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Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag

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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 97<br />

BKAG). Auch insofern muss die oberste Landesbehörde unverzüglich<br />

benachrichtigt werden. Ein Gebrauch machen<br />

von dieser besonderen Kompetenz dürfte aber nur in seltenen<br />

Fällen gerechtfertigt sein. Der einvernehmlichen Regelung<br />

ist der Vorzug zu geben (Ahlf/Daub/Lersch/Störzer,<br />

BKAG, § 4, Rn. 23).“<br />

B.3.14. Haben nach den vier Mordanschlägen Gespräche<br />

mit dem BKA und ggf. dem GBA zur Übernahme der<br />

Ermittlungen stattgefunden und falls ja, auf wessen Initiative,<br />

wer hat daran teilgenommen und wer hat entschieden,<br />

dass die Verfahren nicht abgegeben werden?<br />

In den Akten sind offenbar diesbezüglich nicht alle Besprechungen<br />

dokumentiert worden.<br />

Die erste Besprechung an der das BKA teilgenommen habe,<br />

habe es laut dem Zeugen HOPPE nach dem Fall vier in München<br />

gegeben. Eine weitere gemeinsame Besprechung habe<br />

im März 2004 nach dem Fall fünf stattgefunden. Dort sei<br />

zum ersten Mal die Idee entstanden, die Ermittlungen zentral<br />

im BKA zu führen. Nach zahlreichen Besprechungen des<br />

BKA im März und April mit der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth<br />

