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Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 48<br />

sowie über den Anstieg der Herzrate verifiziert. Die Pbn wurden sowohl in freier Wiedergabe<br />

als auch in einem Test, in dem Kategoriennamen als Abruf-Cues dargeboten wurden, geprüft.<br />

Die besten Resultate bei der freien Wiedergabe erzielten diejenigen Pbn, die zu beiden<br />

Zeitpunkten nüchtern waren (M = 11,5 Wörter). Lernten die Pbn die Liste nüchtern, aber<br />

standen sie bei der Wiedergabe unter dem Einfluß von Marihuana war die Leistung mit M =<br />

9,9 Wörtern schlechter, was die allgemeinen Befunde über den Abruf unter der Wirkung von<br />

sedierenden <strong>Dr</strong>ogen bestätigte. Lernen unter dem Einfluß von Marihuana verschlechterte die<br />

Gedächtnisleistung noch stärker, wenn unter Plazebowirkung erinnert wurde (M = 6,7<br />

Wörter). Lernten und erinnerten die Pbn unter <strong>Dr</strong>ogeneinfluß, war Ihre Leistung jedoch<br />

signifikant besser als unter der zuvor aufgeführten Bedingung (M = 10,5 Wörter), allerdings<br />

schlechter als in der Plazebo/Plazebo Bedingung. Die Darbietung von Kategoriennamen als<br />

Cues eliminierte den zustandsabhängigen Effekt, der bei der freien Wiedergabe gefunden<br />

wurde. Ein pharmakologischer Zustand kann als somit als Abruf-Cue dienen, jedoch wird er<br />

durch effektivere Cues, wie den Kategoriennamen der zu erinnernden Wörter, überlagert.<br />

3.3 Interferenz<br />

Interferenz bezeichnet die Unfähigkeit ein Item zu erinnern, wenn es anderen Items ähnelt, die<br />

ebenfalls im Gedächtnis gespeichert sind. Vergessen scheint nicht durch den Erwerb neuer<br />

Information per se zu erfolgen, sondern durch Abrufversuche des neu gelernten Materials.<br />

Einige der Ergebnisse, die oben diskutiert wurden oder nachfolgend noch diskutiert werden,<br />

können auch als Auswirkungen von Interferenz betrachtet werden. Interferenz entsteht dann,<br />

wenn Lerninhalte durch zuvor oder danach gelernte Inhalte so beeinflußt werden, daß sie<br />

weniger zugänglich oder ungenauer werden als ohne diese anderen Inhalte. So können z.B.<br />

die hemmenden Effekte durch Part-Set-Cues als das Ergebnis retroaktiver Interferenz<br />

interpretiert werden, die entsteht, wenn nachfolgendes Lernen mit vorhergehendem<br />

interferiert (s. Kap. 3.4). Jedoch ist in diesem Fall, im Gegensatz zu den klassischen<br />

Interferenzstudien in der die interferierende Information aus neuer Information besteht, die<br />

der zuvor gelernten ähnelt, das interferierende Material Teil des ursprünglich gelernten<br />

Materials (Karchmer & Winograd, 1971). Auch das Paradigma, das Zeugenaussagen durch<br />

irreführende Fragen beeinflußt, stellt ein Beispiel für retroaktive Interferenz dar (s. Kap. 3.2).<br />

Proaktive Interferenz tritt dann ein, wenn zuvor gelerntes Material die Erinnerung (das Lernen<br />

und/oder den Abruf) von danach gelernten Inhalten beeinträchtigt (anstatt die neue<br />

Telefonnummer eines Freundes zu erinnern, fällt uns immer dessen alte Nummer ein). In der<br />

experimentellen Forschung wurde das Phänomen der proaktiven Interferenz durch<br />

Underwood (1957) bekannt. Er analysierte 14 Studien, in denen Listen von Items jeweils bis<br />

zur ersten perfekten Wiedergabe gelernt wurden. Dabei fand er heraus, daß sich die<br />

Wiedergabe für eine Liste in Abhängigkeit der zuvor gelernten Listen verschlechterte. Wurde<br />

keine Liste zuvor gelernt, erinnerten die Pbn einen Tag später durchschnittlich ca. 75 % der<br />

Items, hatten sie dagegen zuvor 20 Listen gelernt, erinnerten sie lediglich ca. 25 % der Items.<br />

Gardiner, Craik und Birtwistle (1972) konnten zeigen, daß proaktive Interferenz ein<br />

reversibles Phänomen darstellt. Sie boten ihren Pbn drei Listen derselben Kategorie, sogar der<br />

selben Subkategorie dar (wild wachsende Blumen). Eine vierte Liste enthielt zwar Items aus<br />

der gleichen Kategorie aber aus einer anderen Subkategorie (Gartenblumen). Wurden die Pbn<br />

nicht auf einen Kategorienwechsel hingewiesen, so nahm die Wiedergabeleistung als Folge<br />

proaktiver Interferenz von der ersten zur vierten Liste linear ab. Wurde der<br />

Kategorienwechsel angekündigt, so stieg die Erinnerungsleistung für die vierte Liste fast<br />

wieder auf das Niveau der ersten Liste. Dabei war es egal, ob der Cue (neue Subkategorie)<br />

vor oder nach der Darbietung der Liste eingeführt wurde.

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