Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Seite 84 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong><br />
B.1.3.2.1. Trifft es zu, dass in Coburg anlässlich des Konzerts<br />
eines rechtsextremen Liedermachers Ende 1998<br />
oder Anfang 1999 Spenden für die Untergetauchten gesammelt<br />
worden sind und falls ja, wann haben bayerische<br />
Sicherheitsbehörden hiervon Kenntnis erlangt?<br />
Es liegen nach Aktenlage keine Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden<br />
darüber vor, dass Spenden für die Untergetauchten<br />
bei dem Konzert in Coburg gesammelt worden sind.<br />
Der Zeuge FORSTER gab an, es sei ihm bekannt, dass ein<br />
solches Konzert in Coburg stattgefunden habe. Er könne<br />
sich jedoch nicht erinnern, dass dabei gezielt für das untergetauchte<br />
Trio gesammelt worden sei. Bei Konzerten im<br />
rechten Spektrum seien häufiger Spendenaktionen durchgeführt<br />
worden. Die Zielrichtung und ob für das Trio gesammelt<br />
worden sei, sei ihm nicht bekannt gewesen. 376<br />
Der Zeuge HEGLER sagte aus, er wisse, dass es bei rechtsextremen<br />
Konzerten oder Musikveranstaltungen Sammlungen<br />
gegeben habe, die aber in der Regel für die Finanzierung des<br />
Liedermachers oder der Band genutzt worden seien. Über<br />
Spenden, die in Coburg speziell für das NSU-Trio gesammelt<br />
worden seien, sei ihm nichts bekannt. 377<br />
B.1.3.2.2. Hatten bayerische Sicherheitsbehörden<br />
Kenntnis davon, dass in der rechtsextremistischen Szene<br />
ein Spiel namens „Pogromly“ verkauft wurde und der<br />
Erlös für die untergetauchten Personen bestimmt war<br />
und falls ja, was haben sie in diesem Zusammenhang unternommen?<br />
Es liegen nach Aktenlage keine Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden<br />
darüber vor, dass Spenden für die Untergetauchten<br />
bei den Konzerten in Coburg gesammelt worden sind. Der<br />
MAD hatte allerdings Kenntnis darüber, dass das Spiel verkauft<br />
wurde, um die „Bombenbastler“ zu unterstützen. 378 Ob<br />
diese Information an die bayerischen Sicherheitsbehörden<br />
weitergegeben worden war, geht aus den Akten nicht hervor.<br />
Auch der Zeuge HEGLER sagte vor dem Untersuchungsausschuss<br />
aus, dass dem Landesamt für Verfassungsschutz das<br />
Spiel „Pogromly“ nicht bekannt gewesen sei. 379<br />
B.1.4. Hatte das Landesamt für Verfassungsschutz Kontakt<br />
zu dem als „Quelle 2045“ bzw. „Quelle 2150“ des<br />
Thüringischen Landesamts für Verfassungsschutz bezeichneten<br />
V-Mannes Tino Brandt, insbesondere während<br />
seines Aufenthalts in Bayern und falls ja, welche<br />
Informationen hat das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
von ihm vor und nach dem 26.01.1998 insbesondere über<br />
den Verbleib der untergetauchten Personen und ihrer<br />
Unterstützer in Bayern erhalten?<br />
In den Akten finden sich keine Hinweise darauf, dass Tino<br />
Brandt für den bayerischen Verfassungsschutz gearbeitet hat.<br />
Hinweise, ob Herr Brandt Informationen über das unterge-<br />
376 Forster, 09.10.2012, S. 74.<br />
377 Hegler, 23.10.2012, S.72.<br />
378 Akte 245, Bl. 54 (Akte- VS-Vertraulich).<br />
379 Hegler, 23.10.2012, S.72.<br />
tauchte Trio an das Landesamt für Verfassungsschutz weitergeleitet<br />
