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Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag

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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 45<br />

• Maßnahmen gegen die NPD wie die sorgfältige Prüfung<br />

eines neuen NPD-Verbotsverfahrens und sorgfältige Prüfung<br />

eines Ausschlusses der NPD von der Parteienfinanzierung.<br />

• Weitere Maßnahmen im Bereich Polizei, Verfassungsschutz<br />

und Justiz durch Kontrolle von Treffpunkten der<br />

rechts- oder linksextremen Szene, Verbesserung der internationalen<br />

Rechtshilfe, Harmonisierung des Rechts auf<br />

europäischer Ebene.<br />

• Maßnahmen an den Schulen, wie die Neueinrichtung<br />

eines Kompetenznetzwerks "Demokratieerziehung" bei<br />

den staatlichen Schulberatungsstellen, inhaltliche und<br />

organisatorische Weiterentwicklung von PIT („Prävention<br />

im Team“), Verstärkung der Lehrerfortbildung, neues<br />

Internetangebot der Bayerischen Landeszentrale für politische<br />

Bildungsarbeit, Leseförderung mit Schwerpunkt<br />

Rechtsextremismus und keine Duldung rechtsextremistische<br />

Verhaltensmuster.<br />

• Maßnahmen im Bereich der Jugendhilfe wie Ausbau der<br />

Jugendsozialarbeit an den Schulen, Ausbau der arbeitsweltbezogenen<br />

Jugendsozialarbeit und Stärkung der elterlichen<br />

Erziehungskompetenz.<br />

• Einrichtung einer zentralen Informationsstelle gegen Extremismus<br />

und eines umfassenden Informationsportals<br />

"Bayern gegen Rechtsextremismus".<br />

Angaben der Zeugen:<br />

Der Zeuge Dr. Beckstein erklärte in seinem Eingangsstatement,<br />

dass ihm der Kampf gegen den Rechtsextremismus<br />

von Anfang an ein zentrales Anliegen gewesen sei.<br />

Man habe den Rechtsextremismus in der härtesten Weise,<br />

die nur möglich gewesen sei, bekämpft. Ein rechtsextremistisches<br />

Terrortrio, vielleicht mit Unterstützungsleuten in<br />

größerem Umfang, habe man aber nicht auf dem Bildschirm<br />

gehabt. Er habe bei dem geplanten Anschlag der Gruppe um<br />

den Rechtsextremisten Martin Wiese anfangs von dem Begriff<br />

„Braune-Armee-Fraktion“ gesprochen, diesen Begriff<br />

aber in der Folgezeit nicht wiederholt, weil er nicht verifiziert<br />

werden habe können. 51<br />

Die Zeugin Dr. Merk verwies in ihren Ausführungen zunächst<br />

auf die federführende Zuständigkeit des Innenministeriums.<br />

Ergänzend fügte sie hinzu, dass Straftaten mit extremistischen<br />

Hintergrund grundsätzlich von spezialisierten<br />

Staatsanwälten mit allem Nachdruck verfolgt würden. In<br />

den größeren Staatsanwaltschaften gebe es politische Abteilungen,<br />

die besonders eng mit den Staatsschutzkommissariaten<br />

der Polizei zusammenarbeiten würden. Bei den Landgerichten<br />

in München und Nürnberg und Bamberg seien<br />

für den Straftatenkatalog des § 74 a Abs. 1 GVG jeweils für<br />

den gesamten Oberlandesgerichtsbezirk zuständige spezialisierte<br />

Strafkammern eingerichtet worden. Beim Oberlandesgericht<br />

München gebe es einen Staatsschutzsenat, dessen<br />

Zuständigkeit ganz Bayern betreffe und bei dem nun auch<br />

51 Dr. Beckstein, 11.06.2013, S. 5f.<br />

der NSU-Prozess durchgeführt werde. Als Beispiel für das<br />

konsequente Durchgreifen der Justiz nannte die Zeugin<br />

den Umgang mit dem verurteilten Rechtsterroristen Martin<br />

Wiese. Gegen ihn seien in Bayern nicht nur eine langjährige<br />

Freiheitsstrafe und anschließend Führungsaufsicht verhängt<br />

worden. Wiese sehe sich in Bayern auch weiterhin einem<br />

starken Verfolgungsdruck ausgesetzt. 52<br />

Der Zeuge Dr. Remmele berichtete, dass das Personal zuständig<br />

für den Bereich Rechtsextremismus im Bayerischen<br />

Landesamt für Verfassungsschutz in den Neunzigerjahren<br />

gegenüber den Achtzigerjahren um 50 % erhöht worden<br />

sei. Im Untersuchungszeitraum sei gegen den Rechtsextremismus<br />

immer mehr Personal eingesetzt worden, als gegen<br />

den Linksextremismus. Auch als das Verfassungsschutzamt<br />

nach dem Anschlag islamistischer Terroristen am 11. September<br />

2001 in den USA vor einer zusätzlichen riesigen Herausforderung<br />

gestanden habe, sei das Personal nicht zulasten<br />

der Beobachtung des Rechtsextremismus umgeschichtet<br />

worden. Vielmehr habe es für die neue Aufgabe zusätzliche<br />

Stellen gegeben. 53 Der Zeuge Remmele gab an, dass Anfang<br />

der 90er Jahre der Anstieg von Asylbewerberzahlen und<br />

rechtsextremistischen Gewalttaten synchron gewesen sei<br />

und dass nach der Grundgesetzänderung zum Asylrecht die<br />

Zahl der Asylbewerber und entsprechend die Zahl der rechtsextremistischen<br />

Straftaten zurückgegangen sei. Der Zeuge<br />

vertrat die Auffassung, dass wenn die Politik auf bestimmte<br />

Erscheinungen, also den Zustrom von Asylbewerbern, nicht<br />

reagiere, dies extremistische Haltungen und Bestrebungen<br />

im Lande fördere. 54<br />

Der Zeuge berichtete weiter, dass im Innenministerium zusammen<br />

mit dem Landesamt für Verfassungsschutz alle<br />

Möglichkeiten ausgeschöpft worden seien, rechtsextremistische<br />

Organisationen zu verbieten. Er zählte dazu die Verbote<br />

des Nationalen Blocks 1993, des Skinheads-Vereins<br />

„Allgäu“ 1996 und der „Fränkischen Aktionsfront“ 2004 auf.<br />

An Verboten bundesweiter Organisationen habe das Innenministerium<br />

zum Teil maßgeblich mitgewirkt. Als Beispiele<br />

nannte der Zeuge die Verbote der Wiking-Jugend 1994, der<br />

Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei, FAP, 1995 (mit der<br />

Initiative aus Bayern), von „Blood & Honour“ im Jahre 2000<br />

und zuletzt der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (2009)<br />

und der „Hilfsgemeinschaft Nationale Gefangene“ (2011).<br />

Er wies auch darauf hin, dass die Versammlungsbehörden<br />

zum Teil mit der rechtlichen Beratung aus dem Innenministerium<br />

eine Vielzahl rechtsextremistischer Versammlungen<br />

verboten hätten. Der Zeuge zog das Fazit, dass immer mehr<br />

verboten worden sei, als rechtlich zulässig gewesen sei.<br />

Letztlich könne man diese Schlussfolgerung aus den Aufhebungen<br />

einer ganzen Reihe von Verboten durch die Verwaltungsgerichte<br />

bis hin zum Bundesverfassungsgericht<br />

ziehen. 55<br />

52 Dr. Merk, 20.06.2013, S. 9f.<br />

53 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 6.<br />

54 Dr. Remmele, 18.12.2013, S. 63 f.<br />

55 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 7.

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