Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 82<br />
einer generellen Beeinträchtigung leiden gespeicherte Information abzurufen. Bei Alzheimer<br />
Patienten steht dagegen eher eine Beeinträchtigung von Speicher- und Kodierungsprozessen<br />
im Vordergrund. Vielleicht entspricht der zeitliche Gradient, der bei Erinnerungen von<br />
Alzheimer Patienten gefunden wurde, einem anterograden Lerndefizit, welches auf<br />
Kodierungsdefizite im frühen Stadium der Erkrankung zurückgeht. Parkinson Patienten<br />
zeigen, ähnlich den Alzheimer Patienten eine zeitlich abgestufte retrograde Amnesie (Hodges,<br />
1995; Brandt & Rich, 1995).<br />
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Demenzen kein homogenes Bild abgeben. Die<br />
unterschiedlichen Gedächtnisprofile lassen sich am Besten durch die neuroanatomische<br />
Lokalisierung der unterliegenden Pathologie erklären. Patienten mit einer Demenz vom<br />
Alzheimer Typ haben große Schwierigkeiten mit dem Kodieren und der Speicherung von<br />
Information, die dem episodischen Gedächtnis zugeordnet wird. Auch das semantische<br />
Gedächtnis ist beeinträchtigt und Intrusionen stellen ein charakteristisches Merkmal dieser<br />
Patientengruppe dar. Bei Aufgaben, die eine automatische Verarbeitung von Inhalten<br />
erfordert, und bei denen motorische und perzeptuelle Fähigkeiten im Vordergrund stehen,<br />
schneiden Alzheimer Patienten in der Regel gut ab. In der Erinnerung autobiographischer<br />
Ereignisse scheint eine gewisse zeitliche Abstufung vorzuliegen, die jedoch nicht ganz so<br />
ausgeprägt wie beim Korsakoff Syndrom ist.<br />
4.3 Amnesie aufgrund von Elektrokrampftherapie<br />
In den 20er Jahren schlug Von Meduna, ein ungarischer Psychiater, anhand klinischer<br />
Beobachtungen vor, das Herbeiführen von Krampfanfällen zur Beseitigung psychotischer<br />
Symptome einzusetzen. Obwohl die Elektrokrampftherapie (EKT) zuerst bei psychotischen<br />
Störungen, Schizophrenie und manisch-depressiven Störungen zur Anwendung kam,<br />
erbrachten Erfahrungen, daß EKT besonders in der Behandlung von Depressionen wirksam<br />
war. Eine neuere Studie ergab, daß EKT besonders bei Patienten erfolgreich ist, bei denen die<br />
Störung von Wahn und Retardierung begleitet wird (Buchan et al., 1992). Zur Zeit gilt eine<br />
Anwendung dann als indiziert, wenn ein unmittelbares Suizidrisiko besteht oder die<br />
Gesundheit des Patienten durch eine Verweigerung von Nahrungsaufnahme oder Flüssigkeit<br />
bedroht wird.<br />
Früher war die Prozedur für den Patienten riskant und sehr unangenehm. Nach der<br />
Entwicklung trizyklischer Antidepressiva kam die EKT kaum noch zur Anwendung.<br />
Gegenwärtig erfährt die Methode eine Renaissance und wird zusammen mit adäquater<br />
Anästhesie, Muskelrelaxantien und einer besseren Kontrolle der Intensität, mit der die<br />
Schocks verabreicht werden, angewandt.<br />
Die therapeutische Effektivität besteht in der Induktion eines cerebralen Grand Mal Anfalls,<br />
der anhaltend genug sein muß um überdauernde Veränderungen im Gehirn zu bewirken. Der<br />
Anfall wird durch einen elektrischen Schock ausgelöst, dazu werden bilateral oder unilateral,<br />
(in der Regel auf der rechten Seite) Elektroden angebracht. Welche der Anwendungen dabei<br />
effektiver ist, konnte bisher nicht definitiv geklärt werden. Der Tenor der Fachleute geht<br />
dahin, daß die Wahrscheinlichkeit ein gutes Ergebnis zu erzielen bei einer bilateralen EKT<br />
höher ist. Normalerweise besteht eine EKT Behandlung aus sechs bis 12 Anwendungen<br />
innerhalb von drei bis fünf Wochen (Cahill & Frith, 1995).<br />
Betrachtet man die Auswirkungen von EKT auf das Gedächtnis, muß man berücksichtigen,<br />
daß auch Depressionen mit Beeinträchtigungen des Gedächtnis in Verbindung gebracht<br />
werden. Das Gedächtnis aller Patienten die mit EKT behandelt werden ist also in gewissem<br />
Ausmaß durch Auswirkungen der Depression beeinträchtigt, zumal sich der Behandlung