23.11.2012 Aufrufe

Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 100<br />

Vorstellung absorbiert zu sein. Wenn eine Person durch eine Altersregression in eine<br />

bestimmte, für sie bedeutungsvolle Erfahrung zurückgeführt wird, kann sie durch den<br />

wiederhergestellten Kontext (z.B. Gefühlszustand, Aktivierung von Vorstellungen) auch<br />

Information abrufen, zu der sie zuvor keinen Zugang hatte.<br />

Muzur et al. (1999) fanden jedoch keine Vorteile für ein Lernen in Hypnose. Wenn die Pbn,<br />

Geschichten im Wachzustand vorgelesen bekamen, erinnerten sie diese besser als wenn dies<br />

in Hypnose geschah. Da allerdings die Erinnerung im gleichen Zustand wie das Lernen<br />

geschah, kann die Trägheit und Müdigkeit, welche die meisten Hypnotisanden verspüren,<br />

dazu führen, daß sie weniger Inhalte berichteten; auch wurde keine Suggestion zur<br />

Hypermnesie gegeben.<br />

Studien zum zustandsabhängigen Lernen zeigen, daß ein emotionaler Zustand die gleichen<br />

Effekte auf das Gedächtnis hat wie ein gegenständlicher Umgebungskontext. Ihre Probanden<br />

lernten Wortlisten, nachdem sie entweder einen positiven oder negativen Gefühlszustand<br />

hypnotisch induziert bekamen. Wurde beim Test der gleiche emotionale Zustand induziert,<br />

war die Gedächtnisleistung besser als wenn der Test in einem anderen emotionalen Zustand<br />

stattfand (Bower, Monteiro & Gilligan, 1978; Bower, 1981). M.H. Erickson (1980) beschreibt<br />

den Fall eines jungen Mannes, der amnestisch für den Zeitraum einer traumatischen<br />

Erfahrung war. In Hypnose konnte er den ganzen Vorgang so lebhaft wiedererleben, daß er<br />

sogar physiologische Anzeichen der Wirkung einer <strong>Dr</strong>oge zeigte, die ihm im Verlauf der<br />

traumatischen Erfahrung verabreicht wurde.<br />

1999 erschien eine Ausgabe des International Journal of Clinical and Experimental Hypnosis<br />

der die Erinnerung früher Kindheitserlebnisse zum Thema hatte. Die Ergebnisse zeigen, daß<br />

eine hohe Hypnotisierbarkeit auch ohne Hypnoseinduktion zum Berichten von frühen<br />

Kindheitserlebnissen führte (2. Geburtstag). In diesem Alter unterliegen Gedächtnisinhalte<br />

nach Ansicht von Experten der frühkindlichen Amnesie und es handelt sich somit um<br />

phantasierte Inhalte. Personen die hypnotisiert wurden, waren sich so sicher, daß es sich um<br />

reale Gedächtnisinhalte handelte, daß sie ihre Berichte auch im Wachzustand nicht<br />

korrigierten (Bryant & Barnier, 1999). Green (1999) fand, daß bei 38 % seiner Pbn eine<br />

dreiminütige Anleitung zur Selbsthypnose ausreichte, um über Ereignisse zu berichten, die im<br />

Alter von 12 Monaten geschehen waren. Ergebnisse von Johnson et al. (1993) deuten darauf<br />

hin, daß ein lebhaftes und detailiertes Erleben suggerierter Erfahrungen zu Fehlern bei der<br />

Attribution der Quelle, aus der diese Erinnerungen kommen, führen kann (s. Kap. 3.8).<br />

Hypnose läßt nicht nur Erinnerungen lebhaft erscheinen sondern auch internal generierte<br />

Wahrnehmungen, wie Phantasien. Vorstellungen können oft kaum von Erinnerungen<br />

unterschieden werden. Dazu kommt noch der Effekt der Trancelogik (Orne, 1959) wodurch<br />

für den Hypnotisanden Inkongruenzen mit der Realität akzeptabler werden. Auch<br />

Erwartungen, daß in Hypnose besondere Dinge geschehen, die sonst nicht möglich sind,<br />

tragen zu solchen hypermnestischen Effekten bei.<br />

Obwohl aus diesen Gründen Hypnose, zur Wahrheitsfindung vor Gericht, nur mit großen<br />

Einschränkungen eingesetzt werden sollte, stellt aber gerade die Veränderung von<br />

Gedächtnisinhalten in der Therapie eine besondere Chance dar. Lamb (1985) beschreibt, wie<br />

sie Gedächtnisinhalte von phobischen Patienten erfolgreich rekonstruiert, so daß die Situation<br />

in der die phobische Reaktion erstmals auftrat nicht mehr als furchteinflößend<br />

wahrgenommen wird. Als Folge davon blieb die Angstreaktion bei ihren Patienten aus.<br />

Ausführlichere Übersichten über Hypermnesie durch Hypnose finden sich bei Pettinati<br />

(1988), Erdelyi (1994) und Peter (2000a).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!