und den Kollegen aus Nürnberg, insbesondere<br />

eines Treffens auf Polizeiebene im BKA in Wiesbaden am<br />

20.04.2004, sei am 29.04.2004 bei der Staatsanwaltschaft<br />

Nürnberg-Fürth einvernehmlich beschlossen worden einen<br />

spezifischen Ermittlungsauftrag zur Aufnahme ergänzender<br />

struktureller Ermittlungen an das BKA zu richten. Die Vorberatungen<br />

im BKA im Jahre 2004 seien zwar dergestalt verlaufen,<br />

dass man sich auf Polizeiebene schon habe vorstellen<br />

können, unter Umständen das Verfahren zu übernehmen.<br />

Das Ergebnis der Erörterung mit der Staatsanwaltschaft als<br />

Herrin des Ermittlungsverfahrens sei jedoch der spezifische<br />

Ermittlungsauftrag an das BKA gewesen. 503<br />

Dem entspricht der dem Untersuchungsausschuss vorliegende<br />

Aktenvermerk zur Besprechung im BKA vom<br />

20.04.2004 von Herrn KOR Schlüter. Danach sehe der zuständige<br />

Oberstaatsanwalt Dr. Kimmel nicht die Notwendigkeit,<br />

ein neues Verfahren nach § 129 StGB in Nürnberg zu<br />

eröffnen. Auch sehe er im damaligen Stadium keinen Anlass<br />

für ein Sammelverfahren für alle Tötungsdelikte bei der StA<br />

Nürnberg-Fürth zu führen, da die Verwendung derselben<br />

Waffe noch kein Indiz für ein und denselben Täter wäre.<br />

Abschließend heißt es in dem Vermerk:<br />

„Nachdem sich somit keine Staatsanwaltschaft bereit erklärt,<br />

die für die Einschaltung des BKA erforderlichen Voraussetzungen<br />

zu schaffen, bleibt es beim status quo. Die<br />

Ermittlungen der KD Nürnberg zu den hiesigen Tötungsdelikten<br />

sind mit den vorhandenen Möglichkeiten quasi beendet.<br />

Nach meiner Meinung ist eine Einbindung des BKA<br />

– aufgrund der überörtlichen und internationalen Bezüge<br />

– der personellen und finanziellen Ressourcen des BKA<br />

– und der vorhandenen Ermittlungsinfrastruktur<br />

503 Hoppe, 09.04.2013, S. 3 ff.<br />

dringend notwendig und absolut zielführend. Zudem ist<br />

nach Meinung aller an der Besprechung in Wiesbaden teilnehmenden<br />

Beamten damit zu rechnen, dass die etwa 2 ½<br />

Jahre unterbrochene Serie von Tötungsdelikten fortgesetzt<br />

wird.“ 504<br />

Am 19.04.2006, nach dem neunten Mord, habe der Zeuge<br />

HOPPE laut seinem eigenen Bekunden bei einer Besprechung<br />

vorgeschlagen, die Ermittlungen zentral im BKA zu<br />

führen. Dies habe er bereits zuvor bei einer Telefonkonferenz<br />

am 13.04.2006 erwähnt. Man habe versucht das Einvernehmen<br />

mit den Länderdienststellen herzustellen. Dies sei<br />

nicht gelungen. Deswegen sei die Übertragung gemäß § 4<br />

Abs. 2 Ziffer 2 BKA-Gesetz eine weitere Option gewesen,<br />

falls auch am Rande der bevorstehenden Innenministerkonferenz<br />

kein Einvernehmen hätte erzielt werden können.<br />

Nach dieser Vorschrift genüge auch eine Unterrichtung der<br />

Landesbehörden, für den Fall, dass der Bundesminister des<br />

Innern die Zuständigkeit des BKA anordnen würde. Man<br />

habe dies in einem Bericht vom 02.05.2006 auch so vorgeschlagen.<br />

Das sei aber trotz nicht erfolgreicher Herstellung<br />

des Einvernehmens am Rande der Innenministerkonferenz<br />

vom 04.05.2006 bei einem Kamingespräch in Garmisch<br />

nicht passiert. 505 Es sei damals offensichtlich gewesen, dass<br />

die Übernahme des Verfahrens durch das BKA in Bayern<br />

nicht gern gesehen worden sei. 506<br />

Dies wurde bestätigt vom Zeugen DR. KIMMEL, der angab,<br />

dass sich die BAO in Nürnberg dahingehend geäußert<br />

habe, dass es keinen Sinn mehr mache diese Ermittlungen<br />

abzugeben, weil damit angefallenes Know-How verloren<br />

ginge. 507<br />

Auch der Zeuge MÄHLER hat angegeben, dass man das<br />

Staatsministerium des Innern im Jahr 2006 dahingehend beraten<br />

habe, die Ermittlungen nicht an das BKA abzugeben,<br />

weil man davon ausgegangen sei, dass der neue Ermittlungsansatz<br />

„rechter Bereich, Serientäter, Einzeltäter“ nicht in der<br />

Konsequenz verfolgt würde, wie das Bayern vor hatte, weil<br />

das BKA zu diesem Zeitpunkt den Hintergrund im Bereich<br />

der Organisierten Kriminalität priorisiert hätte. 508<br />

B.3.14.1. Trifft es zu, dass das BKA bzw. der GBA die<br />

Übernahme der Ermittlungen abgelehnt haben und falls<br />

ja, aus welchen Gründen?<br />

Dies trifft so nicht zu.<br />

Aus den Akten ergibt sich keine abschließende Erkenntnis.<br />

Auch die Zeugenaussagen ergeben für die Übernahmegespräche<br />

im Jahre 2004 kein eindeutiges Bild. Im Jahre 2006<br />

hat es keine Ablehnung, sondern vielmehr eine Initiative zur<br />

Übernahme seitens des BKA gegeben, welche von der BAO<br />

Bosporus kritisch gesehen wurde, vgl. oben unter B.3.14.<br />

504 Akte Nr. 8/BY-2/3_Anlagen/1.Teillieferung, 1. Führungsakte Nr.06a<br />

der BAO Bosporus_Teilauszug, Seiten 34 f.<br />

505 Hoppe, 09.04.2013, S. 10 ff; Mähler, 06.03.2013, S. 45.<br />

506 Hoppe, 09.04.2013, S. 19.<br />

507 Dr. Kimmel, 10.04.2013, S. 73.<br />

508 Mähler, 06.03.2013, S. 54.

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