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Dekan: Prof. Dr. Martin Hautzinger - Universität Tübingen

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Clemens Krause: Posthypnotische Amnesie für therapeutische Geschichten 67<br />

Feedback über die Persönlichkeit), der mit dem gelernten Material in Zusammenhang<br />

gebracht wurde. Dadurch sollte das ursprünglich neutrale Material angstbesetzt werden.<br />

Bei einem anschließenden Wiedergabetest erinnerten die Pbn der Streßbedingung weniger<br />

als die Kontrollgruppe, die keinem Streß ausgesetzt wurde. Nun wurde der Streß wieder<br />

beseitigt, indem die Pbn der Experimentalbedingung positives Feedback erhielten. Ein<br />

erneuter Wiedergabetest zeigte sich dann eine verbesserte Wiedergabe des Materials und<br />

es gab keine Unterschiede in der Gedächtnisleistung, verglichen mit der Kontrollgruppe<br />

(z.B. Holmes, 1972). Es ist aber auch in diesem Fall nicht gesagt, daß Verdrängung diese<br />

Effekte verursacht. Denkbar wäre auch, daß die Wiedergabe des Materials mit dem Streß<br />

interferierte. So kann eine Versagenssituation einen Zustand provozieren, welcher das<br />

Testergebnis durch das Auslösen konkurrierender Reaktionen beeinflußt. Ein anderes<br />

Ergebnis zeigte außerdem, daß auch sehr positives Feedback die Gedächtnisleistung im<br />

Vergleich mit einem neutralen Feedback verschlechterte. Deshalb sind wohl doch eher<br />

Interferenzeffekte für die schlechtere Wiedergabe unter Streß verantwortlich. Dafür<br />

spricht auch die Tatsache, daß Wörter, die einen Bezug zum induzierten Streß hatten,<br />

nicht eher vergessen wurden als neutrale Wörter.<br />

• Auswirkung von individuellen Unterschieden auf Verdrängung: Ein individueller<br />

Unterschied, der angeführt wird, um unterschiedliche Tendenzen zu erklären, Inhalte zu<br />

verdrängen, ist der zwischen „Verdrängern“ und „Sensitivierern“ (Byrne, Barry & Nelson,<br />

1963). Anhand bestimmter Items des Minnesota Multiphasic Personality Inventory<br />

(MMPI) werden die Personen gefragt, ob sie gewisse Symptome bei sich feststellen.<br />

Diejenigen, die eine besonders niedrige Anzahl von Symptomen berichten, gelten als<br />

„Verdränger“; diejenigen, die eine besonders hohe Anzahl von Symptomen berichten, als<br />

„Sensitivierer“. Die Scala klassifiziert allerdings Personen, die tatsächlich keine<br />

Symptome haben und deswegen auch keine berichten, fälschlicherweise als Verdränger.<br />

Deshalb sind die Ergebnisse auch nicht besonders aussagefähig. Andere individuelle<br />

Unterschiede, die konsistent gefunden wurden, zeigen, daß Personen mit hohem Anspruch<br />

an die eigene Leistung unter großem Streß mehr unvollendete Aufgaben erinnern als unter<br />

geringem Streß. Es scheint so, als ob diese Personen mehr über ihr Versagen nachdenken,<br />

wenn sie mit unlösbaren Aufgaben konfrontiert werden; ein Ergebnis, das der Theorie der<br />

Verdrängung widerspricht (z.B. Weiner, 1965). Ein weiterer Ansatz mißt soziale<br />

Erwünschtheit und Angst. Personen, die ein hohes Maß an sozialer Erwünschtheit zeigen<br />

und niedrige Angstwerte aufweisen werden als „Verdränger“ klassifiziert und berichten<br />

seltener als andere Pbn über unangenehme, streßreiche Ereignisse. Trotzdem zeigen diese<br />

Personen eine höhere physiologische Erregung beim Berichten der Ereignisse. Wäre das<br />

Material verdrängt, dürften sie sich dessen nicht bewußt sein und folglich auch keine<br />

Erregung zeigen. Somit scheint es sich hier eher um einen anderen Abwehrmechanismus,<br />

nämlich Verleugnung zu handeln (Holmes, 1990).<br />

• Wahrnehmungsabwehr: Diese betrifft das Phänomen der primären Verdrängung, d.h. ein<br />

Stimulus wird gar nicht erst als bedrohlich wahrgenommen, sondern gelangt direkt ins<br />

Unterbewußte. Ergebnisse konnten zunächst zeigen, daß Wörter, die Streß induzieren,<br />

länger dargeboten werden müssen, bevor sie die Pbn identifizierten. Es stellte sich jedoch<br />

heraus, daß diese Wörter weniger geläufig waren als die neutralen Wörter. Zudem bestand<br />

die Tendenz, Wörter, die Streß induzieren und teilweise obszön waren, erst genau zu<br />

identifizieren, bevor sie benannt wurden. Wurde der Einfluß dieser Variablen<br />

ausgeschaltet, verschwanden auch die Effekte.<br />

Erdelyi (1990) ist der Meinung, daß Ebbinghaus 1885 die erste experimentelle Studie<br />

veröffentlichte, die zeigte, daß Verdrängung Amnesie erzeugen kann. Die Vergessenskurve<br />

von Ebbinghaus zeigt, daß wir mit dem Verstreichen von Zeit vergessen. Jedoch deuten<br />

Ergebnisse von Erdelyi und Kleinbard (1978) in eine völlig andere Richtung. Sie erhielten

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