150 Bekundungsschichten des Lebensstorische Disziplinen, die ihren Gegenstand als vergangenen gegenständlichhaben oder ihn sich gegenständlich machen. Dasist aber nur eine Komplizierung der Ausdruckszusa~m~nhänge,die wissenschaftliche Einstellung auf die Welt mIt sIchbringt. . .,Daß sich irgendetwas, etwas Erlebtes, immer ~rgenduJl~ gtbt(was mir begegnet - ich selbst, der ich mir verschIed~nartIg .. begegne),können wir auch so formulieren, daß es ersch~m~, Phanomenist. Mehr darf vorläufig nicht in den Ausdruck hmemgedeutetwerden und es dürfen sich darin auch nicht versteckterweisefestsetzen 'Bedeutungen, die aus irgendwelchen Philosophienoder philosophisch erkenntnistheoretischen St~n~punkten bekanntsind, sondern Phänomen meint jetzt ledIghch den nochganz vagen, aber aus der Anschauung geschöpften.Be:undungscharakter,den alles, dem wir lebend begegnen, zeIgt.b) Der Bekundungszusammenhang der NaturwissenschaftenDenken wir an die biologischen Disziplinen, die heute unterdem allgemeinen Namen beschreibende Naturwiss~nscha~tenbekannt sind und sehen nicht auf das Faktum und dIe faktIschjeweils ausgesprochenen Einstellungstendenz~n,. ~ondern ac~tenwir auf die Grundmotive, irgendwie den pnmitIven und fruhergebildeten Lebensgestalten nahezukommen, so ergebensich mit dieser Tendenz neue Gestalten von Bekundung undAusdruck, die aus sich selbst heraus verstanden werden müssendie man nicht erklären darf durch Beistellung von mehrod~r minder gewagten Analogien mit den mathematischen Naturwissenschaften.76 Nochmals beachten: Vorfindlichkeiten können treten in die Funktion von»Quellen für« - Indikatoren. Es sind noch andere möglich.I7 Schief! und unscharf! Zusammenhang mit dem Vorhergehenden und Fo -genden nicht klar. Organismus (Leben); Historische Bekundungsform - »Quellen«des Rückganges - der Einfühlung!' (Vgl. Kroner, Das Histori~che ~nd (heBiologie!) r = Hinweis auf Kroner, Das Problem der historischen BIOlogIe. Berlin1919.]§ 11. Wissenschaft als Ausdruckszusammenhang 51Aber auch da begegnen wir und zwar einem ganz besonderenBekundungszusammenhang, einem solchen, den man auchheute noch gern, trotz seiner beschränkten Eigentümlichkeit,zum Prototyp von Bekundung machen möchte. Man spricht geradein diesem engen Bezirk wissenschaftlicher Einstellung, derin einem bestimmen Sinne seinem Gegenstandsgebiet nachallerdings die ganze Welt umfaßt, was immer wieder und ganzversteckterweise zu verkehrten Verabsolutierungen und unechtenRangordnungen führt - gerade in der mathematischen Naturwissenschaftist die Rede von Phänomen, Erscheinung. DerAusdruck hat hier eine ganz bestimmte Nuanciemng erfahren,z. T. unter der Nachwirkung bestimmter erkenntnistheoretischerGesichtspunkte.Man bezeichnet die Naturwissenschaft (und denkt dabei vorallem an die mathematische Physik) als Wissenschaft nicht vonden Körpern, sondern von den physischen Phänomenen, in denensich die Natur bekundet, erscheint. Der Naturwissenschaftler,sagt man, geht aus von den gegebenen Dingen, ihren Eigenschaften,Zusammenhängen, den farbigen, tönenden, warmenusf. Dingen, so, wie sie in der »unmittelbaren äußeren Erfahrung«gegeben sind. Diese Welt, die sich in der sinnlichen Anschauunggibt, ist für den Physiker die phänomenale Welt, sofernsich in ihr die Natur als Gegenstand seiner Wissenschaftdarstellt. Zwar kehrt der Physiker immer wieder auf diese Weltder gegebenen Phänomene zurück, nimmt von ihnen den Ausgang,sie ist aber subjektiv, bloße Erscheinung, aber so, daß deranschauliche Gehalt als wirklich aufgefaßt wird. Es ruht aufihm gleichsam der Glaube, das anschaulich Gegebene und dassich in ihm Gebende ist real.»Die Phänomene des Lichtes, des Schalles, der Wärme, desOrtes und der örtlichen Bewegung, von welchen er handelt,sind nicht Dinge, die wahrhaft und wirklich bestehen. Sie sindZeichen von etwas Wirklichem [ ... ] An und für sich tritt das,Was wahrhaft ist, nicht in die Erscheinung, und das, was erscheint,ist nicht wahrhaft. Die Wahrheit der physischen Phäno-
52 Bekundurzgsschichten des Lebensmene ist, WIe man sich ausdrückt, eine bloss relative Wahrheit«ßDiese Realitätsthesis bezüglich der Dinge bleibt für den Physikererhalten, auch wenn das Beschaffensein der Dinge, so, wiees anschaulich sich darbietet, subjektiv wird, bloße Erscheinung.Das Beschaffensein wird und soll von der Physik geradeobjektiv bestimmt werden in bestimmten Begriffen und Urteilen.Realität ist hier Korrelat normaler, nicht in Widerstreit geratenderErfahrung. Was den Charakter des vermutlich odergar nichtigen Scheins trägt, so sehr es sinnlich anschaulich sichgeben mag, ist kein echter Erfahrungsboden der Naturwissenschaft.9Was kommt in dem Gesagten zum Ausdruck? Das Wort»Phänomen« hat hier seine ganz einzigartige, bestimmt beschränkte,in besonderer Richtung »indizierte« Bedeutung, diees jetzt noch schärfer zu fassen gilt.Phänomen besagt: sinnlich anschaulicher Gehalt, der echteNaturwirklichkeit bekundet. Phänomenbegriff hat hier seineStelle im Zusammenhang theoretischer Objekterkenntnis undnäherhin solcher, in der Objekt ist die physische Natur. Phänomenerhält seine spezifische Bedeutung aus der methodischwissenschaftlichen Tendenz der Physik, wie sie Galilei entdeckte.In dieser Tendenz, auf objektive Naturerkenntnis gehend,gibt sich die Umwelt als eine farbige, tönende, warme,kalte Dingwelt. Diese Dingwelt ist aber schon nicht mehr dieUmwelt, sondern diese in theoretisierende und zwar physikalischtheoretisierende Tendenz genommen.Dasselbe gilt bezüglich der Charakterisierung des Phänomensals >bloßen Phänomens