zwischen eingebetteten und nicht<br />
eingebetteten Metaphern hinsichtlich der Wiedergabe von Inhalten der Geschichten.<br />
Allerdings versäumten sie ihre Pbn hinsichtlich deren Hypnotisierbarkeit zu selegieren, so daß<br />
der negative Befund unter Umständen auf die unzureichenden hypnotischen Fähigkeiten der<br />
niedrighypnotisierbaren Probanden zurückgeführt werden kann. Andererseits besteht Anlaß<br />
zur Vermutung, daß gerade eine strukturelle Amnesie auch bei Niedrighypnotisierbaren zum<br />
Erfolg führt.<br />
4.7.4 Klassifikation der posthypnotischen Amnesie<br />
Man kann die PHA in verschiedene Klassen unterteilen, je nachdem ob sie spontan oder nach<br />
spezifischen Suggestionen auftritt, ob eine Amnesie für Inhalte oder die Quelle der<br />
Information vorliegt, ob das episodische oder das semantische Gedächtnis Ziel der Suggestion<br />
ist und je nachdem was für ein Test angewendet wird (Wiedergabe vers. Wiedererkennen) um<br />
die Amnesie nachzuweisen. Bisher beschränkten sich Studien zur PHA auf Inhalte, die vor<br />
der Suggestion gelernt wurden (retrograde Amnesie). Denkbar wäre es auch PHA in Form<br />
einer posthypnotischen Suggestion für Inhalte, die nach der Suggestion im wachen oder<br />
hypnotisierten Zustand gelernt werden, zu geben, also eine anterograde Amnesie zu<br />
induzieren. Inwieweit diese Amnesietypen funktionell unterschiedlich sind oder nur<br />
verschiedene Ausprägungen ein und desselben Mechanismus darstellen, ist zum<br />
gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hinreichend geklärt.<br />
• Spontane PHA gilt als ein typisches hypnotisches Phänomen und wurde oft dazu<br />
herangezogen den somnambulen Zustand zu charakterisieren, einen Zustand tiefer<br />
Hypnose, den nur besonders talentierte Individuen erreichen können (Hilgard, 1987).<br />
20 Die Verschachtelungen lassen sich folgendermaßen darstellen: A1 [ B1 ( C ) B2 ] A2.