Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 39<br />
Burning Cross“, im folgenden EWKOTBC, seit dem Jahr<br />
2006 vor. 15<br />
Den bayerischen Polizeibehörden war nach Aktenlage bekannt,<br />
dass von der Vereinigung EWKOTBC im Untersuchungszeitraum<br />
Mitglieder in Bayern geworben wurden,<br />
die im folgenden Anzeige gegen Mitglieder der Vereinigung<br />
erstattet haben. <strong>16</strong> Aus den Akten ergibt sich, dass zwei Personen<br />
aus Landshut am 14.05.2011 bei der Polizeiinspektion<br />
Kitzingen Anzeige gegen die Vereinigung EWKOTBC<br />
wegen Erpressung und Veröffentlichung persönlicher Daten<br />
auf einer Internetseite erstattet haben. Dabei handelte es sich<br />
um Veröffentlichung ihrer Namen auf der Seite www.whiteknightseurope.de.<br />
Bei einer Internetsuche seien sie auf die Website von EW-<br />
KOTBC gestoßen. Aufgrund von Fernsehberichten und<br />
Reportagen seien sie davon ausgegangen, dass es sich um<br />
eine Vereinigung mit christlichem Hintergrund handle. Sie<br />
wurden von dem Betreiber der Website aus Berlin eingeladen,<br />
der Vereinigung beizutreten. Die beiden Personen<br />
seien am 01.09.2010 der Vereinigung EWKOTBC beigetreten.<br />
Als sie festgestellt hätten, dass es sich nicht um eine<br />
christliche Vereinigung, sondern um eine rechtsextreme Vereinigung<br />
handele, wollten die Personen aus Landshut austreten.<br />
Ihrer Aussage nach, wurde dies seitens EWKTOBC<br />
massiv versucht zu verhindern. Es seien massive Bedrohungen<br />
und Beleidigungen ausgesprochen worden. Es sei<br />
weiterhin mit der Veröffentlichung ihrer Daten und einer eidesstattlichen<br />
Versicherung, die sie bei Eintritt unterzeichnet<br />
hatten, gedroht worden.<br />
Bei einer späteren Vernehmung der betroffenen Personen<br />
der Kriminalinspektion Würzburg-K5 am 27.10.2011 wurde<br />
zu Protokoll gegeben, dass es zu verschiedenen Treffen mit<br />
Mitgliedern der EWKOTBC kam, die jedoch nicht in Bayern<br />
stattfanden.<br />
A.1.2. Wie viele und welche Strafverfahren wegen rechtsextremistischer<br />
und fremdenfeindlicher Straftaten gab<br />
es im Untersuchungszeitraum in Bayern, in wie vielen<br />
Fällen führten diese Verfahren zu Verurteilungen, wie<br />
viele Verfahren wurden eingestellt und aufgrund welcher<br />
Kriterien wird ein rechtsextremistischer oder fremdenfeindlicher<br />
Hintergrund angenommen?<br />
Polizei und Verfassungsschutz auf der einen Seite und Gerichte<br />
und Staatsanwaltschaften auf der anderen Seite führen<br />
unabhängig voneinander Statistiken über politisch motivierte<br />
Straftaten:<br />
Die jährlich vom Bayerischen Staatsministerium des Innern<br />
herausgegebenen Verfassungsschutzberichte enthalten statistische<br />
Angaben zu rechtsextremistischen Straftaten, die auf<br />
der polizeilichen Kriminalstatistik beruhen. 17 Für das Jahr<br />
1994 weist der Bericht 1.024 neonazistische, antisemitische<br />
15 Akte Nr. 361/5, S.12.<br />
<strong>16</strong> Akte Nr. 362/5.<br />
17 Zur verbesserten Lesbarkeit werden hier nur einige Zahlen aus den<br />
Verfassungsschutzberichten 1994, 1999, 2004 und 2009 wiedergegeben.<br />
Die Verfassungsschutzberichte sind öffentlich verfügbar.<br />
und fremdenfeindliche Straftaten und 58 Gewaltdelikte miterwiesener<br />
und vermuteter rechtsextremistischer Motivation<br />
