Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 130<br />
Aufmerksamkeit und einer gesteigerten Vorstellungskraft (Lynn & Rhue, 1986), bei der<br />
„Autobahnhypnose“ kommt es zu Zeitverzerrungen, bei sensorischer Deprivation zu einer<br />
erhöhten Suggestibilität (z.B. Barabasz, 1982) und während bzw. nach dem Erleben von<br />
Traumata (z.B. Spiegel, 1991) oder bei extremen körperlichen Leistungen (Masters, 1992) zu<br />
dissoziativen Erlebnissen.<br />
Eine Möglichkeit ist es nach physiologischen Merkmalen (z.B. CBF, s.o.) zu suchen, die<br />
Personen, welche für Hypnose empfänglich sind in Hypnose aufweisen, nicht aber Personen,<br />
die für Hypnose unempfänglich sind. Dabei sollte im Wachzustand (im Alltagsbewußtsein)<br />
kein Unterschied zwischen den Gruppen bestehen, sondern die Unterschiede sollten auf die<br />
Induktion einer hypnotischen Trance zurückzuführen sein. Z.B. wurde oben mit der Erhöhung<br />
des präfrontalen Blutflußes ein Hinweis auf eine Veränderung in Hypnose, über die<br />
Aufmerksamkeitssteuerung, beschrieben. Nun gilt Hypnotisierbarkeit zwar als relativ stabile<br />
Eigenschaft, kann jedoch durch Übung, veränderte Einstellungen und Reaktionserwartungen<br />
sowie eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Hypnotiseur und Hypnotisand erhöht werden<br />
(Krause, 2000). Die Hypnotisierbarkeit ist ein multidimensionales Konstrukt und setzt sich<br />
aus prädisponierenden und situativen Faktoren zusammen. Korrelationen mit anderen<br />
Persönlichkeitsvariablen konnten bisher nicht gefunden werden und der Zusammenhang mit<br />
dem Therapieerfolg durch eine Therapie in Hypnose ist bisher für einige Bereiche ebenfalls<br />
nicht nachgewiesen (s. Kap. 5.2).<br />
Viele Autoren definieren Hypnose deshalb über das Erzeugen eines relativ unspezifischen<br />
Trancezustandes, der durch einen engen Rapport zwischen Hypnotiseur und Hypnotisand<br />
entsteht. So definiert Meinhold (1997) Hypnose „ ... als Beziehung zwischen zwei Menschen<br />
[...] in der der Hypnotisierte mit dem Hypnotisator in einer besonderen<br />
Bewußtseinsverbindung steht, die eine auch unbewußte direkte Kommunikation zuläßt und zu<br />
körperlich-seelisch-geistigen Sonderleistungen befähigt.“ (S. 32) Auch Banyai (1991) betont<br />
stark den interpersonellen Aspekt der Hypnose und sieht Hypnose als einen veränderten<br />
Bewußtseinszustand, der in einem speziellen sozialen Kontext als Folge der reziproken<br />
Interaktion von Hypnotisand und Hypnotiseur entsteht, eine Position, die der des Autors<br />
dieser Arbeit weitgehend entspricht. Demnach wird Hypnose durch persönliche Merkmale<br />
und durch physiologische prädisponierende Faktoren, sowohl des Hypnotisanden als auch des<br />
Hypnotiseurs beeinflußt, die deren Einstellungen, Erwartungen, kognitiven Stile und die<br />
Beziehung zueinander enthalten. Banyai ist der Meinung, daß die hypnotische Beziehung<br />
besonders archaische Beziehungsmuster aktiviert. Revenstorf (2000c), macht Regression als<br />
ein wesentliches Beziehungsmuster des Hypnotisanden aus, was wiederum zu einer<br />
Elternprojektion auf den Therapeuten führt und eine stärkere Betonung von<br />
primärprozeßhaftem Denken und eine erhöhte Suggestibilität zur Folge hat. Banyai (1991)<br />
betont jedoch noch stärker den interaktiven Aspekt der hypnotischen Beziehung und sie<br />
konnte als Therapeutin selbst eine starke, manchmal körperliche Übertragung erleben.<br />
Während einer Altersregression mit Hilfe einer Affektbrücke, in eine Zeit, die mit der Genese<br />
der Colitis Ulcerosa der Patientin in Verbindung stand, wurde die hypnotisierte Patientin<br />
plötzlich bleich im Gesicht, Schweißperlen traten auf ihre Stirn und ihre Atmung wurde<br />
unregelmäßig. In diesem Moment registrierte Banyai einen scharfen Schmerz, genau an<br />
derjenigen Stelle, an der die Patientin üblicherweise Schmerzen verspürte. Die Patientin hatte<br />
in diesem Moment Kontakt zu Erfahrungen bekommen, für die sie lange Zeit amnestisch<br />
gewesen war und die sie mit der Colitis in Verbindung brachte.<br />
Ein Vergleich von EEG Untersuchungen des hypnotischen Zustands, der zum einen über<br />
Entspannungssuggestionen und zum anderen über die aktiv-wach Methode (Banyai &<br />
Hilgard, 1976) induziert wurde, ergab laut Banyai (1991), keine Hinweise auf physiologische<br />
Unterschiede zwischen den Induktionsmethoden. Daraus folgerte sie, daß die entscheidende<br />
Variable, die eine hypnotische Trance von anderen Trancezuständen unterscheidet, in der<br />
Interaktion von Hypnotiseur und Hypnotisand zu sehen ist. Die Aufmerksamkeit wird auf die