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Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 96<br />

Beobachtungen zeigen, daß Erwachsene, die als Kinder fortgesetzt traumatisiert wurden, unter<br />

einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses sowohl für autobiographische als auch für<br />

kulturelle Ereignisse leiden. Die Kombination von Lücken im autobiographischen Gedächtnis<br />

und dem fortgesetzten Anwenden von Dissoziation als einer Strategie um Konsistenz mit dem<br />

Selbstbild und der Umwelt zu bewahren, kann es erschweren Erfahrungen der Vergangenheit<br />

zu rekonstruieren aber auch die Gegenwart angemessen zu konstruieren (Putnam, 1997; van<br />

der Kolk, 1997).<br />

Dissoziation während des Traumas ist ein guter langzeit Prädiktor für das Ausbilden einer<br />

PTSD (z.B. Spiegel, 1991). Bei manchen Patienten enthalten traumatische Erinnerungen<br />

überhaupt keine explizite, verbale Komponente und das Gedächtnis organisiert sich<br />

vollständig auf einer impliziten oder perzeptuellen Ebene, ohne begleitende Narration<br />

darüber, was geschah. Während sich PTSD Patienten an traumatische Erfahrungen erinnerten,<br />

konnte mit bildgebenden Verfahren eine reduzierte Aktivität im Broca Areal beobachtet<br />

werden, der Struktur, die für die Übersetzung subjektiver Erfahrungen in Sprache am<br />

wichtigsten ist. Gleichzeitig zeigten Areale in der rechten Hemisphäre, die mit der<br />

Verarbeitung intensiver Emotionen und visueller Bilder in Verbindung gebracht werden, eine<br />

erhöhte Aktivierung (Rauch et. al., 1996).<br />

Personen die gelernt haben Traumata mit Dissoziation zu bewältigen, tun dies auch schon bei<br />

geringerem Streß. Traumata sind im Gedächtnis auf einer sensumotorischen und affektiven<br />

Ebene organisiert. Klinische Beobachtungen von traumatisierten Personen geben Auskunft<br />

darüber, wie deren Erfahrungen ursprünglich ohne eine semantische Repräsentation<br />

organisiert waren. Die sensorischen Komponenten des Traumas werden auf visueller,<br />

olfaktorischer, kinesthetischer, auditiver oder affektiver Ebene oft so erlebt, wie sie zum<br />

Zeitpunkt des Traumas waren. Selbst nachdem beträchtliche Zeit vergangen ist, und selbst<br />

nachdem die Erlebnisse in eine Narrative Form gebracht wurden, berichten die meisten Pbn,<br />

daß die Erlebnisse immer noch als Intrusionen in Form von sensorischen Wahrnehmungen<br />

und affektiven Zuständen auftreten. Dies widerspricht der gängigen Annahme, daß das<br />

Auftreten von Flashbacks verhindert werden kann, wenn traumatische Erfahrungen in<br />

Narrationen ausgedrückt werden können, (van der Kolk & Fisler, 1995).<br />

Nicht alle Personen, die ein schweres Trauma erleben, entwickeln eine Akute<br />

Belastungsstörung oder eine PTSD. Eine traumatische Situation wird durch den DSM-IV als<br />

ein Ereignis definiert, das von der Person erlebt oder beobachtet wurde und den tatsächlichen<br />

oder drohenden Tod oder ernsthafte Verletzungen oder eine Gefahr der körperlichen<br />

Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen enthält. Die Reaktionen der<br />

betroffenen Person umfassen dabei intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen.<br />

Das traumatische Ereignis scheint unauslöschliche Gedächtnisspuren zu hinterlassen. Es hat<br />

Eindrücke hinterlassen, die immer wieder ins Bewußtsein eindringen und die eine Person in<br />

ihrer Befindlichkeit wesentlich einschränken können. Oft stellen sich lebhafte Fragmente der<br />

Erinnerung in Form von visuellen Bildern 18 ein, die das Gesicht des Agressors oder eine<br />

Leiche darstellen können. Diese Visualisierung wird von negativen Gefühlen begleitet (z.B.<br />

Angst, Wut, Erregung und Hoffnungslosigkeit), die mit dem Trauma assoziiert werden. Durch<br />

die Intensität der Eindrücke ist es für die Betroffenen so, als würden sie das Trauma nicht nur<br />

erinnern sondern wiedererleben. Diese Gedächtnisphänomene werden auch Flashbacks oder<br />

Flashbulb Erinnerungen genannt. Die PTSD geht mit Vermeidungsverhalten einher, das<br />

Gedanken, Gefühle, Konversationen aber auch Aktivitäten, Orte und Personen betrifft, die<br />

Erinnerungen an das Trauma auslösen.<br />

Es erscheint Paradox, daß Personen durch wiederholte Erinnerungen an das Trauma<br />

beeinträchtigt werden, gleichzeitig aber wichtige Aspekte des Traumas vergessen. Meistens<br />

18 Das Wiedererleben in Form von visuellen Bildern ist am Häufigsten, jedoch kann sich die Erinnerung auch in<br />

anderen Modalitäten (z.B. olfaktorisch oder auch auditiv) manifestieren (Golier et al., 1997).

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