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Latgalistikys kongresu materiali, III. 2011. - Latvijas Universitāte

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10<br />

Andrejs Bruder arbeitet an einer Firma, wo die meisten Mitarbeiter hiesig<br />

sind, aber es gibt auch ein Paar Russlanddeutsche dazwischen. Manche<br />

sprechen Russisch miteinander. Dann sagen die Hiesigen: „Na, wieder<br />

Russisch!“ Vor kurzem hat Andrei seinen Bruder besucht, und die sprachen<br />

Plautdietsch miteinander. Da hat ein Kollege gesagt: „Oh, ich verstehe<br />

Russisch!“. Andrej: „Jo, etj ha Plautdietsch jered, oba nich Rusch“ 4 .<br />

(Meschede, 2009 — F., 1960)<br />

Es ist zu unterstreichen, dass solche Urteile vor allem als Selbstbild<br />

interpretiert werden müssen. Wenn die Mundart in den plautdietschen Dörfern<br />

in Sibirien die Perspektive „unser“ akzentuiert hat, dann drückt sie in<br />

Deutschland in der Vorstellung ihrer Sprecher das Merkmal „fremd“ aus.<br />

Andererseits kann man aber vermuten, dass die Mennoniten ihre niederdeutsche<br />

Mundart in dieser Situation als Instrument der „Einbürgerung“<br />

der Gruppe in das neue Milieu durch das Vergleichen mit den autochthonen<br />

niederdeutschen Mundarten wahrnehmen. In der Ecke Hochsauerland<br />

ist es besonders aktuell, da dieses Gebiet zum niederdeutschen Raum<br />

gehört.<br />

Aber hier in Deutschland verstehen viele Hiesige Plattdeutsch. Davon<br />

schliesse ich, dass einige Ursprünge unserer Sprache hier liegen. Ich hab in<br />

der Firma mit meiner Familie auf Plautdietsch telefoniert. Mein Chef hat<br />

gesagt, er habe alles verstanden. Ich habe gedacht, er kann es nicht<br />

verstehen. Dann hat er gelacht und sagte, dass seine Eltern auch so ähnlich<br />

sprechen. Das heißt, man hat hier früher auch so gesprochen. Daraus<br />

schließe ich, dass unsere Ursprünge genau hier liegen.<br />

(Meschede, 2009 — M., 1973)<br />

So kann die Interpretation der eigenen Mundart als eine dem autochthonen<br />

Niederdeutschen ähnliche Varietät den Status der eigenen Gruppe<br />

sicherer machen, das Recht der Mennoniten begründen, in Deutschland<br />

zu wohnen.<br />

Ein weiterer Punkt, der regelmäßig als Grund zum Vergleich der eigenen<br />

Mundart mit den autochthonen niederdeutschen Mundarten dient, ist<br />

der Prozess der Sprachverschiebung. Viele Informanten haben betont, dass<br />

hiesige Deutsche Plattdeutsch nur ganz wenig sprechen oder es gar nicht<br />

können. Einerseits funktioniert dieser Vergleich als eine Entschuldigung,<br />

dass die Russlandmennoniten ihre Mundart auch allmählich aufgeben. Andererseits<br />

tragen Hinweise auf gleiche Entwicklungen der Sprachsituation<br />

dazu bei, das Gemeinsame zwischen der eigenen Gruppe und den hiesigen<br />

Deutschen hervorzuheben, was für die mennonitischen Aussiedler von Bedeutung<br />

ist.<br />

4 ‘Ja, ich habe Plattdeutsch geredet, aber nicht Russisch’.

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