Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 55<br />
beurteilenden Wörter), also für die a priori keine Wiederholungen angenommen wurden, unter<br />
der Instruktion zu vergessen schlechter erinnert wurden, als die anderen. Output-Interferenz<br />
schlossen Geiselmann et al. (1983) als Erklärung aus.<br />
Auch wenn der genaue Abrufmechanismus, der den Zugang zu den zu vergessenden Items<br />
behindert, noch nicht bekannt ist, scheint dieser eher allgemein und diffus zu sein, indem<br />
nicht nur der Zugang zu der zu vergessenden Information vermindert wird, sonder auch der<br />
Zugriff zu allgemeinerer räumlich-zeitlicher, kontextueller Information, die mit den zu<br />
vergessenden Stimuli assoziiert ist. Eine Erklärung dafür ist, daß die zu vergessende<br />
Information dadurch weniger zugänglich wird, daß eine fokussierte Hemmung von Kontrolloder<br />
Zugangsknoten erfolgt, welche die Repräsentation räumlich-zeitlicher Information mit<br />
einschließt. Dieser inhibitorische Prozeß könnte dem der Response-Set Unterdrückung (s.<br />
Kap. 3.3, 3.4) ähneln, die von frühen Interferenztheorien beschrieben wird (z.B. Postman,<br />
1976), oder dem Prozeß der Abrufhemmung (Anderson et al., 1994; Wheeler, 1995) um<br />
Ergebnisse wie die spontane Erholung oder der Hypermnesie ohne wiederholtes Testen zu<br />
erklären. Vielleicht ist aber der schlechtere Zugang zu kontextueller Information einfach das<br />
Nebenprodukt einer allgemeinen Deaktivierung von Verhaltenszielen und Intentionen, die<br />
ursprünglich aktiv waren und durch die Instruktion zu Vergessen hinfällig wurden (Cohen &<br />
O’Reilly, 1996).<br />
3.7 Vergessen aufgrund von seriellen Positionseffekten: Primacy und Recency<br />
Wird eine Wortliste dargeboten und in freier Wiedergabe abgefragt, so erhält man in der<br />
Regel eine sehr stabile Kurve der Wiedergabewahrscheinlichkeit der einzelnen Items in<br />
Abhängigkeit von der Position, in der sie dargeboten wurden. Zuerst und zuletzt dargebotene<br />
Items werden besser erinnert als der Rest. Diese seriellen Positionseffekte wurden Primacyund<br />
Rececny-Effekt genannt (z.B. Postman & Phillips, 1965, Glanzer & Cunitz, 1966). Der<br />
Effekt ist so prägnant und leicht reproduzierbar, daß er lange Zeit das Interesse der<br />
Gedächtnisforschung auf sich zog. Die Befunde beeinflußten auch die Konzeption des<br />
Mehrspeichermodells (Atkinson & Shiffrin, 1968). Lange Zeit galt die Auffassung, daß der<br />
Primacy-Effekt den Output des LZG und der Recency-Effekt den Output des KZG<br />
wiedergibt.<br />
Glanzer und Cunitz (1966) gaben ihren Pbn eine Liste von 15 Wörtern vor. Nach einem<br />
Behaltensintervall von 10 oder 30 Sekunden führten die Pbn eine Distraktionsaufgabe<br />
(Zählaufgabe) durch, um ein stilles Wiederholen der Items zu verhindern. Während die 10<br />
sekündige Distraktionsaufgabe den Recency-Effekt deutlich abschwächte, verschwand er<br />
nach 30 Sekunden vollständig. Der Primacy-Effekt blieb jedoch erhalten. Während manche<br />
Faktoren nur den Recency-Effekt beeinflussen, wirken sich andere nur auf den Primacy-<br />
Effekt aus. Wird der zeitliche Abstand zwischen der Darbietung der einzelnen Items erhöht,<br />
so wirkt sich das positiv auf die Wiedergabe der ersten fünf Wörter, nicht aber auf die zuletzt<br />
dargebotenen Wörter aus. Diese Ergebnisse passen hervorragend zur Konzeption des<br />
Mehrspeichermodells, wonach die ersten Items aufgrund von stillem Wiederholen in das LZG<br />
weitergegeben werden. Mit größerem Intervall zwischen der Darbietung der Items bleibt<br />
natürlich auch mehr Zeit für Wiederholungen. Eine Studie von Rundus und Atkinson (1970),<br />
die die Anzahl der Wiederholungen direkt erhob, konnte diese Hypothese bestätigen. Die<br />
letzten Items dagegen befinden sich noch im KZG und werden bei unmittelbarer Wiedergabe<br />
von dort aus reproduziert. Tatsächlich besteht eine Tendenz bei Pbn die Wiedergabe mit den<br />
zuletzt dargebotenen Wörtern zu beginnen. (Kahana, 1996). Zudem zeigte Kahana, daß,<br />
nachdem ein Wort erinnert wurde, die Tendenz zu erkennen war, daß das nächste Wort von<br />
einer seriellen Position aus der Nähe wiedergegeben wurde (Lag-Recency-Effekt). Dabei ist