106 Bereitung des Eifahrungsbodensantwortet mir jemand: »Ja, ich saß neulich mit ihm abends imCafe Schanz«, oder: »Er hat dieser Tage ein bedeutendes Bucherscheinen lassen.« Das Gesagte erfahrend, erfahre ich seineExistenz, nicht so, daß ich auffasse und daraus schließe: Also ister wirklich in Raum und Zeit wie der Mars oder der Feldberg,sondern die Existenzerjahmng endigt und genügt sich in der Bedeutsamkeitscharakteristik.2So existiert faktisch die Begeisterung des erzählenden Herrnhinterm Ladentisch; die Mutlosigkeit des anfangenden Phänomenologen ; die Unartigkeit des Straßenjungen; die Verliebtheiteiner Bekannten und ähnliches; mein Versagen im Ausdruck;mein momentaner Ärger darüber; meine Müdigkeit. Der Sinnvon »Existenz« liegt im faktischen Leben in den aktuell erfahrenen,erinnerten oder erwarteten Bedeutsamkeiten, so daß dasso und so bestimmte erinnerungs- oder erfahrungs- oder erwartungsmäßigeErfahren in einer vollen konkreten Einheit sichvollzieht (geöffnete Situation). Auch wo in bestimmt Erfahrenemtheoretische Momente stecken, sind diese einschlußweiseda, eingegangen in die jeweils lebendige Bedeutsamkeit. Siekommen ihrem Eigen-Sinn nach nicht zum Recht; entsprechendist auch phänomenal kein theoretisches Verhalten aufweisbar.Sie werden nicht im »Als« der theoretischen Gegenständlichkeitgemeint - so, wenn man sagt, man gebrauchtschon im täglichen Leben bestimmte Begriffe, aber nicht alsBegriffe.Alles Erfahren steht in dieser Charakterisierung und bedarfdaher nur dieser Weise des Erfahrens. Auch das >etwas
I108 Bereitung des Eifahrungsbodensschungen beim Hinsehen auf die in Betrachtung stehendenPhänomene ist wichtig, daß gerade die phänomenalen Charakterein ihrer Nichtabgehobenheit als im aktuellen Erfahrennicht noch akzessorisch Mitgemeinte gesehen werden; daß manalso die ausgedrückte, dargestellte phänomenologische Sichtigkeitnicht umdeutet in eine phänomenale Gewußtheit und beimNichtvorfindenkönnen dieser schließt auf eine phänomenologischeTäuschung und Konstruktion!Wenn also eine Reihe von lebendigen Erfahrungszusammenhängenbezüglich des immanenten Sinnes der erfahrenen Weltwirklichkeitphänomenologisch durchforscht werden und gesagtwird: »Ich halte aber doch nicht alles und jedes, was icherfahre, für bedeutsam, habe kein ausdrückliches Bedeutsamkeitsbewußtsein«,so ist das: 1) kein Einwand gegen dieausgesprochene These, denn so etwas dürfte gerade nicht gesagtwerden, sofern der ganz unreflektierte Charakter desim faktischen Lebenszuge Erfahrenen ergriffen werden sollte;2) nur ein Anzeichen dafür, daß das Phänomen, die Bedeutsamkeitselbst, nicht ursprünglich gesehen ist, vor allem nicht inseinem unangetasteten Leben, d. h. in seinem Lebenszusammenhang.4 Dieser gehört selbst zum faktischen Leben an sichoder ist es geradezu. Die ständig offenen, wenn auch nicht aktuellgewußten Erwartungshorizonte, die merkwürdig vorzeichnenden,aus der irgendwie vorgezeichneten Zukunft motivierendenTendenzen lassen das faktische Leben jeweils aufgehenin seinem Erfahrenen, das als solches den Sinn von Bedeutsamkeithat. Das Zu-fällige im Leben, das Überraschende, Neuesind charakterisiert als phänomenal in verschiedener Weiseherausfallend oder einfallend aus und in den jeweiligen Erwartungszusammenhang,der seinerseits vom faktischen Leben getragenist.§ 24. Zur Bedeutsamkeit der LebenseifahrungEs ist also nicht so, daß das faktische Welterfahren bezüglichdes Sinnes von Wirklichkeit, in dem es lebt, phänomenal charakterisiertwerden dürfte als Urteil über den Wert oder die besondereBedeutung des gerade Erfahrenen. Abgesehen davon,daß hieraus das zu Klärende geradezu als erklärende Voraussetzungseiner selbst genommen würde, und abgesehen davon,daß so etwas phänomenal nicht aufweisbar ist - daher in unsererThese, wie oben klargestellt, nicht gesagt wurde -, ist Bedeutsamkeithier fälschlicherweise genommen als konstitutivesKorrelat eines Wertnehmens oder Wertung oder gar ausdrücklichenWertbeurteilung 5 .G~wiß sp~elt das Wertnehmen, aber wieder als unabgehobenes,1m faktIschen Erfahren eine beherrschende Rolle und leitetdi~ Aufbau.gestalten und Erfahrungswelten und hat gerade beisemer faktIsc.hen Unabgehobenheit einen innigen Sinnbezugzum Grundsmn der faktischen Erfahrungswirklichkeit. DerSi~n >Bed:utsamkeit