Offiziere a.D. - Karlheinz-everts.de

239
dem gnädigen reichen Fräulein da drüben,‛ wie die
Wirtin sich ausdrückte, war für den Herrn Leutnant
ein Brief abgegeben worden. Die Zofe hätte ihn gebracht
und bestellt, das gnädige Fräulein ließe auch
noch vielmals grüßen.
Ein Brief für ihn? Was konnte das bedeuten?
Ihm ahnte nichts Gutes, aber schnell suchte er sich
wieder zu beruhigen. Sicher handelte es sich nur um
eine Einladung, um eine Aufforderung, sie bei einem
Ausflug oder bei ihren Besorgungen zu begleiten, aber
er konnte es doch nicht verhindern, daß eine große Unruhe
ihn ergriff, und seine Hände zitterten, als er den
Brief nun öffnete.
Er nahm den Bogen aus dem Couvert und sah
es auf den ersten Blick: das war keine Einladung, die
hätte sie in wenigen Zeilen abfassen können, und sie
schrieb ihm auf ihren großen Bogen mit ihrer steilen
Handschrift beinahe sechs Seiten.
Was war geschehen?
Mit einem Mal, noch bevor er anfing zu lesen,
wußte er, daß sie fort war, und daß er sie vielleicht nie
wiedersehen würde.
Sein Herz drohte ihm stillzustehen, heiß und kalt
lief es ihm über den Rücken, und als er nun das Schreiben
zu Hand nahm, flimmerte es ihm zuerst vor den
Augen: