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Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 116<br />

Dissoziation als Grundlegender Prozeß der PHA<br />

Das verblüffende an der PHA ist, daß Personen einen vom Hypnotiseur vorgegebenen Cue<br />

benutzen können, um Information mit diesem verbalen dargebotenen Cue zu assoziieren.<br />

Dieser Cue lenkt später, bei erneuter Darbietung, den Abruf der Information und führt zur<br />

Reversibilität, der Erinnerung vorher nicht abgerufener Information. Es stellt sich die Frage,<br />

ob ein nach der zu lernenden Information dargebotener Cue überhaupt wirksam den Abruf<br />

von Information organisieren kann.<br />

Diese Frage ist eindeutig zu bejahen. In Kapitel 3.3 wurde das Experiment von Gardiner,<br />

Craik und Birtwistle (1972) zur Aufhebung proaktiver Interferenz zitiert. Nachdem die Pbn<br />

drei Wortlisten der selben Subkategorie (wild wachsende Blumen) gelernt hatten, erhielten sie<br />

eine vierte Liste (Gartenblumen) dargeboten. Wurden die Pbn nicht auf den<br />

Kategorienwechsel hingewiesen, erhöhte sich die proaktive Interferenz weiter. Wurde jedoch<br />

der Kategorienwechsel angekündigt, stieg die Wiedergabe für die vierte Liste fast wieder auf<br />

das Niveau der ersten an. Dabei war es egal, ob der Cue (die neue Subkategorie) vor oder<br />

nach der Darbietung der Liste eingeführt wurde. Dieses Ergebnis zeigt, daß Cues im<br />

nachhinein den Abruf von Information organisieren können.<br />

Dafür sprechen auch Ergebnisse zum gelenkten Vergessen (s. Kap. 3.6). Bei einer Methode<br />

wird den Pbn nach Darbietung der Hälfte des Materials gesagt, sie könnten das Material<br />

wieder vergessen, da es nur zu Übungszecken dargeboten worden wäre. Diese Pbn erinnern in<br />

der Regel mehr Wörter aus dem zweiten Teil der Liste, als solche, die keine Instruktion<br />

bekommen den ersten Teil der Liste zu vergessen. Es kommt hier also auch nachträglich zu<br />

einem Cue, der die Information organisiert und sogar zur Reduktion der proaktiven<br />

Interferenz führt (Geiselman et al., 1983).<br />

Basden et al. (1994) verglichen PHA mit gelenktem Vergessen und stellten Unterschiede fest.<br />

Im Gegensatz zur PHA zeigten Hochhypnotisierbare, die sich der Prozedur des gelenkten<br />

Vergessens unterzogen, keine Reversibilität für die Inhalte. Die Wörter wurden entweder als<br />

„zu erinnernd“ (R-Wörter) oder als „zu vergessend“ (F-Wörter) gekennzeichnet (s.o.).<br />

Allerdings werden die Unterschiede damit begründet, daß Pbn, die eine PHA erhalten, mit der<br />

Suggestion gesagt bekommen, daß sie nachher einem Test für die zu vergessenden Items<br />

unterzogen werden, während das bei Instruktionen zum gelenkten Vergessen nicht der Fall ist.<br />

Dies könnte die Motivation F-Items zu behalten beeinflussen. Interessanterweise sind von<br />

Amnesie und Reversibilität auch Wörter betroffen, die als R-Wörter gekennzeichnet wurden<br />

und zwar fast in gleichem Ausmaß, wie F-Wörter. Scheinbar war es für die Pbn schwierig die<br />

Information zu gruppieren und so F- und R-Wörter zu unterscheiden. Das spricht dafür, daß<br />

der räumlich-zeitliche Kontext den entscheidenden Cue darstellt um die Wörter zu kodieren,<br />

später den Abruf zu lenken und somit PHA auf Abrufhemmung zurückgeht. Die Autoren<br />

kommen zu dem Schluß, daß PHA und gelenktes Vergessen unterschiedliche Auswirkungen<br />

auf die Gedächtnisleistung haben. Barber (1969) hat gezeigt, daß im Wesentlichen alle<br />

hypnotischen Phänomene auch mit Instruktionen und außerhalb des Kontext der Hypnose<br />

gezeigt werden können. Neuere Ergebnisse von Kirsch und Braffman (1999) zeigen, daß eine<br />

Hypnoseinduktion bei 29 % ihrer Pbn nicht zu einer Erhöhung der Suggestibilität, bei 25 %<br />

sogar zu einer Verringerung der Suggestibilität führt. Das kann auch bei sehr suggestiblen<br />

Personen der Fall sein, so daß gelenktes Vergessen auch auf Suggestionseffekte, allerdings<br />

nicht-hypnotische, zurückzuführen wäre. Schwieriger sind Ergebnisse zu erklären, die das<br />

Vergessen einer ganzen Liste instruieren. Hier wurden die Items bereits kodiert und es tritt<br />

keine Amnesie für das Wiedererkennen auf. Wie bei der PHA scheint es sich um ein<br />

Abrufproblem zu handeln. Jedoch ist die Amnesie, die bei diesem Vorgehen mit PHA erzielt<br />

werden kann, ausgeprägter und es kommt zur Reversibilität (Basden et al, 1994). Scheinbar<br />

fördert die durch die Hypnose gesteigerte Suggestibilität (alle Pbn waren hochhypnotisierbar)<br />

diese Unterschiede und die Suggestion kann von Pbn effektiver umgesetzt werden.

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