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Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag

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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 61<br />

eingestellt hat. Hinweise, dass mit den sichergestellten Rohrbomben<br />

konkrete Anschläge geplant waren oder Anhaltspunkte<br />

für weitere militante Aktivitäten haben sich laut der<br />

Broschüre nicht ergeben. 219 Eine Abbildung der Personen<br />

Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos befindet sich in den Broschüren<br />

nicht.<br />

Laut Zeugen JÄGER ging der Ausgabe Nr. 21 die im Wesentlichen<br />

inhaltsgleiche Broschüre „BfV Spezial Nr. 19“<br />

voraus, die zusätzlich noch VS-Vertrauliche Erkenntnisse<br />

enthalten habe und entsprechend eingestuft gewesen sei. Die<br />

Darstellungen und Ausführungen zu den Personen Zschäpe,<br />

Böhnhardt und Mundlos hätten sich in beiden Broschüren<br />

jedoch nicht unterschieden. Die VS-Vertraulich eingestufte<br />

Vorgängerbroschüre Nr. 19 sei im Herbst 2004 erschienen<br />

und sei an das Bundesministerium des Innern, den MAD und<br />

an alle Landesämter für Verfassungsschutz gegangen 220 .<br />

Über die weitere Verwendung und Verteilung der Broschüre<br />

hatten die vom Untersuchungsausschuss befragten Zeugen<br />

keine Kenntnis.<br />

A.1.6. Wie oft, bei welchen Treffen und mit welchen Ergebnissen<br />

hat sich die Ständige Konferenz der Innenminister<br />

(IMK) seit dem Untertauchen der mutmaßlichen<br />

Täter der Mordanschläge im Januar 1998 bis zum November<br />

2011 mit dieser Thematik befasst?<br />

Nach den schriftlichen Ausführungen des Bayerischen<br />

Staatsministeriums des Innern waren das Untertauchen der<br />

mutmaßlichen Täter und die Mordanschläge im angefragten<br />

Zeitraum kein expliziter Tagesordnungspunkt der IMK.<br />

Allerdings sei ständiger Tagesordnungspunkt jeder IMK-<br />

Sitzung der „Bericht des Bundesministers des Innern zur<br />

Sicherheitslage“. Der Bundesminister des Innern referierte<br />

dabei über aktuelle Themen und Vorgänge von bundesweiter<br />

Relevanz. Sein Bericht werde von den Mitgliedern der IMK<br />

zur Kenntnis genommen. Ob und in welchem Umfang die<br />

Mordserie im Rahmen dieses Berichts tatsächlich angesprochen<br />

wurde, könne mangels Protokollierung heute allerdings<br />

nicht mehr nachvollzogen werden. 221<br />

Der Zeuge Herrmann gab hierzu an, dass das Thema<br />

seiner Kenntnis nach in der Innenministerkonferenz bis zum<br />

November 2011 nicht behandelt worden sei. 222<br />

A.1.7. Welche zusätzlichen und neuen Erkenntnisse haben<br />

bayerische Sicherheitsbehörden seit dem 04.11.2011 über<br />

die Mitglieder des NSU und ihre Unterstützer auf welchem<br />

Wege gewonnen?<br />

Am 08.11.2012 hat die Bundesanwaltschaft gegen Beate<br />

Zschäpe sowie vier mutmaßliche Unterstützer und Gehilfen<br />

des NSU Anklage vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts<br />

München erhoben. Darin wird Beate Zschäpe<br />

u. a. vorgeworfen, sich als Gründungsmitglied des NSU<br />

mittäterschaftlich an den zehn Morden, den Sprengstoffanschlägen<br />

in der Kölner Altstadt und in Köln-Mülheim sowie<br />

an 15 bewaffneten Raubüberfällen beteiligt zu haben. Wegen<br />

Beihilfe bzw. Unterstützung einer terroristischer Vereinigung<br />

wurden angeklagt Ralf Wohlleben, Carsten Schultze,<br />

André Eminger und Holger Gerlach. 223<br />

Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, an denen im<br />

Rahmen der BAO „Trio“ auch bayerische Behörden beteiligt<br />

waren, haben bisher keine tatsächlichen Anhaltspunkte für<br />

eine Beteiligung ortskundiger Dritter an den Anschlägen des<br />

„NSU“ oder eine organisatorische Verflechtung mit anderen<br />

Gruppierungen ergeben. Gegen acht weitere Personen, die<br />

als Unterstützer des „NSU“ verdächtigt werden, dauern die<br />

Ermittlungen an. Derzeit kann laut Bundesanwaltschaft noch<br />

nicht abschließend beurteilt werden, ob sie die Gruppierung<br />

innerhalb der für den Straftatbestand der Unterstützung einer<br />

terroristischen Vereinigung geltenden Verjährungsfrist von<br />

zehn Jahren und zudem in Kenntnis der terroristischen Zielrichtung<br />

des „NSU“ unterstützt haben. 224<br />

Dies bestätigte auch der Zeuge HERRMANN: Der Sachstand<br />

sei momentan, dass es trotz intensiver Ermittlungen<br />

des Generalbundesanwalts bis heute keine Belege gebe, dass<br />

das NSU-Trio über ein Unterstützerumfeld in Bayern verfügt<br />

hätte. Die Umstände der Taten gäben eigentlich sehr stark für<br />

Vermutungen Anlass, dass es ein Unterstützerumfeld geben<br />

müsse, bis heute habe man hierfür aber keine harten Fakten<br />

und keine Belege. 225<br />

A.2.1. Wie gestalteten sich im Einzelnen die Beachtung<br />

des Trennungsgebots und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit<br />

zwischen den Dienststellen der Polizei und<br />

Verfassungsschutzbehörden sowie zwischen den jeweils<br />

vorgesetzten Dienststellen?<br />

Das Trennungsgebot (Artikel 1 Abs. 4 des Bayerischen<br />

Verfassungsschutzgesetzes), wonach das Bayerische Landesamt<br />

für Verfassungsschutz und die Dienststellen der<br />

Polizei einander nicht angegliedert werden dürfen, verbiete<br />

nach Angaben des Zeugen FORSTER nicht den Informationsaustausch<br />

zwischen den beiden Behörden. Dieser sei<br />

in Bayern vorbildlich im Vergleich zu allen anderen Bundesländern<br />

gewesen. Es gebe keine Verpflichtung zur Weitergabe,<br />

sondern nach dem Gesetz hieße es nur: Das Amt<br />

dürfe Informationen an andere Behörden weitergeben, also<br />

auch an die Polizei. In der Praxis sei daraus eine Weitergabe<br />

geworden, falls nicht Gründe entgegenstünden. Gründe, die<br />

entgegenstehen könnten, würden sich aus dem gesetzlichen<br />

Verbot des Artikels 17 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes<br />

ergeben, welches verbiete, Informationen weiterzugeben,<br />

wenn dadurch eine Quellengefährdung etc. entsteht<br />

und nicht überragende oder überwiegende öffentliche Interessen<br />

an der Weitergabe bestehen. Dies sei zum Beispiel der<br />

219 Akte Nr. 2<strong>16</strong>, S. 73/74.<br />

220 Jäger, 25.04.2013, S. 12 ff.<br />

221 Akte Nr. 65, S. 2 f.<br />

222 Herrmann, 11.06.2013, S. 117.<br />

223 Akte Nr. 189. 189, S. 6 ff.<br />

224 Pressemitteilung vom 08.11.2012, abgerufen über www.generalbundesanwalt.de.<br />

225 Herrmann, 11.06.2013, S. <strong>16</strong>2.

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