Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 95<br />
diagnostischen Kriterien, nur daß sie schon nach zwei Tagen gestellt werden kann, während<br />
bei der Posttraumatischen Belastungsstörung die Symptome vier Wochen andauern müssen.<br />
In diesem Kapitel soll das Hauptaugenmerk auf dem Vergessen von Aspekten der<br />
traumatischen Situation liegen. Zu dem Phänomen des Wiedererlebens von Inhalten des<br />
traumatischen Ereignisses sei der interessierte Leser auf das Buchvon Putnam (1997), sowie<br />
auf Übersichtsartikel von Golier, Yehuda und Southwick (1997) und von van der Kolk (1997)<br />
verwiesen.<br />
Da es unmöglich ist, in einem experimentellen Setting Pbn mit lebensbedrohlichen Stimuli zu<br />
konfrontieren, stellt sich die Frage, ob Laborexperimente mit gesunden Pbn überhaupt eine<br />
Relevanz für die Erforschung der PTSD haben.<br />
Nach der Evakuierung von Dünkirchen berichteten Sargeant und Slater (1941), daß 144 von<br />
1000 Zugängen in einem Feldlazarett für ihr Trauma amnestisch waren.<br />
Eine Studie von Loftus, Polensky, Fullilove (1994) ergibt, daß 19 % einer Stichprobe von<br />
sexuell mißbrauchten Frauen, während einer gewissen Zeitspanne amnestisch für die Vorfälle<br />
waren und daß weitere 22 % große Lücken für den Mißbrauch aufweisen.<br />
Die Genauigkeit von Erinnerungen hängt davon ab, wie emotional aktivierend die Erfahrung<br />
für die Person ist. Die Erinnerung an persönlich sehr signifikante Ereignisse, ist üblicherweise<br />
sehr genau und bleibt dies auch über die Zeit hinweg.<br />
Bei Erinnerung an Traumen stehen emotionale und sensorische Elemente im Vordergrund,<br />
deklarative Elemente scheinen dagegen kaum ausgebildet. Schacter (1987) führt Fallbeispiele<br />
von Janet als Beleg für die Wirkungsweise des impliziten Gedächtnisses auf. Möglicherweise<br />
werden traumatische Erinnerungen aufgrund des verstärkten Aufmerksamkeitsfokusses oder<br />
der Interferenz von extremer emotionaler Erregung mit hippocampalen Gedächtnisfunktionen<br />
anders kodiert als gewöhnliche Gedächtnisinhalte.<br />
Van der Kolk (1997) teilt Gedächtnisbeeinträchtigungen durch Traumata in vier Klassen ein:<br />
traumatische Amnesie, allgemeine Beeinträchtigung des Gedächtnisses, dissoziative Prozesse<br />
und sensumotorische Organisation traumatischer Erinnerungen. Alle Arten traumatischer<br />
Ereignisse, zumindest mit partieller Amnesie einhergehen können. Besonders häufig wurden<br />
sexueller Mißbrauch in der Kindheit, Augenzeuge eines Mordes oder Selbstmordes eines<br />
Familienmitglieds und Kriegserlebnisse genannt. Sie fanden, daß lateinamerikanische<br />
Einwanderer eine drei mal höhere Wahrscheinlichkeit aufzeigten eine Amnesie zu entwickeln,<br />
als Bürger europäischer Abstammung. Schacter (1986) zeigt auf, daß auch Mörder teilweise<br />
für ihre Tat amnestisch sind.<br />
Traumatische Amnesie scheint vom Zeitpunkt und von der Dauer des Traumas abzuhängen.<br />
Je jünger Personen sind, wenn sie das Trauma erleben, und je länger das traumatische<br />
Erlebnis anhält, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, daß sich eine ausgeprägte Amnesie<br />
entwickelt (s. Übersicht bei van der Kolk, 1997).<br />
Die Amnesie kann über Stunden, Wochen oder Jahre anhalten. Im Allgemeinen wird der<br />
Abruf der traumatischen Erfahrungen durch sensorische oder affektive Stimuli ausgelöst, die<br />
denjenigen sensorischen oder affektiven Aspekten entsprechen, die mit der traumatischen<br />
Situation verbunden sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß Angst nicht der einzige Auslöser<br />
für den Abruf ist. Jeder Affekt der mit einer besonderen traumatischen Erfahrung verbunden<br />
ist, kann als Cue den Abruf mit dem Trauma verbundener Empfindungen auslösen. Dazu<br />
gehören, im Fall von Mißbrauch und Vergewaltigung, auch Zärtlichkeit, Intimität und<br />
sexuelle Erregung.<br />
Die Mechanismen für eine allgemeine Beeinträchtigung des Gedächtnisses nach<br />
traumatischen Erfahrungen werden noch immer nicht gut verstanden. Besonders bei<br />
kindlichen Traumata wird der Sachverhalt besonders kompliziert, da Kinder noch nicht die<br />
Fähigkeit haben kohärente Narrationen ihrer Erfahrungen auszuformen. Klinische