Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 151<br />
Der Untersuchungsausschuss hat auch keine Anhaltspunkte<br />
dafür gefunden, dass die Bayerische Staatsregierung die<br />
Gefahren des Rechtsextremismus entgegen der durch die<br />
Sicherheitsbehörden gelieferten Erkenntnisse unterschätzt<br />
oder verharmlost hätte. Man hat auf Ebene der Staatsregiedes<br />
Verfassungsschutzes verbessert werden. Hierfür bedarf<br />
es auch eines entsprechend qualifizierten wissenschaftlichen<br />
Personals.<br />
4.3. Weitergehende Reformempfehlungen für Bayern<br />
Der Untersuchungsausschuss empfiehlt über die Vorschläge<br />
der BLKR hinaus einvernehmlich folgende weitere Reformschritte:<br />
4.3.1 Eigene Abteilung für den Rechtsextremismus im<br />
Landesamt für Verfassungsschutz<br />
Da sich die möglichen Begutachtungsobjekte im Rechtsund<br />
Linksextremismus in ihren Strukturen und Aktivitäten<br />
deutlich voneinander unterscheiden, empfiehlt der Untersuchungsausschuss<br />
wegen der vom Rechtsextremismus ausgehenden<br />
Gefährdung wieder eine eigene Abteilung für den<br />
Rechtsextremismus im Landesamt für Verfassungsschutz<br />
einzurichten.<br />
4.3.2. Verstärkte Dokumentation im Landesamt für Verfassungsschutz<br />
Die rechtliche Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz<br />
zur Informationsanfrage und die telefonischen<br />
Nachfragen der BAO Bosporus im Jahr 2006 wurden nicht<br />
schriftlich dokumentiert, ebenso wenig wie die Negativ-Auskünfte<br />
von V-Leuten, die im Zusammenhang mit der Ceska-<br />
Mordserie befragt worden sind, dokumentiert wurden.<br />
Es ist künftig darauf zu achten, dass derartige Vorgänge auch<br />
entsprechend schriftlich in den Akten dokumentiert sind.<br />
4.3.3. Prüfung eines möglichen rechtsextremistischen<br />
oder fremdenfeindlichen Hintergrunds als „Standardprogramm“<br />
bei Ermittlungsverfahren bei Gewaltdelikten<br />
gegen Opfer mit Migrationshintergrund<br />
Die ausführliche Prüfung eines möglichen rechtsextremistischen<br />
oder fremdenfeindlichen Hintergrunds bei Gewaltdelikten<br />
gegen Opfer mit Migrationshintergrund sollte genauso<br />
zum Standard bei Ermittlungsverfahren gehören, wie die<br />
intensive Überprüfung des sozialen und familiären Hintergrunds<br />
der Opfer.<br />
Hierauf sollte bei Staatsanwaltschaften und Polizei durch<br />
entsprechende Fortbildungsmaßnahmen und Dienstanweisungen<br />
bzw. Handlungsleitfäden hingewirkt werden, die<br />
Standards für die Einbeziehung des Landesamts für Verfassungsschutz,<br />
der Staatsschutzdienststellen und der politischen<br />
Abteilungen der Staatsanwaltschaften beinhalten.<br />
Die eingeleiteten Ermittlungsmaßnahmen in Richtung<br />
Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit müssen auch<br />
durchgängig entsprechend dokumentiert werden.<br />
Die standardmäßige Prüfung durch die angesprochenen<br />
Fachdienststellen wird jedoch nicht personalneutral, son-<br />
dern nur mit einer personellen Verstärkung der Staatsschutzdienststellen<br />
zu bewerkstelligen sein.<br />
B.IV. Unterschiedliche Bewertungen und Schlussfolgerungen<br />
Zusätzlich zu den oben dargestellten und von allen Mitgliedern<br />
des Untersuchungsausschuss gemeinsam getroffenen<br />
Bewertungen und Schlussfolgerungen kommen einzelne<br />
Mitglieder des Untersuchungsausschusses teilweise zu unterschiedlichen<br />
Ergebnissen. Diese werden im folgenden<br />
dargestellt:<br />
1. Abgeordnete Dr. Otmar Bernhard (CSU), Prof. Dr.<br />
Winfried Bausback (CSU), Manfred Ländner (CSU),<br />
Martin Neumeyer (CSU) und Dr. Andreas Fischer (FDP):<br />
1.1. Bewertung:<br />
Dass das NSU-Terrortrio nicht früher gefasst wurde und solange<br />
seine furchtbare und menschenverachtende Mordserie<br />
fortsetzen konnte, macht tief betroffen. Auch bei bayerischen<br />
Sicherheitsbehörden kam es zu Fehlern und Fehleinschätzungen.<br />
In der öffentlichen Diskussion wurde trotz großer Anstrengungen<br />
der Ermittlungsbehörden viel von einem Versagen<br />
der Sicherheitsbehörden gesprochen. Dieser Aussage können<br />
sich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses von CSU<br />
und FDP nicht uneingeschränkt anschließen. Es sind zwar<br />
Fehler und Fehlereinschätzungen passiert, jedoch haben die<br />
Untersuchungen keinen einzigen Punkt ergeben, von dem<br />
man sagen kann, hätten die Behörden hier etwas anders<br />
gemacht, wäre die Serie mit Sicherheit aufgeklärt worden.<br />
Einen solchen Kardinalfehler gab es nach heutigem Wissen<br />
nicht. Gleichwohl muss die Politik durch wohlüberlegte Reformen<br />
sicherstellen, dass sich die gemachten Fehler nicht<br />
wiederholen.<br />
Die Aussage des „Versagens der Sicherheitsbehörden“ kann<br />
in ihrer Pauschalität auch nicht auf die einzelnen handelnden<br />
Beamten übertragen werden. Der Untersuchungssauschuss<br />
hat in der Beweisaufnahme viele hoch engagierte Beamte<br />
erlebt, die erkennbar auch persönlich schwer enttäuscht<br />
waren, dass es ihnen trotz intensivster Ermittlungsarbeit über<br />
Jahre hinweg nicht gelungen ist, die Mordserie aufzuklären.<br />
Ein in der Presse (Nürnberger Nachrichten vom 02.07.2013)<br />
unterstellter „alltäglicher, latenter Rassismus“ als Ursache<br />
dafür, dass Spuren in Richtung Rechtsextremismus nicht<br />
verfolgt worden seien, war in keinem Fall festzustellen.<br />
Selbst die beteiligten türkischen Sicherheitsbehörden vermuteten<br />
stets einen Hintergrund der Taten im Bereich der<br />
Organisierten Kriminalität.