Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen
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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 36<br />
erworbene Engramme systematisch in bereits vorhandene Engramme eingebaut werden und<br />
es somit nicht zu einem Zusammenbruch bereits verfügbarer Engramme kommt (Rösler,<br />
1997).<br />
Engramme sind nicht statisch, wie etwa ein fotografisches Abbild, sondern dynamische<br />
Entitäten. Ein Erregungsmuster wird entweder extern durch Reize aus der Umwelt oder intern<br />
durch bereits vorliegende Aktivitätsmuster getriggert. Beim Lesen etwa wird ein<br />
Erregungsmuster durch das gedruckte Wort erzeugt, das seinerseits ein Muster auf der<br />
Ausgangsseite anstößt, nämlich das motorische Programm zum Aussprechen des Wortes.<br />
Zielgerichtete Handlungen entsprechen somit Sequenzen von Erregungsmustern, wobei ein<br />
vorangehendes Muster als Trigger für ein nachfolgendes Muster fungiert.<br />
Daß Aktivationsmuster bei einem Gedächtnisabruf in genau jenen kortikalen Gebieten erzeugt<br />
werden, in denen die betreffenden Merkmale auch bei einer perzeptuellen Analyse verarbeitet<br />
werden meinen, van Essen, Anderson und Felleman (1992). Bei einem Gedächtniszugriff auf<br />
visuelle Information werden Aktivierungsmuster in den zahlreichen visuellen<br />
Projektionszentren des okzipitalen, parietalen und temporalen Kortex erzeugt. Es wird somit<br />
zwischen Strukturen unterschieden, die gleichermaßen für die Verarbeitung und die<br />
Repräsentation bestimmter Merkmale zuständig sind (z.B. Farbe, Form, Ort). Die<br />
Unterscheidung zwischen Langzeit- und Arbeitsspeicher bezieht sich nur noch auf den<br />
jeweiligen Zustand der Gedächtnisrepräsentation (aktiviert versus nicht aktiviert). Es scheint<br />
aber ebenfalls klar zu sein, daß unterschiedliche Areale an Kodierung und Abruf beteiligt<br />
sind: So zeigen Nyberg, Cabeza und Tulving (1996), daß linke präfrontale Areale an<br />
effektiven Kodierungsprozessen beteiligt sind, während der Abruf der selben Info über rechte<br />
präfrontale Areale realisiert wird.<br />
Ein Gedächtnisinhalt besteht somit aus Repräsentationsfragmenten die an verschiedenen<br />
Stellen des Nervensystems lokalisiert sind. Die definierenden Eigenschaften konkreter<br />
Nomina sind sehr wahrscheinlich durch perzeptuelle Repräsentationsfragmente, die<br />
definierenden Eigenschaften von Verben durch motorische Repräsentationsfragmente<br />
verfügbar (Damasio & Tranel, 1993). Auf die Erinnerung wird zugegriffen, indem die<br />
Repräsentationsfragmente gleichzeitig aktiviert werden.<br />
Oszillatorische Erregungsmuster, die aufgrund gegebener synaptischer Übergänge erzeugt<br />
werden, rufen die Aktivierung hervor. Die Zusammenbindung, der an verschiedenen Orten<br />
zugleich erzeugten Aktivierungsmuster, kann über eine Phasenkopplung der Oszillation<br />
zustande kommen (z.B. W. Singer, 1990). Die Synchronistation der Erregungsmuster könnte<br />
entweder durch vor- und rücklaufende Verbindungen zwischen kortikalen Arealen geleistet<br />
werden oder aber durch sogenannte Konvergenzzonen, von denen Kopplungsverbindungen in<br />
unterschiedliche kortikale Areale ausstrahlen.<br />
2.4.2 Die Wirkungsweise von Modulen und zentralen Systemen als Grundlage zur<br />
Unterscheidung von implizitem und explizitem Gedächtnis<br />
Nachdem nun die anatomischen Strukturen beschrieben wurden, die an Gedächtnisfunktionen<br />
beteiligt sind, soll nun erläutert werden, wie diese Strukturen miteinander in Beziehung<br />
stehen. Nach Fodor (1983, 1985) geht Kognition auf die Aktivität von Modulen und zentralen<br />
Systemen zurück. Module und zentrale Systeme sind Verarbeitungseinheiten, die voneinander<br />
anhand folgender Kriterien unterscheiden werden können: Bereichsspezifität, Einkapselung<br />
der Information oder kognitive Undurchdringbarkeit und flacher Output. Module müssen alle<br />
drei Kriterien erfüllen, zentrale Systeme dagegen keines davon. Module verarbeiten<br />
Information aus lediglich einem spezifischen Bereich, während zentrale Systeme Information<br />
über unterschiedliche Bereiche integrieren. In Modulen ist die Information eingekapselt, so