23.11.2012 Aufrufe

Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 133<br />

Persönlichkeitsvariable ist, obwohl sie, wie unten noch ausgeführt werden wird, durchaus für<br />

situative Einflüsse sensibel ist. Deshalb wird von einigen Autoren eine pragmatischere<br />

Definition des Begriffs vorgezogen, die mit Hypnotisierbarkeit „ ... die Fähigkeit einer Person<br />

bezeichnet, verschiedene Suggestionen auszuführen, die Teil einer formalen Tranceinduktion<br />

bilden.“ (Weitzenhoffer, 1989a, S. 64). Hypnotisierbarkeit wird anhand einer<br />

Standardprozedur erhoben. Die dabei erhobenen Werte lassen Vorhersagen zu, in welchem<br />

Ausmaß eine Person zukünftig auf hypnotische Suggestionen reagieren wird.<br />

Trancetiefe gilt dagegen als eine Zustandsvariable, die im Verlauf einer Hypnosesitzung<br />

fluktuiert. Sie korreliert oft hoch mit Werten der Hypnotisierbarkeit (Tart, 1970). Während<br />

sich Messungen der Hypnotisierbarkeit meist auf beobachtbare Reaktionen des<br />

Hypnotisanden stützt, wird die Trancetiefe durch Selbstbeobachtungswerte erhoben.<br />

Der Begriff Suggestion leitet sich aus dem lateinischen Begriff „sub-gerere“ bzw.<br />

„suggerere“, wörtlich übersetzt mit „unterschieben“ ab. Während im englischen und im<br />

französischen „to suggest“ bzw. „sugérer“ eher im positiven Sinne von vorschlagen gebraucht<br />

wird, hat suggerieren im Deutschen eine überwiegend negative Konnotation im Sinne von<br />

„einblasen, einflüstern“ (Peter, 1996). Suggestionsphänomene treten nicht nur in Hypnose auf<br />

und nicht alle Formen der Suggestibilität hängen mit Hypnotisierbarkeit zusammen (Evans,<br />

1989). Manchmal ist der gefundene Zusammenhang zwischen hypnotischer und nichthypnotischer<br />

Suggestibilität nur gering (De Pascalis, 2000). Andererseits basieren bis auf<br />

wenige Ausnahmen alle bekannten Hypnotisierbarkeitsskalen auf Suggestionsitems<br />

(Gheorghiu, 1990). Gheorghiu (1996) führt an, daß alle psycho-physiologischen Abläufe auf<br />

suggestivem Weg beeinflußt werden können. Im Alltag sind ständig suggestive<br />

Beeinflussungsprozesse wirksam. Suggestionalen Prozessen kommt dann eine große<br />

Bedeutung zu, wenn wir uns in Situationen befinden, die durch mangelnde Klarheit und<br />

Sicherheit gekennzeichnet sind, um Ambiguität und Ungewißheit aufzulösen. Fehlen<br />

Anhaltspunkte für wichtige Entscheidungen und ist unsere Fähigkeit, Vorhersagen zu machen<br />

und Kontrolle auszuüben begrenzt, spielen Suggestionsphänomene eine wichtige Rolle,<br />

indem sie unser Verhalten und Erleben beeinflussen. Um die Kriterien einer Suggestion zu<br />

erfüllen, muß für den Empfänger zumindest virtuell die Möglichkeit bestehen anders zu<br />

reagieren als in der suggerierten Weise. Außerdem wird gefordert, daß die Reaktion<br />

unwillkürlich erfolgen muß (Weitzenhoffer, 1989b). Gheorghiu (1996) definiert<br />

Suggestibilität „ ... als die Fähigkeit auf Suggestion zu reagieren, bzw. als den Bereich der<br />

sich mit interindividuellen Unterschieden dieser Reaktionsbereitschaft auseinandersetzt.“<br />

(S.126). Lundh (2000) definiert Suggestion als eine bestimmte Form der Kommunikation<br />

bzw. als interpersonelles Priming. Indem Lundh Suggestionen dem impliziten Gedächtnis<br />

zuordnet entstehen Implikationen für Verarbeitung und Speicherung suggestiver Reize (s.<br />

Kap. 2.2). Eine Person (der Suggestor) beeinflußt über verbale Kommunikation, non-verbales<br />

Verhalten und/oder Kontextfaktoren willentlich oder unwillentlich eine andere Person (den<br />

Suggestanden), in einer Weise, daß diese Intentionen, Überzeugungen, Gefühle oder Wünsche<br />

des Suggestors übernimmt. Dieser Prozeß der Beeinflussung muß auf der automatischen<br />

Aktivierung von Bedeutungsstrukturen beruhen, so daß sich der Suggestand einer<br />

Beeinflussung nicht bewußt ist. Jede Person hat ein bestimmtes Suggestibilitätsprofil, das eine<br />

Funktion spezifischer Bedeutungsstrukturen ist, welche die Person auf dem Hintergrund von<br />

genetischer Prädisposition und persönlicher Lerngeschichte entwickelt hat. Kirsch (2000) ist<br />

der Ansicht, daß Suggestionen, die die Reaktionserwartung erhöhen, einen Mechanismus<br />

darstellen, der sowohl in der Hypnose, als auch bei Plazebos wirksam wird. Er ist der Ansicht,<br />

daß Hypnoseinduktionen unspezifisch sind und daß sie deshalb als Plazebos angesehen<br />

werden können.<br />

Hypersuggestibilität, d.h. das Ansteigen der Reaktionsbereitschaft nach einer<br />

Hypnoseinduktion, galt einige Zeit als die Essenz der Hypnose (Kossak, 1993), jedoch birgt<br />

ein Erfassen dieses Phänomens große praktische und psychometrische Probleme (Hilgard,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!