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GESAMTAUSGABE GRUNDPROBLEME DER PHÄNOMENOLOGIE ...

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6 Historische ÜberschauAm radikalsten hat sich aber der Radikalismus der Phänomenologieauszuwirken gegen sie selbst und alles, was als phänomenologischeErkenntnis sich äußert.Es gibt kein iurare in verba magistri innerhalb der wissenschaftlichenForschung, und das Wesen einer echten Forschergenerationund Generationsfolge liegt darin, daß sie sich nichtan die Randbezirke der Spezialfragen verliert, sondern neu undecht auf die Urquellen der Probleme zurückgeht und sie tieferleitet.Damit ist zugleich angedeutet, daß die Stetigkeit phänomenologisch-philosophischerForschung einen eigenen Charakterhat und nichts zu tun hat mit der Nachahmung der Fortschrittsformender Einzelwissenschaften, z. B. der mathematischenNaturwissenschaft. Husserls Aufsatz: »Philosophie als strengeWissenschaft«' wird meist in diesem Sinne mißverstanden; dasum so leichter, als Husserl selbst gern und häufig an der mathematischenNaturwissenschaft exemplifiziert.§ 2. Standpunkte, Richtungen, Systeme der gegenwärtigenPhilosophieGerade weil es die Absicht dieser Vorlesung ist, nur an ganzwichtigen Stellen in kritische, die Problematik selbst befruchtendeAuseinandersetzungen einzutreten, soll ihr eine umschauhaltende,lediglich historisch feststellende Vorbetrachtunggegeben werden, dergestalt allerdings, daß sie exoterischerweisedie esoterische Disposition des phänomenologischen Problembewußtseinsanklingen läßt.Die Überschau soll betrachten: die Philosophie der Gegenwartim Ganzen. Das alles jedoch nur in der vorläufigen Gestaltdes rohen und handgreiflich Charakteristischen, ohne Einge-3 E. Husserl, Philosophie als strenge Wissenschaft. In: Logos. Intern. Zeitschriftfür Philosophie der Kultur. Bd. 1 (1910/11), S. 289-341.§ 2. Standpunkte, Richtungen, Systeme 7hen auf den bestimmten Inhalt der Lehren, also mehr ein Hinweisauf ihr überhaupt charakteristisches Vorhandensein undWirken im geistig philosophischen Leben der Gegenwart.[Wenn ich also das »System« irgendeines Philosophieprofessorsoder Privatdozenten nicht namhaft machen sollte, dann müssenSie das allerdings nicht nur der Kürze der Zeit zugute halten.Ebensowenig werde ich auf ganz »linkische« Formen der Phänomenologieeingehen.] Im besonderen dann sehen wir zu, wassich heute unter der Bezeichnung »Phänomenologie« gibt, woechte Ansätze und Motive lebendig sind und wo es lediglich soaussieht »als ob«.Eine unter der Leitidee wissenschaftlich philosophischer Forschungins Werk gesetzte Orientierung innerhalb der gegenwärtigenPhilosophie gibt folgendes Bild der Standpunkte,Richtungen und Systeme:Zunächst ist zu beachten der immer noch steigende Einflußder platten Unphilosophie des kritischen Realismus, der sich- um ihn mit der Phrase am besten zu charakterisieren - »allseitigerBeliebtheit erfreut«, und das zwar vor allem bei denVertretern der Einzelwissenschaften (Natur- und Geisteswissenschaften),die in ihm eine willkommene und beruhigende philosophischeBestätigung ihres eigenen Tuns begrüßen. Es ist derStandpunkt des mißdeuteten Aristoteles, die Philosophie des gesundenMenschenverstandes, die vielbegehrte Vorspanndiensteleistet der heute gänzlich verlotterten systematischen Theologiebeider Konfessionen. Es ist die Philosophie, für die alle Fragenirgendwie sich herleiten aus der oder zurücklaufen in dieFrage, ob die Außenwelt nun wirklich existiert oder nicht, unddie dem beunruhigten Bürger immer neue wissenschaftlicheBeweise liefert, daß die Welt »in Tat und Wahrheit« existiert.Also eine, wie man sagt, »erkenntnistheoretische« Richtung -neben anderen. Damit ist angezeigt, daß erkenntnistheoretischeFragestellungen die heutige Philosophie charakterisieren. Dashängt zusammen mit der Art und Weise, in der die Neubelebungder Philosophie im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts

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