Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 101<br />
fehlten. Vielfach war der Verbleib registrierter Waffen unbekannt,<br />
ohne dass dies der Polizei mitgeteilt worden war.<br />
Die Analyse von rund 32 Millionen Daten war ein Schwerpunkt<br />
der Ermittlungen.<br />
Ausgehend von der Überlegung, dass der oder die Täter an<br />
und um die Tatorte „Anwesenheitsspuren» in Form elektronischer<br />
Daten hinterlassen haben könnten, wurden unter dem<br />
Blickwinkel „Wer war zu den jeweiligen Tatzeiten an den<br />
Tatorten präsent?» rund <strong>16</strong> Millionen Funkzellendaten, 13<br />
Millionen Transaktionsdaten aus Einsätzen von Kredit- oder<br />
Debitkarten, 1 Million Autovermietungsdaten, über 100.000<br />
Verkehrsdaten und 30.000 Hotelübernachtungsdaten erhoben<br />
und analysiert. Zu diesen Hauptbeständen kamen<br />
noch diverse kleinere Datenpools zum Anwesenheitsnachweis,<br />
wie Pannen-, Flug- und Fährdaten.<br />
Darüber hinaus wurden zur Rasterfahndung anhand hypothetischer<br />
Kriterien und Merkmale Massendaten erhoben<br />
und ausgewertet. Dabei handelte es sich hauptsächlich um<br />
rund 600.000 Einwohnermeldedaten, 900.000 Haftdaten<br />
sowie 80.000 Waffenbesitz und -deliktsdaten.<br />
Insgesamt wurden über 130 Rasterfahndungsbeschlüsse<br />
gemäß § 98a StPO erwirkt und in Abstimmung mit dem<br />
sachleitenden Staatsanwalt eine Vielzahl von Datenabgleichen<br />
nach § 98 c StPO durchgeführt.<br />
Die Erhebung und Auswertung von Massendaten in oben genanntem<br />
Umfang war die zeitintensivste Einzelmaßnahme.<br />
Nach Bildung der BAO vereinbarte die Steuerungsgruppe<br />
zur Frage der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit in Abstimmung<br />
mit allen beteiligten Staatsanwaltschaften, dass jede<br />
Ermittlungseinheit zum eigenen Fall Stellung nimmt und die<br />
Gesamtserie betreffende Anfragen durch die BAO in Nürnberg<br />
beantwortet werden.<br />
Intern waren die Pressestelle des PP Mittelfranken und der<br />
BAO räumlich getrennt, der nötige Informationsaustausch<br />
erfolgte, mit Ausnahme der Nachtatphasen, anlassbezogen<br />
im Rahmen des täglichen Dienstbetriebes.<br />
Im Zuge der fortschreitenden Ermittlungen wurden zeitversetzt<br />
verschiedene Informationen von beteiligten Dienststellen<br />
in unterschiedlichen Medien veröffentlicht.<br />
Taktischer Bestandteil des im Sommer 2006 umgesetzten<br />
Medienkonzepts zur Serientätertheorie war unter anderem<br />
das sukzessive Lancieren bestimmter Fakten zu Tathergang<br />
und vermutetem Täterprofil. 527<br />
B.4.1. Wer war bei der StA München I zuständig für die<br />
Ermittlungen zur Aufklärung des Mordes an Theodorus<br />
Boulgarides?<br />
527 Akte 8/BY-2/3_Anlagen, 1.Teillieferung, 6. Führungsakte Nr. 22 der<br />
BAO Bosporus_Protokolle Steuerungsgruppe (Band3), Erfahrungsbericht<br />
2007.<br />
Nach den Angaben des Zeugen BOIE habe sich Staatsanwalt<br />
Heilmann aus seiner Abteilung im Rahmen des Bereitschaftsdienstes<br />
an den Tatort begeben. Die weitere<br />
Sachbearbeitung habe Staatsanwalt als Gruppenleiter Bott<br />
übernommen. Am 24.06.2005 habe das bayerische Justizministerium<br />
entschieden, dass die Münchner Verfahren von<br />
der Staatsanwaltschaft Nürnberg übernommen werden. Ab<br />
diesem Zeitpunkt habe keine Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft<br />
München I mehr bestanden. 528<br />
B.4.2. Wie war die SoKo „Theo“ bei der Münchner Kriminalpolizei<br />
personell besetzt?<br />
Nach den Angaben des Zeugen PICKERT war die SoKo<br />
„Theo“ mit etwa 40 Beamten fest besetzt. Er selbst sei der<br />
Leiter der Sonderkommission gewesen und der Zeuge Wilfling<br />
habe ihn in der Anfangsphase vertreten. Später sei der<br />
Zeuge Wilfling wieder auf die Dienststelle zurückgekehrt<br />
und man habe mit einer festen Besatzung von etwa 40 Kolleginnen<br />
und Kollegen, die aber phasenweise immer noch von<br />
anderen Kolleginnen und Kollegen unterstützt worden seien,<br />
an diesem Fall gearbeitet. 529<br />
B.4.2.1. Sind die Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren<br />
wegen des Mordanschlags auf Habil Kilic vom<br />
29.08.2001 und der in Nürnberg verübten Mordanschläge<br />
in das Ermittlungsverfahren wegen des Mordanschlags<br />
auf Theodorus Boulgarides eingeflossen und falls<br />
ja, mit welchen Informationen?<br />
Der Zeuge PICKERT führte aus, dass man sich relativ<br />
schnell mit den Nürnberger Kollegen getroffen habe. Diese<br />
seien dafür nach München gekommen. Damals sei dann bereits<br />
die Entscheidung getroffen worden, dass man eine besondere<br />
Aufbauorganisation, die BAO, einrichtet. Zu Beginn<br />
der Serie sei bereits die SoKO Halbmond für die bayerischen<br />
Fälle als Koordinierungsstelle eingerichtet worden. 530<br />
B.4.3. Wie kam es zu der Einrichtung der Besonderen Aufbauorganisation<br />
(BAO) „Bosporus“ ab dem 01.07.2005<br />
beim PP Mittelfranken, welche Zuständigkeiten und Befugnisse<br />
hatte sie und wie kam es zu der Namensfindung?<br />
Bereits zum 01.07.2005 wurde nach der Aussage des Zeugen<br />
GEIER die BAO in Nürnberg als zentrale Koordinierungsstelle<br />
eingerichtet. 531 Die SoKo Theo sei zunächst noch der<br />
BAO unterstellt gewesen, mit dem Auftrag die Tatortarbeit,<br />
die üblichen Mordermittlungen in München weiterzuführen.<br />
Die SoKo Theo habe laut dem Zeugen PICKERT bis zum<br />
01.11.2005 existiert. Im Oktober seien schon die SoKo<br />
Halbmond und die SoKo Yasar in die BAO integriert<br />
worden. Die SoKo Theo sei dann zum 01.11.2005 gefolgt.<br />
Es seien einige Kollegen nach Nürnberg gewechselt<br />
und in München, in den SoKo-Räumen, sei eine Gruppe<br />
528 Boie, 09.04.2013, S. 73 f.<br />
529 Pickert, 19.02.2013, S. 114.<br />
530 Pickert, 19.02.2013, S. 114.<br />
531 Geier, 20.02.2013, S. 5.