Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 108 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
Hier sei insbesondere auf die Anfrage vom 18.07.2005 an<br />
alle Landesverfassungsschutzbehörden, an das BfV, den<br />
BND, den MAD und auch ausländische Dienste zu Informationen<br />
über die Opfer im nachrichtendienstlichen Bereich<br />
verwiesen.<br />
Nach der zweiten OFA kam es nun auch zu Anfragen im Beobachtungsbereich<br />
„Rechtsextremismus“.<br />
Die Anfragen der BAO Bosporus beim Landesamt und deren<br />
Beantwortung von Juli 2006 bis Februar 2007 im Einzelnen:<br />
• Am 07.07.2006 fand ein „Arbeitsgespräch“ zwischen<br />
Mitarbeitern des Landesamtes und Mitarbeitern der BAO<br />
Bosporus statt (siehe unter B.4.12.4.). Dabei wurde den<br />
Mitarbeitern des Landesamtes "kurz der Denkansatz der<br />
Einzeltätertheorie dargelegt", wonach es sich "möglicherweise<br />
um eine Tat mit fremdenfeindlichem Hintergrund<br />
oder noch allgemeiner gesprochen um einen oder mehrere<br />
Täter aus der rechtsextremistischen Szene handeln könnte.<br />
[…]"<br />
• Am 12.07.2006 fragte der Zeuge Pfister beim Landesamt<br />
telefonisch an, ob Daten zur „IVS-Berichterstattung“ recherchierbar<br />
seien.<br />
• Am 14.07.2006 erfolgte der Rückruf des Landesamtes,<br />
der vom Zeugen Pfister in einem Vermerk festgehalten<br />
wurde. Dort heißt es:<br />
„Es wird mitgeteilt, dass ohne entsprechende Personennamen<br />
eine Abfrage oder Recherche im System schwer<br />
durchzuführen ist. Ein zufriedenstellendes Ergebnis ist<br />
nicht zu erwarten. Mit Herrn […] wurde deshalb so verblieben,<br />
dass er zumindest die bis zum Jahr 2000 (Beginn<br />
der Mordserie) als rechte Szenenangehörige erkannten und<br />
festgestellten Personen zusammenstellt und mitteilt.“<br />
Eine Beschränkung auf den Nürnberger Raum war demnach<br />
zunächst von der BAO Bosporus nicht beabsichtigt.<br />
Man wollte vielmehr zu Beginn die Daten aller Rechtsextremisten<br />
in Bayern haben. Dies wurde von den Zeugen<br />
Pfister in seiner Vernehmung bestätigt. Die Beschränkung<br />
wurde vom Landesamt für Verfassungsschutz selbst vorgenommen.<br />
Begründet wurde dies von den Zeugen Hegler und Biber<br />
mit rechtlichen Bedenken. Verwiesen wurde dabei auf<br />
die Art. 14 und 17 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes<br />
(siehe oben) bzw. auf die fehlende Konkretisierung<br />
der Anfrage, so dass eine Prüfung der Anfrage auf ihre<br />
Rechtmäßigkeit mangels Angaben schon gar nicht möglich<br />
gewesen sei.<br />
• Am 20.07.2006 lehnte das Landesamt die Übermittlung<br />
der angeforderten Daten ab. Die BAO Bosporus hat dieses<br />
Telefonat wie folgt in ihren Akten vermerkt:<br />
„Nach Rücksprache mit der hausinternen Rechtsabteilung<br />
/Datenschutzbeauftragter ist eine Datenübermittlung<br />
in dem angefragten Umfang nicht möglich.<br />
Gründe:<br />
- die Anfrage betrifft für den Zeitraum 1995 —2002 etwa<br />
zwischen 3000 bis 3500 personenbezogene Datensätze<br />
- darunter ein bestimmter Umfang an „sensiblen<br />
Daten“ (nicht offen eingestufte Erkenntnisse)<br />
in Einzelfällen bestünde demnach eine Gefährdung hinsichtlich<br />
„Quellenschutz“.<br />
– Im Herbst 2006 wurden die Ergebnisse der zweiten OFA<br />
bei der Dienstbesprechung auf der Schwarzenkopfhütte<br />
durch die BAO Bosporus vorgestellt. Beim diesem Treffen<br />
auf der Schwarzenkopfhütte war u.a. auch der damalige<br />
Präsident des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz,<br />
Dr. Weber, anwesend. 591<br />
– Nach Aktenlage gab sich die BAO Bosporus damit unverständlicherweise<br />
bis zum Dezember 2006 zufrieden,<br />
da in der Zwischenzeit keine weiteren Kontaktaufnahmen<br />
dokumentiert sind. Der Zeuge Hegler hat diese "Kontakt-<br />
Pause" zwischen dem Landesamt und der BAO Bosporus<br />
auch eingeräumt (siehe oben unter B.4.12.5.).<br />
– Der nächste Vermerk der BAO Bosporus stammt vom 4.<br />
Dezember 2006 über ein Gespräch zwischen dem Zeugen<br />
Pfister und dem Zeugen Hegler. Dort heißt es:<br />
„Während des Gesprächs mit Herrn Hegler wurde nochmals<br />
auf den Ermittlungsansatz EZT eingegangen. Als<br />
Fahndungsansatz / Hauptaugenmerk für die Datenerhebung<br />
beim Bayer. LfV sind die „rechten“ Szene-/ Organisationsangehörigen<br />
zu nehmen.<br />
Zusammengefasster Gesprächsinhalt:<br />
Herr Hegler führte aus, dass nach Erhebung der Daten<br />
Rücksprache mit der juristischen Abteilung im eigenen<br />
Hause genommen wurde, ob man das Ergebnis der BAO<br />
Bosporus übermitteln kann/darf .<br />
Beim LfV kam man nach der Überprüfung zu dem Ergebnis,<br />
dass die Daten der Polizei nicht zur Verfügung<br />
gestellt werden dürfen, da<br />
– die Anfrage nicht konkret genug war<br />
– eine Gefährdung von „Quellen“ nicht ausgeschlossen<br />
werden kann<br />
Herrn Hegler wurde deshalb nochmals der EZT-Ansatz<br />
mit den Erläuterungen zum Täterprofil (Alter, geografische<br />
Ableitung, Zugehörigkeit/Ausstieg rechte Szene) vorgetragen,<br />
wobei auch der Hinweis gegeben wurde, dass<br />
die Anfrage aus hiesiger Sicht „konkret“ und genau definiert<br />
sei. Herr Hegler blieb trotz vorgebrachter Bedenken<br />
bei seiner ersten Aussage, dass die Anfrage nicht konkret<br />
genug sei. Letztlich wird durch die Absage die Vermutung<br />
des Unterzeichners verstärkt, dass das Bayer. LfV die Herausgabe<br />
von Personendaten eher deshalb verneint, da<br />
591 Anwesenheit bestätigt durch Email des Staatsministeriums des Innern<br />
vom 27.06.2013.