I. REKONSTRUKTION DES SCHLUSSTEILES<strong>DER</strong> VORLESUNG AUS HEIDEGGERSEIGENEN AUFZEICHNUNGEN1. Problem der dinglichen Objektivität und das Problemfeldder spezifischen GrunderfahmngIhn Gesagten ist das Problem der Gegebenheit in seiner einzigmöglich nicht konstruktiven, nicht im schlechten Sinne theoretisierendenWeise gestellt und die Lösung angedeutet.Das Problem der Gegebenheit ist kein spezialistisches Sonderproblem.An ihm scheiden sich die Wege der modemenErkenntnistheorie unter sich und zugleich von der Phänomenologie,die das Problem vor allem aus einer verengenden erkenntnistheoretischenProblematik loslösen muß.Eng verbunden mit dem Gegebenheitsproblem steht dasForm-Inhalt-Problem überhaupt, das wieder erst die modemeTranszendentalphilosophie im innersten beschäftigt, für dessenradikale Inangriffnahme ihr aber alle Mittel fehlen.Beide Probleme vorgebildet in der Kantischen »Kritik derreinen Vernunft«, wo aber nichts zum klaren Ausdruck kommt- wesentliche Unstimmigkeiten, die der Neukantianismusübernommen hat, ohne in die Wurzel des Problems zurückzufragen.Diese Auseinandersetzung ist mehr als eine akzessorischeAngelegenheit für die weitere Entwicklung der Phänomenologie,für die nichts gefährlicher, und ihrem Wesen zuwiderlaufend,ist.wie das Sichfestfahren in bestimmten Geleisen.Es seien kurz charakterisiert die beiden typischen Auffassungendes Gegebenheitsproblems in der Marburger Schuleund bei Rickert und zwar nur so weit, daß der Fragepunkt heraustritt.
132 Anhang AMarburger:Es ist nirgends von einem fertigen und gegebenen Gegenstandzu reden. Vor allen Gegebenheiten steht das Denken undseine Gesetzlichkeit, für welche allein ein Gegenstand »gegeben«sein kann.Der gegebene Gegenstand ist nicht das erste; seine Setzungruht auf einer ursprünglichen Denkfunktion. Also ist Erkenntnisüberhaupt nicht Analyse und Zusammensetzung aus Gegebenem.Gegenstand X - Aufgabe der ins Unendliche fortschreitendenSetzung. Nur in ideeller Vorwegnahme des Vollendetseins desProzesses der Setzungen des Denkens ist überhaupt vom Gegenstandder Erkenntnis zu reden.Gewiß liegt im Denken die Bezugnahme auf eine materialeSinnlichkeit, aber diese materiale, die Empfindungen, sinddoch selbst nie anders vermittelt als durch Denkfunktionen -und sind überhaupt nur gegenständlich, sofern sie in das Relationssystemder Denkansetzungen durch das Denken selbst eingefügtwerden.Das Problem des Konkreten kein anderes als das des Unendlichen.Das Aposteriorische muß sich vielmehr aus dem Apriorischenim gleichen Sinne erzeugen, wie die Einzelglieder derReihe durch deren Gesetz einzig in Beziehung auf die ganzeReihe bestimmt, ja durch sie überhaupt nur sind, was sie sind.1. Die Verabsolutierung des mathematischen Reihen- undGesetzesdenkens zum theoretischen Verhalten, überhaupt dieOrientierung aller Probleme und Begriffsbildung an der Reihengesetzlichkeit(man sieht darin zugleich eine Überwindungdes Aristotelischen Systems von Gattungen und Art).2. Die theoretisch formale Ansetzung von Empfindung -als X (Erkenntnisgleichung), wobei die Frage nach der Weisedes Bewußtseins der Empfindungen, wie sie im Bewußtseinals zu bestimmende überhaupt präsent sind und mögliches X,welche Prozesse das bereits voraussetzt, so nicht gestellt wird.3. Ein starrer Begriff des Bewußtseins, der im Grunde be-Rekonstruktion des Schluß teiles 133sagt: logische Denkbestimmung des Gegenstandes, die selbstnur Setzung ist als Moment in einem unendlichen Prozeß desSetzens.4. Im weitesten Sinne liegt im Hintergrunde das Problemder Dialektik.Grundfehler aller Verabsolutierung der Dialektik liegt in einemÜbersehen dreier verschiedener Problembezirke: a) der Gegenstandserfassung,b) des Ausdrucks und der logischen Bestim -mung des Erfaßten; und dieses Übersehen und Verwechselngründet in einer unechten - Konstruktion - nicht ausweisbarenTheorie des Bewußtseins, wie sie typisch in der MarburgerSchule zum Ausdruck kommt.Erfahmng ist Denken!Erfahmng gibt es nicht ohne Denken. Ein reines aposterioriUrteilen gibt es nicht. Auch in der primitivsten Erfahmng stecktDenken. Rickert rückt noch eine Stufe tiefer in dem Aufweis vonaller Formbestimmtheit!Transzendentale Wertphilosophie (Rickert 1 , Lask):Bei Rickert von Anfang an ein anderer Aspekt; das Tatsächliche,»Wahrgenommene« ist gegeben - es ist das, was unmittelbarerfahren wird; diese Erfahrung hat jede Erfahrungwissenschaftlich vorauszusetzen, um solche zu bleiben. In derErfahrung steckt etwas Letztes, Unableitbares, >Irrationales