aus. 18 Im Jahr 1999 waren es 970 neonazistische, antisemitische<br />
und fremdenfeindliche Straftaten und 56 Gewaltdelikte<br />
mit erwiesener und vermuteter rechtsextremistischer Motivation.<br />
19 Im Jahr 2004 waren es 1.468 20 neonazistische, antisemitische<br />
und rassistische Straftaten (2009: 1.638 21 ), davon<br />
218 mit fremdenfeindlicher Motivation. Rechtsextremistische<br />
Gewalttaten gab es im Jahr 2004 42. 22 (2009: 53 23 ).<br />
Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz<br />
hat zu dieser Frage schriftlich Stellung genommen<br />
24 und zusammengefasst Folgendes geantwortet:<br />
Die bayerischen Staatsanwaltschaften erfassen seit 1992 auf<br />
der Grundlage bundesweit vorgegebener Erfassungsbögen<br />
statistisch rechtsextremistische und fremdenfeindliche Straftaten.<br />
Als rechtsextremistisch motiviert gelten dabei Straftaten,<br />
die von Angehörigen oder Sympathisanten rechtsextremistischer<br />
Organisationen in Verfolgung der Ziele dieser<br />
Organisation begangen werden, ferner die Verwendung von<br />
nationalsozialistischen Symbolen etc. Als fremdenfeindlich<br />
werden Straftaten definiert, die sich gegen das Leben oder<br />
die Gesundheit von Ausländern oder gegen deren Eigentum<br />
richten und in denen eine fremdenfeindliche Gesinnung als<br />
Tathintergrund vermutet werden kann. Die Ermittlungsverfahren<br />
werden insbesondere wegen der Delikte der Verbreitung<br />
von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen<br />
bzw. des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger<br />
Organisationen, des Landfriedensbruchs, der<br />
Volksverhetzung bzw. der Gewaltdarstellung, des Mordes<br />
und des Totschlags, der Körperverletzung und wegen Brandstiftungsdelikten<br />
eingeleitet. Darüber hinaus werden Ermittlungsverfahren<br />
insbesondere auch wegen antisemitischer<br />
Bestrebungen eingeleitet.<br />
Die Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren in den<br />
Jahren 1994 bis 2011 sowie die Anzahl der beendeten Strafverfahren<br />
im Zeitraum 1994 bis 2011 ergeben sich aus nachfolgenden<br />
Tabellen.<br />
Dabei ist zum besseren Verständnis der Tabellen darauf hinzuweisen,<br />
dass diese beiden nicht aufeinander aufbauen.<br />
Das bedeutet, dass die in der Tabelle 2 mit den beendeten<br />
Strafverfahren ausgewiesenen Zahlen nicht auf den Zahlen<br />
in der Tabelle 1 der eingeleiteten Ermittlungsverfahren<br />
aufbauen. Vielmehr erfolgt eine schematische Erfassung in<br />
den Tabellen nur dahingehend, ob ein Ermittlungsverfahren<br />
mit rechtsextremistischem bzw. fremdenfeindlichem Hintergrund<br />
eingeleitet bzw. ein Strafverfahren abgeschlossen<br />
wurde. Somit sind in der Tabelle 1 auch nicht Verfahren mit<br />
Ermittlungen gegen Unbekannt enthalten. Daraus folgt insbesondere,<br />
dass die dem NSU zuzurechnenden Morde nicht<br />
in dieser Tabelle 1 enthalten sind.<br />
18 Verfassungsschutzbericht 1994, S. 44, 114f.<br />
19 Verfassungsschutzbericht 1999, S. 63 u. 69.<br />
20 Verfassungsschutzbericht 2004, S. 100.<br />
21 Verfassungsschutzbericht 2009, S. 122.<br />
22 Verfassungsschutzbericht 2004, S. 97.<br />
23 Verfassungsschutzbericht 2009, S. 121.<br />
24 Akte Nr. 32, Schreiben des StMJV vom 22.08.2012<br />
(GZ: 1040-I-62<strong>16</strong>/2012)