Nachhaltigkeits-Marketing in Theorie und Praxis - TUM
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<strong>Nachhaltigkeits</strong>-<strong>Market<strong>in</strong>g</strong> von Lebensmittelproduzenten 169<br />
Auch Sozial-Kennzahlen, die den <strong>Nachhaltigkeits</strong>fortschritt belegen könnten, fehlen<br />
im <strong>Nachhaltigkeits</strong>-Bericht des Unternehmens.<br />
Strategisches/operatives <strong>Nachhaltigkeits</strong>-<strong>Market<strong>in</strong>g</strong><br />
Die Bedeutung biologisch produzierter <strong>und</strong> fair gehandelter Güter am Weltmarkt ist<br />
ger<strong>in</strong>g. Der Anteil der Bio-Produkte am globalen Markt wird im Jahr 2002 auf ca.<br />
1-3% geschätzt (Kortbesch-Olesen 2002, S. 29-32). Daher ist man bei Nestlé überzeugt,<br />
dass trotz hoher Marktwachstumsraten Lebensmittel aus biologischem Anbau<br />
oder Fairem Handel Nischenprodukte bleiben werden, <strong>und</strong> dass auch <strong>in</strong> Zukunft nur<br />
relativ ger<strong>in</strong>ges K<strong>und</strong>en<strong>in</strong>teresse für diese bestehen wird (Interview Jöhr/Nestlé).<br />
Nichtsdestotrotz startete das Unternehmen e<strong>in</strong>en Versuch, sich im Bio-Kaffeemarkt zu<br />
profilieren <strong>und</strong> lancierte e<strong>in</strong>en biologischen Nescafé am schwedischen Markt. Dieser<br />
wurde jedoch wegen schlechter Umsatzzahlen wieder e<strong>in</strong>gestellt. Im Babynahrungsbereich<br />
betreibt Nestlé seit den 1980er Jahren teilweise Bio-Vertragsanbau für die Marke<br />
Alete (Alete 2004), <strong>und</strong> das Lebensmittelunternehmen stellte die im Jahr 1998 akquirierte<br />
Babynahrungs-Marke Milasan auf biologisch produzierte Inhaltsstoffe um<br />
(Kreuzer 2004). Milasan wird als preiswerte Bio-Marke unter dem Motto „Gutes muss<br />
bezahlbar se<strong>in</strong>“ – „Bio-Qualität zum Baby-Preis“ am deutschen Markt positioniert<br />
(Milasan 2004). Sie steht <strong>in</strong> Konkurrenz mit der marktführenden, qualitätsorientierten<br />
Unternehmensmarke des Bio-Pioniers Hipp.<br />
Ferner testet Nestlé <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Projekten, ob <strong>und</strong> wie e<strong>in</strong>e globale Beschaffung<br />
nachhaltiger Rohstoffe funktionieren könnte (z.B. Milchprojekt <strong>in</strong> Pakistan, Kaffeeprojekt<br />
auf den Philipp<strong>in</strong>en). Das Ziel ist, die konventionellen Lebensmittelprodukte<br />
des Unternehmens nach sozialen <strong>und</strong> ökologischen Gesichtspunkten zu verbessern.<br />
E<strong>in</strong>e Kennzeichnung dieser Lebensmittel <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Preis- <strong>und</strong> Produktpolitik im S<strong>in</strong>ne<br />
des <strong>Nachhaltigkeits</strong>-<strong>Market<strong>in</strong>g</strong> ist jedoch nicht vorgesehen. Die Verb<strong>in</strong>dung sozialökologischer<br />
mit herkömmlichen Qualitätsdimensionen ist Teil des Beschaffungsmanagement<br />
<strong>und</strong> der Qualitätssicherung, dient jedoch nicht als Profilierungsdimension im<br />
<strong>Market<strong>in</strong>g</strong>. Die Motive für das Engagement Nestlés <strong>in</strong> der Landwirtschaft s<strong>in</strong>d u.a. die<br />
Vermeidung von Imageschaden, Erhaltung der nicht bzw. bed<strong>in</strong>gt erneuerbaren Ressourcen<br />
<strong>und</strong> Qualitätsprobleme durch zu ger<strong>in</strong>ge Weltmarktpreise.<br />
Das Unternehmen bezieht e<strong>in</strong>en Großteil se<strong>in</strong>er Rohstoffe über Großhändler, Makler<br />
<strong>und</strong> Exporteure zu Weltmarktpreisen, weil es ke<strong>in</strong>e landwirtschaftlichen Betriebe besitzt.<br />
85% des Rohstoffs Kaffee werden von Nestlé auf diese Weise beschafft. 15% des<br />
Kaffees kauft der Konzern direkt bei Produzenten, Genossenschaften oder Pflanzerverbänden.<br />
Da Nestlé durch Direktkauf <strong>in</strong> der Regel zahlreiche Zwischenstellen aus-