Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 159<br />
ger Demokratie weiterentwickelt werden. Dazu braucht<br />
es u.a. einen flächendeckenden Ausbau des Netzwerks<br />
„Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und<br />
die Ausführung der Themen „Demokratieförderung“<br />
sowie „Rechtsextremismus heute“ in den Lehrplänen.<br />
Mit der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus<br />
(BIGE) greift der bayerische Inlandsgeheimdienst<br />
in die Bildungsarbeit des Kultusministeriums und freier<br />
Bildungsträger ein, indem er beispielsweise Vorträge<br />
an Schulen durchführt. Dies geschieht ohne rechtliche<br />
Legitimation und muss zukünftig unterbleiben.<br />
3. Ergänzende Anmerkungen des Abgeordneten Prof.<br />
Dr. Piazolo (FREIE WÄHLER)<br />
1. Vorbemerkung:<br />
Es ist sehr bedauerlich, dass der Teil der gemeinsamen Bewertungen<br />
und Schlussfolgerungen nicht umfangreicher<br />
ausgefallen ist, obwohl man doch inhaltlich – sogar auch<br />
in den Sondervoten (vgl. Teile B IV 1. und 2.) – in vielen<br />
Punkten nahe beieinander liegt. Angesichts der Erschütterung,<br />
die wir alle beim Bekanntwerden der rechtsterroristischen<br />
Taten empfunden haben, hätten wir uns gewünscht,<br />
dass auch die in den Sondervoten auftauchenden inhaltlichen<br />
Übereinstimmungen in einem gemeinsamen Bericht zum<br />
Ausdruck gekommen wären. Das wäre auch ein Zeichen an<br />
die Hinterbliebenen gewesen.<br />
Die Bekämpfung des Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus<br />
ist eine Verpflichtung aller demokratischer Parteien,<br />
der man am besten durch entschiedenes und gemeinsames<br />
Auftreten Nachdruck verleiht.<br />
2. Zentrale Folgerungen<br />
Der Verfassungsschutz als Instrument der wehrhaften Demokratie<br />
soll bestehen bleiben. Hier stimmen wir mit dem<br />
Sondervotum von CSU und FDP überein.<br />
Allerdings müssen die gesetzlichen Grundlagen reformiert<br />
werden. Die Aufgaben müssen klarer definiert werden und<br />
insbesondere auf die Beobachtung gewaltorientierter und<br />
rassistisch motivierter Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische<br />
Grundordnung konzentriert werden.<br />
Insofern schließen wir uns den Forderungen von SPD und<br />
Bündnis 90/ Die Grünen an. Die bisher eingeleiteten Reformen<br />
werden von uns begrüßt. Es ist aber notwendig, dass<br />
die Strukturen einer weiteren Prüfung unterzogen werden,<br />
damit mittelfristig wieder Vertrauen in die Arbeit des Verfassungsschutzes<br />
zurückgewonnen werden kann.<br />
Aus Sicht der FREIEN WÄHLER kann nicht auf den Einsatz<br />
von V-Leuten gänzlich verzichtet werden. Auch wenn<br />
der Untersuchungsausschuss gezeigt hat, dass es erhebliche<br />
Defizite bei dem Einsatz von V-Leuten gegeben hat und<br />
diese keinen Beitrag zur Aufklärung der Mordserie leisten<br />
konnten. Trotzdem können die V-Leute mangels Alternative<br />
nicht abgeschafft werden. Insbesondere ihr Einsatz, Führung<br />
und Abschaltung müssen reformiert werden.<br />
Verdeckte Ermittler können V-Leute nicht ersetzen.<br />
Im Sondervotum von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen<br />
finden sich einige zielführende Handlungsempfehlungen<br />
und Vorschläge für Maßnahmen, darunter insbesondere:<br />
– die Installierung eines wissenschaftlichen Beirates beim<br />
Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz<br />
– Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes<br />
– die stärkere Dokumentation von Verfahrens- und Entscheidungsabläufen<br />
im Landesamt für Verfassungsschutz<br />
– die Verpflichtung des BayLfV, Informationen über Straftaten<br />
von Quellen unverzüglich an die Strafverfolgungsbehörden<br />
zu übermitteln.<br />
Genauso begrüßen wir den Vorschlag, die Mitarbeiter des<br />
Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz und die zuständigen<br />
Polizeibeamten regelmäßig zu schulen. Dies gilt<br />
auch für Richter und Staatsanwälte, die mit dem Bereich der<br />
politischen Straftaten befasst sind. Insgesamt ist die politische<br />
Bildungsarbeit und Demokratieerziehung zu stärken.<br />
Nur durch verstärkte soziale Integration kann der Kampf<br />
gegen Rechtsextremismus erfolgreich sein. Deshalb unterstützen<br />
wir unter anderem auch die Einstellung von Polizeibeamten<br />
mit Migrationshintergrund.<br />
3. Schlussbemerkung<br />
Die Erfolglosigkeit der Ermittlungen bayerischer Behörden<br />
ist in erster Linie nicht mit Fehlern im Bereich der einzelnen<br />
Ermittlungsbeamten, die es sicherlich auch gab, sondern insbesondere<br />
mit Unzulänglichkeiten im Führungsbereich zu<br />
erklären.<br />
Seitens der politischen Spitze in Bayern wurde die Möglichkeit<br />
eines fremdenfeindlichen bzw. rechtsextremistischen<br />
Tatmotivs bereits unmittelbar nach dem ersten Mord als<br />
denkbar erkannt und wurde auch in der Folgezeit nie ganz<br />
aus dem Auge verloren.<br />
Die besondere politische Verantwortung Bayerns und der<br />
Bayerischen Staatsregierung resultiert nicht nur aus der<br />
Art und Weise der Medien- und teilweise Ermittlungsstrategie,<br />
sondern auch aus dem weitgehenden Heraushalten<br />
außerbayerischer Behörden insbesondere des GBAs und des<br />
BKAs sowie aus der passiven Rolle der Staatsanwaltschaft.<br />
Insbesondere die Staatsanwaltschaft kam in allen Bereichen,<br />
in denen ihr von Gesetzes wegen eine Leitfunktion zugewiesen<br />
war, über eine Statistenrolle nicht hinaus. Eigene<br />
verfahrensfördernde Beiträge und Initiativen oder gar kritische<br />
Denkansätze der beteiligten Staatsanwälte sind kaum<br />
ersichtlich.