hat, ergeben sich nicht aus den Akten.<br />
Fest steht, dass dem bayerischen Verfassungsschutz Tino<br />
Brandt als Person und als Rechtsextremist bekannt war.<br />
Im Rahmen der Berichterstattung wurde dem bayerischen<br />
Verfassungsschutz mitgeteilt, dass es sich bei Herrn Brandt<br />
um eine rechtsextremistische Person mit fremdenfeindlicher<br />
Einstellung handeln würde. Bekannt war auch, dass er<br />
Gründer und Organisator der „Anti-Antifa- Ostthüringen“<br />
und in einschlägigen Zeitschriften namentlich und mit Anschrift<br />
aufgeführt war. 380 Ferner wusste der bayerische Verfassungsschutz<br />
über die persönlichen Daten, Wohnorte in<br />
Bayern und Thüringen sowie seine Arbeitsstelle in Coburg<br />
Bescheid. Auf Grund der Berichterstattung war auch bekannt,<br />
dass Tino Brandt an Veranstaltungen der NPD in<br />
Coburg und Thüringen sowie des Thüringer Heimatschutzes<br />
teilgenommen hat und im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung<br />
in Coburg und Thüringen u.a. Nazi-Plakate und<br />
Aufkleber sichergestellt worden waren. 381 Der bayerische<br />
Verfassungsschutz hatte aufgrund der Berichterstattung auch<br />
Kenntnis darüber, dass Herr Brandt bei einer Auseinandersetzung<br />
in Thüringen im Jahr 1996 aktiv beteiligt war und<br />
hierbei auch Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe ermittelt<br />
wurden. 382<br />
Der Zeuge FORSTER führte aus, dem Landesamt für Verfassungsschutz<br />
sei bekannt gewesen, dass Tino Brandt ein<br />
V-Mann des Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz<br />
gewesen sei. Woher diese Kenntnis stamme, wisse er nicht.<br />
Von Seiten des Landesamts für Verfassungsschutz hätte man<br />
Brandt nie als V-Mann geführt, da dieser in der Thüringer<br />
Neonaziszene die absolut führende Figur gewesen sei. 383 Er<br />
habe ein Gespräch mit dem Präsidenten des Thüringer Landesamtes<br />
für Verfassungsschutz, Herrn Roewer, geführt, mit<br />
dem Inhalt, dass Tino Brandt seine Aktivitäten in Bayern<br />
einstellen solle. Daraufhin habe Tino Brandt seine Aktivitäten<br />
reduziert beziehungsweise wieder nach Thüringen verlagert<br />
und sei somit nicht mehr der bayerischen Zuständigkeit<br />
unterlegen. 384<br />
Der Zeuge HEGLER sagte aus, dass Tino Brandt ein führender<br />
Mann im „Thüringer Heimatschutz“ gewesen sei<br />
und sich in Bayern aufgehalten habe. Entsprechende Aktivitäten<br />
von Tino Brandt habe man versucht zu unterbinden.<br />
Man habe das Landesamt für Verfassungsschutz Thüringen<br />
gebeten, Tino Brandt aus Bayern zurückziehen, damit er<br />
in Bayern keine politischen Aktivitäten entwickeln könne.<br />
Dies sei auch erfolgreich gewesen, da es keine Hinweise auf<br />
Aktivitäten des „Fränkischen Heimatschutzes“, deren Initiator<br />
zunächst Brandt war, mehr gegeben habe. Erst im Jahr<br />
1999/2000 habe es eine neue Gruppierung von ungefähr 50<br />
380 Akte 08/BY-2/Anlagen/2.Teillieferung_3.2Band_PP Oberfranken,<br />
S. 446.<br />
381 Akte 08/BY-2/Anlagen/2.Teillieferung_3.2.Band_PP Oberfranken,<br />
S. 221.<br />
382 Akte 08/BY-2/Anlagen/2.Teillieferung_3.2Band_PP Oberfranken,<br />
S.303.<br />
383 Forster, 09.10.2012, S. 30.<br />
384 Forster, 09.10.2012, S. 25.