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Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 78<br />

worden waren; 56 % hatten sich nicht verändert, während 32 % sich verbesserten, die<br />

restlichen 12 % zeigten verschlechterte Gedächtnisleistungen.<br />

Gute Gedächtnisleistungen zeichnen sich dadurch aus, daß Information so genau wie möglich<br />

wiedergegeben wird. Das betrifft nicht nur die Erinnerung der Information sondern auch die<br />

Reproduktion von Merkmalen des Kontexts in dem das Lernen erfolgte. Haben Patienten mit<br />

Hirntraumata Schwierigkeiten mit beiden aufgeführten Aspekten, führt dies zu Verzerrungen<br />

und ungenauer Wiedergabe. Diese Verzerrungen können auch die Quelle einer Information<br />

betreffen, die erinnert werden soll. Patienten die länger im Koma lagen, zeigten eher<br />

Anzeichen einer Quellenamnesie (Goldberg & Levin, 1995).<br />

Die Leistungen bei Tests der verzögerten Wiedergabe waren bei Patienten mit Hirntraumata<br />

überproportional schlechter, als die Leistungen bei unmittelbarer Wiedergabe. Wenn sie Items<br />

unmittelbar reproduzieren können, zeigen auch sie einen normalen Recency-Effekt. Solche<br />

Schwierigkeiten bei verzögerter Wiedergabe wurden oft im Zusammenhang mit<br />

Transferproblemen vom KZG ins LZG interpretiert (s. Kap. 2.1, 3.7). Die Patienten können<br />

möglicherweise deshalb keine Inhalte im LZG bilden, da sie Information schnell wieder<br />

vergessen, was auf einen beeinträchtigten Transfer vom KZG ins LZG oder auf einen Verlust<br />

der Information, nachdem sie im LZG angekommen ist, zurückzuführen ist. Vielleicht ist bei<br />

der verzögerten Wiedergabe auch die erhöhte Vulnerabilität für Interferenz durch<br />

Distraktoraufgaben für die schlechte Gedächtnisleistung verantwortlich. Ursache für die<br />

erhöhte Vulnerabilität für Interferenz könnte in der Unfähigkeit liegen gezielte<br />

Aufmerksamkeit für die eigentliche Aufgabe aufrechtzuerhalten, wenn interferierende<br />

Aufgaben dargeboten werden. Auch ein Mangel an aktiven und organisierten Abrufstrategien<br />

wird immer wieder bei Patienten mit Hirntraumata genannt, was möglicherweise auf eine<br />

Beeinträchtigung der Frontallappen zurückzuführen ist. Wie schon erwähnt sind die Läsionen<br />

bei Schädel-Hirn-Traumata eher diffus und deren Auswirkungen lassen sich nicht unbedingt<br />

anhand der Lokalisation in einem bestimmten Gehirnareal festmachen (Goldberg & Levin,<br />

1995).<br />

Der neuste Stand der Forschung läßt vermuten, daß Patienten mit Hirnverletzungen<br />

semantische Beziehungen benutzen um ihr Lernen zu strukturieren. So erinnern sie z. B. mehr<br />

Wörter, die Kategorien angehören als Wörter, die keine konzeptuelle Beziehung teilen.<br />

Verarbeiten die Patienten Wörter semantisch, so profitieren sie gegenüber Bedingungen in<br />

denen sie die Wörter lediglich phonemisch oder nach physikalischen Eigenschaften<br />

verarbeiten. Auch zeigen Patienten in der Rehabilitation Erholung von proaktiver Interferenz,<br />

was darauf hindeutet, daß sie den Wechsel von einer Kategorie zur anderen verwerten um die<br />

Information in Verbindung mit kategorialen Cues neu zu strukturieren (s. Kap. 3.3). Obwohl<br />

PTA Patienten semantische Information verarbeiten, können sie das nicht so effektiv, wie<br />

gesunde Personen. Sie verwenden inaktive Strategien, organisieren den Abruf in weniger<br />

Kategorien als gesunde Pbn und sind langsamer darin semantische Entscheidungen zu fällen<br />

(z.B. Ist ein Stuhl ein Möbel?), obwohl sie nicht mehr Fehler dabei begehen.<br />

Diese Ergebnisse legen nahe, daß Patienten mit PTA in der Rehabilitation Strategien<br />

vermittelt werden sollten, die das Clustern von Information sowohl beim Kodieren als auch<br />

beim Abruf erleichtern. Zudem brauchen sie mehr Zeit um die Bedeutung der zu lernenden<br />

Information zu verarbeiten (Goldberg & Levin, 1995).<br />

4.2 Amnesie bei Demenzen<br />

Demenz ist ein allgemeiner Begriff, mit dem neuropsychiatrische Syndrome bezeichnet<br />

werden, die durch erworbene Beeinträchtigungen in mehreren kognitiven Bereichen<br />

gekennzeichnet sind, jedoch nicht das Bewußtsein beeinträchtigen (z.B. Brandt & Benedict,<br />

1993). Obwohl die kognitiven Syndrome bei verschiedenen Demenzen etwas variieren,

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