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GESAMTAUSGABE GRUNDPROBLEME DER PHÄNOMENOLOGIE ...

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56 Bekundungsschichten des LebensIn den Umkreis der verständlichen Vorfindlichkeiten gehörtnicht nur die Umwelt, sondern auch die Mitwelt - Mitmenschen,die »mit« mir, »mit denen ich« selbst lebe; »Mitwelt«als einen nächst vorfindlichen, erfahrbaren Ausschnitt, eineGestalt der Bekundung der menschlichen Gesellschaft. AlsoWissenschaft von den Mitweltgestalten und -bildungen, ihrergeschichtlichen Entwicklungen: Kirchen-, Sekten-, Staaten-,Stadt-, Dorfgeschichte, Geschichte der Universitäten, Zunft-,Sippen -, Familiengeschichte.Aber all das sind ja bereits wieder verfestigte, stabilisierteTendenzen und Ausformungen des mitmenschlichen Lebens,das noch viel »ursprünglichere« und mannigfaltigere schlichtereZusammenhänge zeigt: ich führe jemanden in der jetzigenDunkelheit nach Hause; esse mit ihm zu Mittag; ich leihe ihmein seltenes Buch; ich schreibe Briefe, telephoniere; ich tragedieses Kleid für den Anderen, für eine Abendgesellschaft, für»ins Theater«.Mitwelt, Umwelt leben in einem merkwürdigen Durchdringungszusammenhangmit meiner Selbstwelt, deren Zuständlichkeitgeradezu in diesem Zusammenhang als einem lebendigenund fließenden aufgeht, so, daß man schon gemeint hat, dieMitwelt und Gesellschaft überhaupt sei nichts Wirkliches, sondernbestehe nur in der Summe und Zusammennahmevon Einzelnem.So kann also auch die Selbstwelt eines Menschen alssolche ausgeformt und Gegenstand der Wissenschaft werden.§ 13. Ausdruckiformen der Selbstbesinnung 57den und fördernden, strafenden und beglückenden Mächte desLebens. Sie vollzieht sich immer in Formen von Weisheitslehren,Lehrsprüchen, »Sentenzen«. Die labile Zuständlichkeitverlegt ausdrücklich und nachdrücklich das Schwergewicht indas Selbst. Die inneren Erfahrungen stellen sich dar und gestaltensich und kommen auf einen Ausdruck. Die momentanenAntriebe dazu mögen verschiedenartig sein und zufällig: Eitelkeit,Ruhmsucht, Fabulierlust, Rechtfertigungstendenz, Bekenntnisdrang.1 Das sinnmäßige Motiv liegt allerdings nicht indiesen akzessorischen Antrieben, sondern in der Merkwürdigkeit,daß das faktische Leben in der Selbstwelt in besondersbetonter Weise zentrieren »kann«. Die Gestaltungs- und Ausdrucksformensolcher inneren Erfahrungen faßt man zusammenunter dem Titel »Selbstbiographie«. Ihrer Struktur nachkönnen sie ganz verschieden sein: Selbstgespräche, Tatenberichte,fingierte Gerichtsreden, rhetorische Deklamationen,literarische Portraits, Memoiren, Tagebücher.2Sie sind aber keine wissenschaftlichen Ausdrucksformen derSelbstwelt. Eine solche Objektivität zu beanspruchen, liegt garnicht in ihrem Sinn. Sie nehmen die Ausdrucksmittel oft undmeist aus dem eigenen Leben und seinen Erfahrungen selbst.Sie sind daher gerade ein weites geeignetes Feld für Selbsttäuschungen.Sie entwachsen der eigenen labilen Zuständlichkeitdes Selbst, das seine Geschichte in dem Aspekt, wie es sie selbstgerade sieht, wiedergibt und vollebendig ausdrückt.§ 13. Ausdrucksformen der Selbstbesinnunga) SelbstbiographieDie Selbstbesinnung in mehr oder minder rohen Formen, dasLeben in inneren Erfahrungen ist so alt wie die Menschheit - esist Selbstbesinnung in der besonderen Gestalt der religiösenN achdenklichkeit über Schicksal und die wirkenden, hemmen-b) Biographische ForschungSelbstbiographien können als solche selbst wieder vorfindlichund zugänglich werden und haben einen selbständigen U€rt(Augustin, Confessiones). Sie können auch in die Funktion derQuelle treten - Quelle für die biographische Forschung im betVgl. G. Misch, Geschichte der Autobiographie. Bd.l., Einleitung. LeipzigundBerlin 1907, S. 3-9.2 Vgl. a. a. 0., S. 3.jr

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