Schlussbericht (Drs. 16/17740) - Bayerischer Landtag
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Drucksache <strong>16</strong>/<strong>17740</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> • <strong>16</strong>. Wahlperiode Seite 49<br />
Der Zeuge erläuterte weiter, dass es Fälle gäbe, in denen<br />
vom Landesamt für Verfassungsschutz ohne entsprechendes<br />
Ersuchen Erkenntnisse an Polizeidienststellen übermittelt<br />
werden. Als Beispiel nannte er Erkenntnisse über Waffen<br />
oder Sprengstoffe und dergleichen oder auch, Erkenntnisse<br />
oder Hinweise auf Straftaten, die im § 138 Strafgesetzbuch<br />
stehen. In diesen Fällen bestünde eine gesetzliche Verpflichtung,<br />
diese Erkenntnisse an die Polizei zu übermitteln. 88<br />
Der Zeuge Dr. Remmele gab an, dass das Landesamt für<br />
Verfassungsschutz seit den Neunzigerjahren zusammen mit<br />
der Polizei systematisch die gewaltbereite rechtsextremistische<br />
Szene und die handelnden Personen erfasse, Lagebilder<br />
erstelle und diese permanent fortschreibe. Die Strukturerkenntnisse<br />
des Verfassungsschutzes und die aktuellen Hinweise<br />
auf Planungen und Betätigungen der Rechtsextremisten<br />
hätten die bayerische Polizei dabei unterstützt, einen<br />
hohen Repressionsdruck zu entfalten, zum Beispiel durch<br />
Präsenz, Kontrollen und niedrigschwelliges Einschreiten,<br />
um gegen die Szene vorzugehen – im Sinne der genannten<br />
Null-Toleranz-Strategie gegenüber Rechtsextremisten. 89 Im<br />
Innenministerium habe es auch immer enge Kontakte der<br />
Verfassungsschutzabteilung zur Polizeiabteilung gegeben.<br />
Nicht nur sei ein persönlich guter Kontakt seiner Person mit<br />
dem Landespolizeipräsidenten gegeben, sondern auch bei<br />
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese würden sich bei<br />
vielen Themen in ständigem Kontakt mit der Polizeiabteilung<br />
befinden und viele Dinge informell durch Zuruf, durch<br />
Telefonate oder durch Austausch von Stellungnahmen bearbeiten<br />
und regeln. 90<br />
Der Zeuge Dr. Weber lobte die Zusammenarbeit mit den<br />
Staatsschutzkommissariaten der Polizei als sehr gut. Das sei<br />
das Wichtigste für den Verfassungsschutz. Er wies darauf<br />
hin, dass eine Broschüre nur für die Polizei regelmäßig,<br />
zuerst jährlich und dann alle zwei Jahre erstellt worden sei,<br />
in der alle relevanten Skins, Neonazis aufgeführt waren mit<br />
Ort und so weiter, mit Wohnort, mit Geburtsdatum, mit wesentlichen<br />
Zugehörigkeitserkenntnissen. Diese Broschüre<br />
habe federführend das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
erstellt und herausgegeben. Aber dazu seien die Mitarbeiter<br />
des Landesamts für Verfassungsschutz zu allen Staatsschutzkommissariaten<br />
in Bayern gefahren und hätten die Daten mit<br />
denen abgeglichen. Im Versammlungsgeschehen habe das<br />
Landesamt für Verfassungsschutz ständig der Polizei die entsprechenden<br />
Daten über zu erwartende Störer etc. gegeben. 91<br />
Der Zeuge KELLNER berichtete, dass es sowohl auf Ebene<br />
der Amtsleitung als auch auf Sachbearbeiterebene regelmäßige<br />
Zusammenkünfte zwischen der Polizei und dem Landesamt<br />
für Verfassungsschutz gegeben habe. 92 Die Polizei<br />
sei vom Landesamt für Verfassungsschutz hauptsächlich<br />
über Veranstaltungen von Rechtsextremisten, nicht aber über<br />
einzelne Personen informiert worden. 93<br />
88 Hegler, 23.10.2012, S.51.<br />
