13.07.2015 Aufrufe

GESAMTAUSGABE GRUNDPROBLEME DER PHÄNOMENOLOGIE ...

GESAMTAUSGABE GRUNDPROBLEME DER PHÄNOMENOLOGIE ...

GESAMTAUSGABE GRUNDPROBLEME DER PHÄNOMENOLOGIE ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

20 Historische Überschaualles und jedes (Erlebbare) streng wissenschaftlich erkennen,d. h. das genuine Erleben durch theoretisches Erkennen aufbessern,vertiefen oder gar er-setzen [als könnte man z. B. durchPhänomenologie eine höhere Stufe und Lebendigkeit von Religiositäterreichen u. ä.]. Die Phänomenologie bekämpft geradeden absoluten Rationalismus, den Rationalismus überhaupt injeder Gestalt. Sie bekämpft auch jedes verworrene Stammelnmit irrationalistischen »Urworten« in der Philosophie. Sie läßtüberhaupt die Scheidung von Rationalismus und irrationalismus,in der man heute beliebterweise alles unterbringt, als einegrundverkehrte verstehen. Sie bewegt sich aber nicht etwa aufeinem mittleren Weg - eine Art »Vermittlungsphilosophie« -,sondern radikal in einer ganz ursprünglichen Richtung, die diesembeliebten Gegensatz überhaupt nicht begegnet. Eine weiteHilflosigkeit liegt über allem heutigen Leben, weil es sich entfernthat von den echten Urquellen seiner selbst und lediglichan der eigenen Peripherie abläuft. Typisch: die Schreibereienüber den Sinn der Kultur und die Kulturprobleme - wie mansich's denkt aus einer Froschperspektive, wie man es machensollte, wenn man spintisiert über Kulturprobleme, statt aktivund schöpferisch eine neue Kultur zu schaffen. Das gilt auchvon den Wissenschaften. Ihrem Bankrott kann man nicht soaufhelfen, daß man prophetisch redet und sich als ihr »Feind«in Pose setzt und sie durch Religion er-setzt, sondern nur so,daß die verschüttete Idee selbst wieder ans Licht gebracht undWissenschaft wieder wird eine Lebensform, nicht ein Handwerkund Geschäft.Wir sind heute so sehr durch eine unechte Begrifflichkeitmißleitet und verdorben, daß man nicht einmal mehr dieMöglichkeit sieht, aus dieser bis an die Wurzeln greifenden wissenschaftlichenVerdorbenheit herauszukommen. Es ist abergerade notwendig für die Phänomenologie und diejenigen, die[ ... ]* daran mitarbeiten, sich klar in die Aufgabe einzustellen,• runleserliches Wort 1§ 4. Verunstaltungen der Phänomenologie 21weshalb eine gewisse Breite und Umständlichkeit einleitendnicht vermieden werden soll. Falsche Erwartungen, mit denenman eventuell an die Phänomenologie herankommt, müssengleich anfangs entwurzelt werden. (»Bilde Künstler, redenicht!«)Gewisse hemmende, aber versteckte, daher gefährlichereMotive, die sich immer wieder in den echten Zug der Problematikhereindrängen, müssen schon in den Anfängen als solchegekennzeichnet werden. Sie ergeben sich allerdings selbst erst,d. h. die Erkenntnis ihrer Unechtheit und die Notwendigkeitihrer Vernichtung, aus und im Fortgang der phänomenologischenForschung. Wieder der »Zirkel«, der den Laien irritiert.Ein besonders verstecktes, die philosophischen Problemeaber wie selbstverständlich vor-bestimmendes Motiv ist dieüberlieferte, zuweilen nur leicht verschobene Einteilung, Anzahlund Ordnung der philosophischen Disziplinen. Manspricht vom Wahren, Guten, Schönen als den höchsten Werten,den letzten Ideen und ordnet ihnen zu die philosophischen DisziplinenLogik, Ethik, Aesthetik. Den Ideen entsprechen dreiverschiedene Betätigungsweisen der Seele: Verstand, Wille, Gefühl.Die muß dann die Psychologie als Grund- oder Vorwissenschaftder erstgenannten studieren, und dann kommt das berühmteEinheitsbedürfnis der Vernunft hinterher, steckt alle inden einen Sack: die Religionsphilosophie oder Metaphysik - dieKrone der philosophischen Disziplinen, wo dann erst recht »gewurstelt«wird. Will man ganz modern sein, dann bringt mannoch Geschichtsphilosophie irgendwie unter, oder alles in ihr,oder man »fundiert« die Logik in der Ethik - oder ähnliche Variationen.Je nachdem entwirft man dann von hier aus ein System derWissenschaften überhaupt von der Art, wie wir fast jedes Jahrirgendeines vorgelegt bekommen, und der betreffende Philosophist dann plötzlich baß erstaunt, daß sich die Wissenschaftengar nicht um sein System kümmern, keine Lust verspüren,über Nacht in den von ihm erfundenen Rahmen sich einzufü-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!