Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 66 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
für Verfassungsschutz, die sich insbesondere aus dem datenschutzrechtlichen<br />
Grundsatz der Erforderlichkeit ergeben:<br />
Die Kenntnis der Daten muss für die Aufgabenerfüllung<br />
der empfangenden öffentlichen Stelle erforderlich sein<br />
(vgl. z.B. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayVSG, § 21 Abs. 1 Satz<br />
1 i. V. m. § 20 Abs. 1 Sätze 1, 2 BVerfSchG). Eine Datenübermittlung<br />
„auf Vorrat“ ist demnach unzulässig. Auch die<br />
Übermittlungsverbote nach Art. 17 Abs. 1 BayVSG sowie<br />
§ 23 BVerfSchG stellen jeweils insofern datenschutzrechtliche<br />
Regelungen dar, als sie die Übermittlung von Informationen<br />
und Daten für unzulässig erklären, wenn das<br />
schutzwürdige Interesse der Betroffenen das Interesse an<br />
Übermittlung überwiegt (Art. 17 Abs.1 Nr. 1 BayVSG und<br />
§ 23 Nr. 1 BVerfSchG).<br />
Auch für gemeinsame Dateien von Verfassungsschutz und<br />
Polizei nach § 22 a BVerfSchG existieren datenschutzrechtliche<br />
Vorschriften (vgl. etwa § 22 a Abs. 2 BVerfSchG). Solche<br />
gemeinsamen Dateien gibt es aber im Bereich Rechtsextremismus<br />
aktuell nicht.<br />
Staatsanwaltschaft (Beitrag des StMJV):<br />
Die Übermittlung von Daten aus einem Strafverfahren für<br />
verfahrensexterne Zwecke (d. h. über das konkrete Strafverfahren<br />
hinaus) richtet sich im Falle eines Ersuchens<br />
grundsätzlich nach §§ 474 ff. StPO, die durch Nrn. 182 ff.<br />
der Richtlinien für das Straf- und das Bußgeldverfahren<br />
(RiStBV) ergänzt werden. Verfahrensübergreifende Mitteilungen<br />
von Amts wegen (ohne Ersuchen) sehen neben § 479<br />
StPO etwa die §§ 12 ff. EGGVG vor.<br />
§ 474 Abs. 1 StPO regelt die Gewährung der Einsicht in<br />
Strafakten – wozu als Minus auch die Erteilung von Auskünften<br />
gehört – an alle Gerichte, Staatsanwaltschaften und<br />
andere Justizbehörden einschließlich der strafverfolgend<br />
tätigen Polizei für verfahrensexterne Zwecke. Ergänzende<br />
verfahrensrechtliche Regelungen und Beschränkungen enthalten<br />
§§ 477, 478 StPO.<br />
Die Übermittlung von Informationen durch die Staatsanwaltschaft<br />
an Polizeibehörden, soweit sie nach Maßgabe<br />
der Polizeigesetze präventiv tätig werden, richtet sich nach<br />
§ 477 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und § 481 StPO. Für die Auskunftserteilung<br />
an die «Nachrichtendienste» des Bundes und der<br />
Länder und damit auch an das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
gelten § 10 MADG, § 8 BNDG sowie § 18 BVerfSchG<br />
und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften (vgl.<br />
§ 474 Abs. 2 Satz 2 StPO; § 13 Abs. 1 Nr. 2 EGGVG) sowie §<br />
477 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 StPO. Die Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaften<br />
mit den Behörden für Verfassungsschutz<br />
auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften (BVerfSchG,<br />
BayVSG) wird dabei durch Nr. 205 RiStBV ergänzt, der die<br />
Zusammenarbeit mit bzw. die Unterrichtung der Behörden<br />
für den Verfassungsschutz in Staatsschutz- und anderen<br />
Verfahren betrifft. Bis 31. Mai 2003 wurde Nr. 205 RiStBV<br />
außerdem in einzelnen Punkten durch die nicht-veröffentlichten<br />
ergänzenden Richtlinien für die Bearbeitung von<br />