89 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 6.<br />
90 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 19.<br />
91 Dr. Weber, 19.12.2012, S. 65 f.<br />
92 Kellner, 22.01.2013, S. 12.<br />
93 Kellner, 22.01.2013, S. 18.<br />
A.1.3.3. Haben das Landesamt für Verfassungsschutz<br />
und die Staatsschutzabteilungen der bayerischen Polizei<br />
ihre jeweils vorgesetzten Dienststellen über ihre Erkenntnisse<br />
informiert und falls ja, welche Stellen, über welche<br />
konkreten Inhalte, wie und auf welchem Wege und falls<br />
nein, warum nicht?<br />
a) Allgemein berichtete der Zeuge REMMELE, dass es<br />
zwischen der Verfassungsschutzabteilung des Bayerischen<br />
Staatsministeriums des Innern und dem Landesamt für Verfassungsschutz<br />
eine extrem enge und kollegiale Zusammenarbeit<br />
gegeben habe. Diese habe sich in zahllosen Kontakten,<br />
teils mehrmals täglich, manifestiert. Auch seien intensiv Dokumente<br />
ausgetauscht worden. Gegenstand dieses Informationsaustausches<br />
sei neben der notwendigen und sächlichen<br />
Ausstattung des Landesamts immer auch die Erfüllung der<br />
gesetzlichen Aufgaben gewesen. Insbesondere sei die Verfassungsschutzabteilung<br />
immer auch im ständigen Gespräch<br />
mit dem Landesamt gewesen, was die Erfüllung der gesetzlichen<br />
Aufgaben angehe, inwieweit das Amt seinen Aufgaben<br />
nachkomme, inwieweit es die richtigen, guten Quellenzugänge<br />
habe, welche Probleme sich auftäten und wo sich ganz<br />
bestimmte Entwicklungen abzeichnen würden. 94<br />
Zu 90 % sei die Kommunikation zwischen dem Landesamt<br />
für Verfassungsschutz und dem Innenministerium nicht über<br />
den zuständigen Abteilungsleiter, sondern über den Referatsleiter<br />
Dr. Weber gelaufen, gab der Zeuge GOLD an. Der<br />
Informationsaustausch sei schriftlich und mündlich erfolgt,<br />
teils zwischen ihm als Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz,<br />
teils auch direkt zwischen den Abteilungsleitern<br />
des Landesamts für Verfassungsschutz und dem Referatsleiter<br />
des Innenministeriums. Es habe zwischen dem<br />
Landesamt für Verfassungsschutz und der zuständigen Abteilung<br />
des Innenministeriums eine vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />
gegeben und fast täglich ein intensiver Austausch<br />
stattgefunden. 95<br />
b) Zur Frage einer Berichtspflicht, gab der Zeuge Remmele<br />
an, dass es keine allgemeine Berichtspflicht des<br />
Landesamts für Verfassungsschutz gegenüber dem Staatsministerium<br />
des Innern gegeben habe, mit einigen Ausnahmen<br />
wie z. B. im Bereich der G10-Maßnahmen und des Parlamentarischen<br />
Kontrollgremiums. Es sei aber klar gewesen,<br />
dass das Landesamt für Verfassungsschutz dem Staatsministerium<br />
des Innern wichtige Dinge zu berichten habe. Man<br />
habe alle laufende Dinge besprochen und, falls notwendig<br />
auch schriftliche Berichte angefordert bzw. habe das Landesamt<br />
für Verfassungsschutz auch von sich aus schriftliche<br />
Berichte angeboten. Viele Informationen seien aber auch nur<br />
mündlich weitergegeben und besprochen worden. 96<br />
c) Gegenstand des Informationsaustausches zwischen dem<br />
Landesamt für Verfassungsschutz und dem Staatsministerium<br />
des Inneren sei auch die Frage der Beobachtungsobjekte<br />
gewesen. Es sei ganz klar, dass die Frage, ob eine<br />
94 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 12.<br />
95 Gold, 19.12.2012, S. 14 f.<br />
96 Dr. Remmele, 18.12.2012, S. 13.