Staatsschutzstrafsachen und verwandten Strafsachen (politischen<br />
Straftaten) konkretisiert, die anschließend außer Kraft<br />
getreten sind.<br />
§§ 483 ff. StPO ergänzen §§ 474 ff. StPO und enthalten Dateienregelungen,<br />
die die Voraussetzungen und Grenzen bestimmen,<br />
innerhalb derer personenbezogene Daten, die in<br />
einem Strafverfahren erhoben worden sind, in Dateien verarbeitet<br />
und verwendet werden dürfen.<br />
Die datenschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 474 ff. und<br />
§§ 483 ff. StPO gehen den Datenschutzgesetzen des Bundes<br />
und der Länder als leges speciales vor (§ 1 Abs. 3 BDSG).<br />
Da die bereichsspezifischen Regelungen der Strafprozessordnung<br />
jedoch nicht abschließend sind, ist im Einzelfall<br />
ein Rückgriff auf allgemeines Datenschutzrecht nicht ausgeschlossen<br />
(vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Auflage, vor § 474<br />
Rz. 3).<br />
Die §§ 474 ff und §§ 483 ff StPO wurden durch das – im<br />
Wesentlichen am<br />
1. November 2000 in Kraft getretene – Strafverfahrensänderungsgesetz<br />
1999 (StVÄG 1999) neu in die StPO eingefügt.<br />
Damit sollten im Anschluss an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
vom 15.12.1983 zum Volkszählungsgesetz<br />
insbesondere die verfassungsrechtlich gebotenen präzisen<br />
Rechtsgrundlagen für die strafprozessuale Ermittlungstätigkeit<br />
und die Verwendung und Verarbeitung personenbezogener<br />
Informationen geschaffen werden. Seit Inkrafttreten<br />
des StVÄG 1999 wurden bei den §§ 474 ff. und §§ 483 ff.<br />
StPO einzelne Änderungen bzw. Ergänzungen vorgenommen<br />
(z.B. in § 474 Abs. 2, § 478 und § 481 StPO), die die Vorschriften<br />
im Kern jedoch unverändert gelassen haben.<br />
Vor dem Inkrafttreten des StVÄG 1999 waren Akteneinsicht<br />
und Auskunft aus Strafverfahren in der Strafprozessordnung<br />
nicht umfassend, sondern nur in Bezug auf Verfahrensbeteiligte<br />
geregelt.<br />
Im Übrigen musste auf Nrn. 182 ff. RiStBV zurückgegriffen<br />
werden, die ebenfalls eine weitgehende Erteilung von Akteneinsicht<br />
und Auskunft ermöglichten. Im Anschluss an das<br />
StVÄG 1999 wurden die Nrn. 182 ff. RiStBV zum 1. Juli 2002<br />
überarbeitet und sind seitdem im Wesentlichen unverändert<br />
geblieben. Die zuvor im Untersuchungszeitraum bis zum<br />
1. Juli 2002 geltende Fassung der Nrn. 182 ff. RiStBV ist<br />
ebenso wie die bis zum 1. Februar 1997 geltende Fassung<br />
der Nr. 205 RiStBV als Anlage beigefügt.<br />
Die Mitteilung von personenbezogenen Informationen zwischen<br />
Polizei und Staatsanwaltschaft in einem konkreten<br />
Strafverfahren für verfahrensinterne Zwecke ist – abgesehen<br />
von der Regelung des § 482 StPO – nicht in §§ 474 ff. StPO<br />
geregelt. § 482 StPO legt i. V .m. Nr. 11 der Anordnung über<br />
Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) fest, dass bzw. in welcher<br />
Form die Staatsanwaltschaft der mit der Angelegenheit<br />
befassten Polizeibehörde das Aktenzeichen und den Ausgang<br />
des Verfahrens mitteilt.<br />
Im Übrigen richtet sich die verfahrensinterne Informationsübermittlung<br />
zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft im<br />
Wesentlichen nach den Vorschriften der §§ <strong>16</strong>1, <strong>16</strong>3 StPO.<br />
§ <strong>16</strong>1 StPO enthält insbesondere eine Ermittlungsgeneral‐